-->Die rein fiktive Neujahrsansprache von Bundespräsident Köhler...die er so natürlich niemals halten wird.....
Ich begrüße Sie an diesem Sylvesterabend, und möchte mit Ihnen einen kurzen Rückblick und Ausblick wagen.
Als einer meiner Vorgänger vom dringenden Ruck sprach, der durchs Land gehen müßte, war dies keineswegs rechtzeitig ausgesprochen. Schon Bundeskanzler Kohl prägte vor mehr als zwanzig Jahren den Begriff der *geistig-moralischen Wende*, als Ausdruck der erkannten Problematik und Handlungsauftrag zugleich.
Wir alle wissen, daß in diesen zwanzig Jahren wirklich weltbewegendes stattgefunden hat, der Kalte Krieg beendet, die Teilung durchbrochen, Mitteleuropa hat sich als Kulturraum wieder zusammengefunden. Wir dürfen uns glücklich schätzen, daß unserer Heimat in diesen zwanzig Jahren keine Unglücke und Katastrophen widerfahren sind, wie sie in anderen Gegenden der Welt beinahe zum Alltag gehören. Die Globalisierung bietet bisher rückständigen Gebieten die Chance auf Teilhabe am Wohlstand der westlichen Welt, was nur als gerecht und begrüßenswert gesehen werden kann.
Aber es macht uns auch deutlich, daß in diesen zwanzig Jahren, bei aller umwälzenden Bewegung im Großen, eben keine Wende, kein Ruck stattgefunden hat in den Bereichen, die schon damals als schwerfällig, hinderlich, unproduktiv oder gar schädigend erkannt wurden. Diese zwanzig Jahre wurden, so deutlich muß man dies heute sagen, verschlafen, und die strangulierenden Hindernisse haben sich noch verfestigt. Sie drohen, dem Land buchstäblich die Luft abzudrehen.
Die täglichen Arbeitsplatzverluste sind in höchstem Maße alarmierend, und die Bemühungen von Hartz 4 und Agenda 2010 können nicht in einigen Monaten auffangen, was volle zwanzig Jahre lang in eine falsche, eine verhängnisvolle Richtung lief. Aufgrund des Stabilitäts- und Wachstumspakts können wir uns nicht mehr durchmogeln, sondern werden jetzt schonungslos an unseren eigenen Ansprüchen gemessen.
Sie erinnern sich, der harte Kurs wurde ausdrücklich von Deutschland gefordert, und nichts verdeutlicht ausdrucksvoller unser Dilemma, als die Feststellung, daß wir augenscheinlich seit ein paar Jahren unseren eigenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden können.
Kein anderes Land der Europäischen Union hat ähnlich gewaltige Belastungen zu schultern, die aus der Wiedervereinigung resultieren, aber diese bloße Feststellung hilft uns nichts dabei, wenn es darum geht, erfolgversprechende Lösungen für die Zukunft zu suchen.
Es geht uns heute in Deutschland wie einem schwer arbeitenden, treusorgenden Familienvater, der durch eine Krise, durch einen Kollaps aus dem täglichen Trott gerissen und zum Nachdenken, zur Bestandsaufnahme gezwungen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesen Tagen lief im Fernsehen eine Sendereihe mit dem Titel, The Swan, die einigen ausgewählten Bewerberinnen die Möglichkeit gab, ihr bisheriges Leben auf eine völlig neue Basis zu stellen.
Eindrucksvoll konnten wir Zuschauer miterleben, welche gestaltgebenden Einflüsse von der Motivation eines Menschen ausgehen. Die unbedingte Wunsch, ein gestecktes Ziel trotz aller schmerzhaften Begleitumstände erreichen zu wollen, versetzt Berge, und macht schier unmögliches möglich.
Leidvolle Umstände haben die Teilnehmerinnen in einen unzufriedenen Zustand getrieben, sie konnten aufgrund der täglichen Belastungen zu wenig Sorge für ihr eigenes Leben tragen, für ihre Wünsche, für ihre Persönlichkeit, für sich selbst. Ob durch Familie oder Beruf, sie haben sich aufgeopfert, aber sie wurden dabei zum Opfer ihrer Lebensumstände.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen eine vergleichbare Aktion, eine psychologische Neuorientierung, eine Fettabsaugung, eine Konturenkorrektur auch in unserem Gemeinwesen!
Wieso sollten wir es dann nicht schaffen, erneut an frühere Wirtschaftsstärke und Leistungsfähigkeit anknüpfen zu können, wenn wir bereit sind, dazu eine vergleichsweise kurze Zeit unter der Härte des Anpassungs- und Neupositionierungsprozesses ein individuelles Opfer zu bringen.
Ich habe gerade von Motivation gesprochen. Die Leistungsbereitschaft eines Menschen ist untrennbar mit Selbstachtung, Achtung durch sein Umfeld, Wertschätzung seiner Leistung, und den Umgangston im Alltag verbunden.
Diese elementaren Voraussetzungen für Zufriedenheit haben nicht nur die letzten zwanzig Jahre Anlaß zu Unmut und Resignation gegeben. Soziale Gerechtigkeit stand im Vordergrund, während die andere Waagschale, die Leistungsgerechtigkeit, ins Hintertreffen geriet, und überbeansprucht wurde.
Ob zu hohe Steuern oder Sozialabgaben, bürokratische Hindernisse oder die tägliche Drangsalierung des Leistungsträgers, der leistungsbereite Teil unserer Bevölkerung verweigert sich in immer stärkerem Maße, wie sich durch die Zukunftsunsicherheit auch die Konsumenten verweigern.
Wir haben ein Verweigerungsproblem, ein Resigantionsproblem.
Und ich kann es auch nachempfinden, wenn ich das Bild unserer Heimat in der Weltpresse und der allgemeinen Berichterstattung in der Ã-ffentlichkeit sehen muß.
Obowhl wir mustergültig alle Verantwortung für den Anteil Deutschlands an den tragischen Ereignissen des zweiten Weltkriegs übernommen haben, spielt Deutschland volle zwei Generationen nach Kriegsende vielfach noch immer die Rolle des bösen Buben, des uneinsichtigen Nazischergen, den man getrost demütigen kann, gar erpressen.
Deutschland zahlt die höchsten Beiträge an die Europäische Union, die Außenpolitik vieler Jahrzehnte kann man als Scheckbuchdiplomatie überschreiben, wir leisten Entwicklungshilfe und beteiligen uns an den Sicherungsaufgaben im Kampf gegen den Terror.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Deutschland und seine Bürger haben es nicht verdient, daß durch den immerwährenden mahnenden Zeigefinger jegliche Selbstachtung verloren geht. Wir brauchen endlich wieder eine Liebe zu unserer Heimat, die Kontinuität zu den Dichtern und Denkern, den Erfindern und Industrievätern. Es ist genug bewältigt worden, und wir dürfen nicht zulassen, daß der offensichtliche Selbsthaß einer Minderheit von Intellektuellen, Günstlingen und Profiteuren dieser Bewältigungsindustrie weiter auf das ganze Land und seine Bevölkerung durchschlägt.
Damit muß Schluß sein, sechzig Jahre Besinnung, Bewältigung und Buße sind mehr, als ein Volk ertragen kann. Die Folgen sehen wir von PISA bis zur wirtschaftlichen Stagnation allerorten.
Deutschland ist kein Standort mehr, auf den man stolz sein will, Kostenvorteile gehen vor Patriotismus, und die herausragendsten Leistungsträger wandern ebenfalls ins Ausland ab, weil sie sich zu Hause nicht mehr geachtet sehen.
Wir können das Kostengefälle zum wachstumsstarken Billiglohnraum der Welt nicht ändern, aber wir können uns fragen, was unsere Heimat wieder so lebens- und achtenswert machen würde, daß es jegliche Kostengesichtspunkte in den Schatten stellen würde, aus Heimatliebe heraus in Deutschland zu investieren, und hier Arbeitsplätze zu sichern.
Viele Deutsche finden in der multikulturellen Gesellschaft eben keine Heimat mehr. Sie sind vom fehlenden Integratonswillen bestimmter Migrantengruppen betroffen und begegnen der täglichen Gewaltbereitschaft. Wir dürfen davor nicht mehr aus falsch verstandener Parteilichkeit die Augen verschließen. Man muß Fakten wieder offen als solche benennen dürfen, ohne in der Ã-ffentlichkeit durch selbsternannte Anstandsapostel verunglimpft zu werden. Diese verschließen die Augen vor dem offensichtlichen Scheitern wirklichkeitsfremder Ideale, leisten keinen Beitrag an der Gesellschaft, sondern wirken als Spaltpilz des Gemeinwesens.
Es hat sich eine Menge Verdruß angestaut, der sich durch das Totschweigen berechtiger Interessen nach innen in Form von Resignation und Lethargie Ausdruck verschafft.
Die Geschichte der Bundesrepublik gleich dem Lebenslauf eines Musterknaben, der sich stets mühte, allen Erwartungen zu entsprechen, der sich dabei aber schlicht überarbeitet und übernommen hat.
Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind es leid, uns dafür auch noch rechtfertigen zu müssen, wenn wir nicht noch mehr für fremde Interessen leisten können.
In einem Erschöpfungszustand ist es fatal, einem Organismus weitere Lasten aufzuerlegen - wir brauchen alle verbliebenen Möglichkeiten dafür, die lebensnotwendige Neuorientierung stemmen zu können.
Wir brauchen nicht nur eine Vermittlung geistiger Werte, wir brauchen auch eine Wertschätzung materieller Werte. Wir müssen wieder einen Sinn dafür schärfen, wie knapp und kostbar die Ressourcen sind, mit denen der Staat täglich umgeht. In der täglichen Berichterstattung geht es nur noch um Millionen und Milliarden, während man am anderen Ende der Skala, an der Basis der Leistungserstellung, beim 1-Euro-Job angekommen ist.
Diese Schere darf nicht noch weiter aufgehen, sie würde unser Gemeinwesen entzweitrennen.
Die vergangenen zwanzig Jahre haben Irrwege und gescheiterte Idealvorstellungen mit sich gebracht, an deren Bewältigung wir noch mehr als weitere zwanzig Jahre hart zu arbeiten haben.
Aber ohne eine offene und schonungslose, auch eine ausdrücklich ergebnisoffene Beschreibung des Istzustandes, auch der negativen Faktoren, kommen wir nie zu einer Wende auf einen besseren, einen erfolgversprechenderen Weg.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wünsche mir, daß im nächsten Jahr mit dem sechzigsten Jahrestags des Endes des Zweiten Weltkriegs auch die rückwärtsgewandte Perspektive ein Ende hat, und endlich eine Fokussierung auf die Zukunft erfolgt.
Die aktuellen Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU gehen von einer Zeitspanne von bis zu zwanzig Jahren aus, man gestaltet bewußt ein neues Europa, ein Europa, wie es sein soll, um zukunftsfähig nach außen und lebenswert nach innen zu sein. Schließen wir uns dieser nach vorwärts gerichteten Perspektive an, und befreien wir uns vom Ballast der Nachkriegs-Ära.
Es ist allerhöchste Zeit dazu, Deutschland hat es sich verdient, aber Deutschland hat dazu auch keine Alternative, wenn es seinen erreichten Wohlstand halten will. Die geistig-moralische Wende blieb aus, Pisa zeigt uns das schmerzliche Resultat. Leistung lohnt sich eben nicht, wenigstens nicht finanziell, und auch einen Ruck im Lande gab es nicht, wenigstens keinen, der ein Umdenken gebracht hätte.
Wir haben zwanzig Jahre Stillstand hinter uns, aber wir haben keine Chance, uns noch mehr Zeit zu nehmen für die drängenden Aufgaben, um uns zukunftsfähig zu machen. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, sagte Michail Gorbatschow.
Lassen Sie mich dies abwandeln, und sagen, wer zu spät aufwacht, der verschläft sein Leben, wer sich zu spät seiner Selbst und seinen berechtigten Interessen gewahr wird, verliert seine Motivation, und wer die Zeichen der Zeit jetzt nicht erkennt, und konsequent danach handelt, hat die Strafe der Einbußen nicht anders verdient.
Ich sage das ausdrücklich an die Adresse der Politiker, deren zunächst 4-jähriger Ausblick einer Legislaturperiode auf ohnehin nur einige gestalterische Monate nach einer Wahl verengt ist. Das reicht nicht aus, um ein Land auf Erfolgskurs zu halten.
Wenn wir für die Bürger mehr Patriotismus fordern, und eine positive Identifikation mit Heimat und Leuten, dann fordern wir auch für die politische Führung die Leitkultur eines wohlwollenden, weitsichtigen und verständigen Landesvaters. Es muß Schluß sein mit dem täglichen Grabenkampf zwischen den Lagern, sie haben unser Land an den Abgrund gebracht. Hier dürfen wir eben keinen großen Schritt nach vorne mehr tun, hier muß es zurück gehen, und zwar schnell.
Ich möchte Sie nun nicht länger mit Problemen belasten, Freude gehört ebenso zur Motivationsgrundlage des Menschen, die Medien sollten auch die unsägliche Kultur des Miesmachens und Schlechtredens aufgeben zugunsten einer produktiven, konstruktiven und unpateilichen Berichterstattung, die Chancen aufzeigt, und Mut zur Zukunft macht, statt Bedenken zu erfinden, falls es ausnahmsweise einmal keine gibt.
Es gibt viel zu tun auf unserem Wege des Bewußtseinswandels. Wir können dabei von unseren Nachbarn lernen, die keine Bürde der Selbstverleugnung zu tragen hatten, und sich schneller auf die Erfordernisse einstellen konnten. Sie haben es alle geschafft. Lassen Sie uns es ihnen nachtun, und freuen wir uns auf die Zeit nach all den bevorstehenden Anstrengungen, wenn wir wieder stolz auf uns, auf unsere Leistungen, und auf unser Land sein können, wie die Teilnehmerinnen von *The Swan* vor dem Spiegel.
Ich wünsche Ihnen ein gedeihliches neues Jahr.
.
.
.
Leider schreibt das nur Baldur, der Ketzer, und es ist seine persönliche Ansicht, wie er sich eine Neujahresrede vorstellen könnte. wie sie wirklich ausfallen wird, glaube ich zu wissen .
Nachdem Horst Köhler mit der humoristisch-kabarettistischen Qualität seines greisenhaften senilen Vorgängers nicht mithalten kann, werden seine Worte umso stärker Bedeutung erlangen.
Was soll er denn schon wirklich sagen? Rogowski sagte kürzlich im Fernsehen, man solle nicht unterschätzen, wie schwer es die Politiker hätten, in diesem verkrusteten System irgendetwas zu ändern. Ich beneide den Bundespräsidenten nicht um die Aufgabe, etwas mögllichst wenig peinliches zum Besten zu geben, in Kenntnis der de facto aussichtlosen Lage.
Ob er selber glaubt, daß man mit diesen politischen Figuren das Ruder herumreißen kann? Und, ist das überhaupt von den Drahtziehern im Hintergrund zugelassen?
Frägt sich Baldur kurz vor Jahresschluß, und grüßt bestens
|