-->Hi Baldur,
Wenn man einen Menschen selber beleidigt, nun ja.
Aber wenn jemand dessen *Gott* beleidigt, wäre es dieses Gottes Sache, gegen seine Beleidigung höchstselbst einzuschreiten, nicht die des Menschen, der nur glaubt und nichts weiß.
so dachten tatsächlich in früheren Zeiten Germanen und andere - bei"Gotteslästerung", z.B. Umhauen von heiligen Donar-Eichen durch christliche Missionare - hatte der Gott, hier also Donar, den Frevel selber zu rächen: also der Blitz oder Hammer tötet die missionarischen Übeltäter - oder auch nicht: dann war's das halt mit dem alten Gott und der neue hatte gesiegt (wenn uns die mittelalterliche Überlieferung wenigstens in diesem Punkt die Wahrheit sagt).
Ähnlich vorislamische Beduinenstämme nach Kriegen gegeneinander: der Verlierer nahm den Gott des Siegers an.
Dies änderte sich erst mit dem Erscheinen monotheistischer Religionen - die bekanntlich, wegen des Status des"Auserwählt"-Seins, keinen"Gotteswechsel" oder sonst irgendeinen Austritt aus der Gemeinschaft kennen bzw. dulden (im Islam soll darauf die Todesstrafe stehen - durch jeden Muslim vollstreckbar).
nun ist es ja gerade das Wesen einer Religion mit Alleinanspruch auf Wahrheit, alle anders- und nichtgläubigen aufs tiefste zu beleidigen. Ich brauche sicher nicht wieder die vielzitierten *gojim*, die Hundesöhne, als Musterbeispiel solchen elitären Denkens, zitieren.
Was man bei den vorgenannten Religionen etwas differenzieren muß, z.B.:
Die traditionellen Diaspora-Juden kehrten das Gefühl der Auserwähltheit"nach innen", also ins Studium ihrer Schriften; während sie, so sich nicht freiwillig absondernd, in der nichtjüdischen Umgebung im Regelfall"normal", d.h. ohne Arroganz auftraten. Die Rabbiner, keineswegs dumm, hatten also einen Weg gefunden, trotz ihres elitären Bewußtseins mit ihrer Umwelt zu koexistieren (problematisch war nur das ihnen zwangsläufig zufallende Quasi-Monopol bei der Kreditvergabe, welche den Christen im Mittelalter verboten war).
Nach der"Emanzipation" der westlichen Juden im 19 Jh. gingen diese weitgehend als loyale Bürger in der sie umgebenden Kultur, mit teilweiser Ablösung von ihrer Religion, auf - wobei die Frage zu stellen ist, inwieweit die damals aufkommende Idee einer Überlegenheit der"weißen Rasse / Kultur", also eine neue Form des"Auserwählt"-Seins, diesen Prozeß gefördert hat.
Den Ostjuden dagegen war diese Möglichkeit nicht gegeben - hier kam es alternativ zum einen zu einer Entwicklung, wie sie jüngst noch Homann angesprochen hat: der Beteiligung"gottloser" Juden an der russischen Revolution und der anschließenden Sowjetherrschaft - freilich als kryptische"Auserwählte", denn sie verleugneten zumeist durch Namensänderungen ihre jüdische Herkunft.
Einen anderen Weg ging der im späten 19. Jh. im rassistischen Umfeld (s.o.) entstandene Zionismus: dieser Zweig des"Judentums" legte ebenfalls die Religion ab, ohne das elitäre Bewußtsein aufzugeben - nur eben offen: Als absolutes Ziel galt von Anfang an ein neuer"jüdischer" Staat im alten Palästina - was daraus geworden ist, sehen wir heute und müssen es hier nicht weiter kommentieren. Erwähnenwert nur noch dies: im Jerusalemer Stadtviertel Mea Schearim, Heimat traditioneller orthoder Juden, Hochburg jüdischer Gelehrsamkeit, wird jedes Jahr am israelischen Unabhängigkeitstag die israelische Flagge, da die eines"gotteslästernden" Staates, verbrannt - krasser kann der Gegensatz innerhalb dessen, was sich heute"Judentum" nennt, nicht ausfallen.
Es war und ist schon schlimm genug, wenn im"missionarischen Eifer" verfolgt, gemartert und gemordet wurde und wird (Spanier im 15. - 17. Jh., Deutschordensritter u.a.).
Aber die unheimliche"Krönung" des ganzen ist erst der"Herrenmensch" (wie man ihn früher nannte), ein sich selbst vergottendes Wesen, welches sich auf Pseudo-Leitbilder wie"Gott", die"Vorsehung" oder die"Verpflichtung aus der Geschichte" (z.B. Holocaust: merkwürdigerweise Israelis u n d Deutsche - jeder eben auf seine Art) usw. beruft.
Hatten z.B. die Spanier den Juden noch die Ausreise"erlaubt" (1492) und die nach dem Fall Granadas verbliebenen Mauren, nach diversen Aufständen und Internierungen, nach Nordafrika abgeschoben (um 1650), so sind solche"Humanitätsduseleien" bei den"Herrenmenschen" nicht drin - der Feind, das"Böse", muß / darf nicht einfach nur irgendwohin verschwinden, nein, er muß mit"Stumpf und Stiel ausgerottet" werden (im Dritten Reich Juden, Zigeuner u.a, heute"Terroristen").
Typisch für den"Herrenmenschen" ist die Absolutsetzung des eigenen Willens, die keinen Widerspruch duldet und jeden Widerstand zu brechen sucht, wobei auch Allmachtsphantasien offen zutage treten ("Wir sind jetzt ein Imperium, und wenn wir handeln, erfinden wir unsere eigene Realität...").
Da hält man es doch lieber mit dem, der sowohl ohne"heilige Schriften" als auch ohne"elitären Status" (von der Zugehörigkeit zur Corona dieses Forum mal abgesehen [img][/img] ) auskommt - mit dem echten Ketzer.
Gruß bernor
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