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<font size=5>Minister schützt SEK</font>
Von Tino Meyer
Einsatzpanne. Thomas de Maizière (CDU) und die Polizeidirektion Dresden verteidigen den rigorosen Zugriff der Spezialeinheit.
Er werde sich, wenn nötig, schützend vor seine Polizisten stellen, hatte Thomas de Maizière bei seinem Amtsantritt angekündigt. „Jetzt ist so eine Situation“, sagte Sachsens neuer Innenminister gestern. Nur sechs Wochen nach seinem Ressortwechsel befindet sich der ehemalige Justizminister mitten in seiner ersten großen Bewährungsprobe.
Der rigorose Zugriff des Spezialeinsatzkommandos (SEK) bei der Hausdurchsuchung des Dresdner Rotlicht-Unternehmers Detlef K. hat heftige Diskussionen über die Art und Weise des Zugriffes durch die Polizeispezialkräfte ausgelöst. Es sei nicht so wie gewünscht gelaufen, gab de Maizière zu, „doch es ist völlig falsch, von einem desaströsen Einsatz oder gar einem Polizei-Skandal zu sprechen“. Noch vor der internen Analyse legt sich der Innenminister fest: „Es gibt keinen Anlass, an der Verhältnismäßigkeit der Mittel zu zweifeln.“
Aktion gründlich vorbereitet
In der Nacht zum Freitag war die SEK-Einheit in das Einfamilienhaus von Detlef K. auf der Loschwitzer Schillerstraße eingedrungen. Doch statt auf den Beschuldigten trafen die Beamten auf dessen Mitbewohner. In dem Haus leben neben dem Vorbestraften auch dessen Schwester mit ihrem Lebensgefährten, einem Polizeiobermeister, deren Kinder und zwei Hunde. Das SEK feuerte insgesamt zehn Schüsse ab - die Tiere starben. Als Grund dafür nannte Bernd Ledermüller, Leiter der Polizeidirektion Dresden, „die Abwehr des gegenwärtigen Angriffes der beiden Hunde“.
Warum die Patronenhülsen anschließend im gesamten Erdgeschoss verteilt gefunden wurden, konnte Ledermüller nicht erklären: „Die Aktion wurde gründlich vorbereitet. Ich gehe davon aus, dass die Beamten professionell vorgegangen sind. Das Ergebnis zeigt, dass es keine verletzten Personen gibt. Das SEK hat getan, was es tun sollte.“ Auch de Maizière verteidigt seine Spezialeinheit. „Es gab ernst zu nehmende Gründe, den Einsatz so und nicht anders zu planen“, sagte der Innenminister.
Pikantes Detail am Rande
Ein pikantes Detail wurde erst gestern bekannt. Detlef K.s Schwester arbeitet in der Poststelle des Innenministeriums. Das aber nicht mehr lange, wie de Maizière ankündigte. Zugleich kritisierte er den Polizisten, der beim Zugriff Widerstand leistete und sich gestern wie seine Lebensgefährtin erst einmal krank gemeldet hat. Der Innenminister zitierte das Sprichwort: „Sage mir, mit wem du umgehst, und ich sage dir, wer du bist.“ Unmissverständlich erklärte de Maizière, er habe nicht die Absicht, sich bei der Schwester des Verdächtigen oder deren Lebensgefährten in irgendeiner Weise zu entschuldigen.
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<font size=5>Konsequenzen statt Entschuldigung</font>
Innenminister stellt sich nach Polizei-Einsatz vor Beamte
Nach dem umstrittenen Einsatz eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei in Dresden hat sich Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vor die Beamten gestellt.
Der Einsatz gegen einen mutmaßlichen Drogenhändler sei zwar nicht vollständig erfolgreich verlaufen, sagte de Maizière am Montag in Dresden. „Es wäre aber völlig falsch, von einem desaströsen Einsatz zu sprechen oder gar von einem Skandal.“ Er sehe keinen Anlass, an der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel zu zweifeln. Die PDSforderte eine „rückhaltlose Aufklärung“ des Vorfalls.
Der Leiter der Polizeidirektion Dresden, Bernd Ledermüller, wandte sich gegen die Darstellung, bei dem Einsatz am frühen Freitagmorgen sei versehentlich eine falsche Wohnung gestürmt worden. In dem Haus lebe neben dem vorbestraften Angehörigen des Rotlichtmilieus, dem der Einsatz galt, auch dessen beim Innenministerium arbeitende Schwester mit ihrem Lebensgefährten, einem Polizisten. Die SEK-Beamten seien auch in ihre Wohnung eingedrungen, weil nicht erkennbar gewesen sei, wer in dem Haus wo wohne. Dabei hätten zwei Hunde des Polizisten die SEK-Beamten angegriffen und seien deshalb erschossen worden. Zudem habe sich der Polizist den Anordnungen der Einsatzkräfte widersetzt.
De Maizière betonte, es habe Hinweise auf Schusswaffen in der Wohnung des Beschuldigten gegeben. Aufgrund einer anonymen Anzeige sei zudem nicht auszuschließen gewesen, dass der Polizist seinen Schwager decke. „Ich habe nicht die Absicht, mich bei dem Polizeibeamten oder der Mitarbeiterin des Innenministeriums in irgendeiner Form zu entschuldigen“, sagte er. Vielmehr müssten beide Konsequenzen aus dem Umstand erwarten, dass sie mit einem bekannten Kriminellen unter einem Dach wohnten. Die Ministeriums-Mitarbeiterin werde wohl nicht auf ihrem derzeitigen Arbeitsplatz bleiben können.
Der PDS-Fraktionsvorsitzende Peter Porsch kritisierte den Einsatz als „schweren Missbrauch des staatlichen Gewaltmonopols“. Er beantragte eine Stellungnahme des Innenministers vor dem Landtag.
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=7439887
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Sächsische Zeitung
Dienstag, 21. Dezember 2004
<font size=5>„Der Angriffstrieb des Hundes lässt nicht sofort nach“</font>
Vor allem die Schießerei der SEK-Beamten steht in der Kritik. Christoph Ingenohl, Leiter der Fortbildungsstelle Spezialeinheit im nordrhein-westfälischen Selm, wo auch SEKs anderer Bundesländer ausgebildet werden, klärt auf.
Sind die zehn Schüsse nicht zu viel, um zwei Hunde aus Nahdistanz zu überwältigen?
Nein. Selbst wenn schon mit dem ersten Schuss ein Treffer erzielt wird, lässt der Angriffsstrieb des Hundes nicht sofort nach. Denn Schussverletzungen sind für Tiere fast schmerzlos, wenn die lebenswichtigen Organe nicht getroffen sind. Eine Messerverletzung wäre dagegen wesentlich schmerzhafter. Die Vielzahl der Schüsse ist also völlig normal.
Warum wurden die Projektile im Raum verstreut gefunden?
Die Erklärung ist einfach: Der Schuss kann abgelenkt werden, wenn er statt den Hund den Metallrahmen einer Tür trifft.
Werden in der Ausbildung Zugriffe mit Gegenwehr von Tieren geübt?
Natürlich. Dann haben wir aber eine Schrotflinte dabei. Deren Wirkung ist deutlich größer als die von Neun-Millimeter-Patronen aus der Maschinenpistole.
Wie groß ist dabei die Gefahr für den Tierhalter?
Bei Schüssen auf Tiere muss immer im Auge behalten werden, ob sich Menschen im Schussfeld aufhalten. Deren Gefährdung sollte ausgeschlossen sein.
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=744526
<ul> ~ Nun haben die Anwälte das Wort.</ul>
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