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>Ich war selbst lange ein Verfechter des freien Marktes, musste dann aber erkennen, dass er nicht so funktioniert wie behauptet. Es ist schwierig sich von den liberalen Markt-Märchen zu lösen, insbesondere, wenn es einem selbst (noch) gut geht und man auf der Sonnenseite des Marktes steht. Man sieht Probleme für gewöhnlich erst dann, wenn sie für einen selbst zum akuten Problem werden.
Hallo, mario,
ich kann Dich besser verstehen, als Du glauben wirst.
Das, was wir aktuell in Europa haben, ist eine Oligarchie der Großkonzerne, die im Politfilz derartige Markteintrittshürden aufgebaut haben (Vorschriften, Richtlinien, den ganzen Käse, Haftungen), daß ein Kleiner nicht mehr dagegen ankommt.
Theoretisch ist es einfach zu sagen, man muß nur flexibel genug sein, dann wird man seine Lücke schon finden, die der Große nicht abdecken kann.
Das ganze fällt aber in ein Klima der allgemeinen Skepsis, der Kaufzurückhaltung, der verunmöglichten Fremdfinanzierung durch klemmende Banken. Insofern ist der theoretisch gangbare Weg in der Praxis durch Hürden versperrt.
Nur ist das kein Problem der Marktwirtschaft, die will das ja gerade vermeiden und jedem Chancen einräumen, das ist das Problem der seichten versauerten real existierenden Mafiastaatswirtschaft. Die weit über die Grenzen Affistans hinausgewuchert ist und ein gesamteuropäisches Problem darstellt.
Toll kritisiert, aber was hilfts, wo ist der Ausweg?
In letzter Zeit kamen mir manchmal Gedanken, auszusteigen, so lange noch Substanz vorhanden ist, und irgendwo nach Kanada oder Skandinavien zu gehen, wo Grund noch relativ erschwinglich ist und Selbstversorgung möglich - unser schlauer Fuchs Oldy hat das schon vor vielen Jahren gerochen.
Die Frage ist, wo soll man als kleiner Einzelkämpfer ansetzen, was die großen nicht genügend betreuen können?
Dann kommt man auf die Zielgruppe der sehr vermögenden (weltweit) und auf Nischen, die großes Know-How verlangen, für das die großen zu schwerfällig sind. Die kommen erst und kaufen die Ergebnisse, wenn das Patent fertig ist und es funktioniert. Oder klauen es.
Ohne eine Erfindung, einen Geistesblitz, ohne ein Knüllerprodukt, das sonst noch niemand sah, wird man den großen Wurf kaum mehr schaffen, vor allem zählt die beharrlich zuverlässige gute Leistung heute nichts mehr, man muß vielmehr etwas derart außergewöhnliches können, machen oder haben, das die anderen im Moment nicht zustande bringen.
Was Dich einerseits in den Dienstleistungssektor führt und Du persönliche Fähigkeiten anbieten kannst, oder in die Erfindung von Produken, oder man akzeptiert die Mitläufereigenschaft und sucht sich Nischen in bestehenden Giganto-Branchen, wie der Pharma-Industrie (nicht jedermanns Sache).
Die ganze Preiskalkulation läuft darauf hinaus, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel mitnehmen zu müssen, weil es absehbar ist, wann ein Konkurrent alles ohne Notwendigkeit auf Null runterzieht.
Ich hatte mal einen Konkurrenten, der sagte, wenn er von Produkt X 100.000 Stück verkaufe und dabei eine Mark am Stück hätte, wäre er doch sehr zufrieden damit. Nur, daß der Jahresabsatz effektiv eher im Bereich von 1000 - 2000 lag. Und solche Arschlöcher hast Du an jeder Ecke sitzen.
Das, was zur Zeit läuft, ist eine Steuerstaatshürdenrestriktionswirtschaft, keine Marktwirtschaft. Die findet nur noch statt, wo der Drecksstaat Tagesreisen weit weg liegt.
Nur, es ist illusorisch, dagegen anzuwettern, die Macht der Lobby ist zu stark. Man kann sich nur verweigern, auf Sozistützemachen (auch nicht jedermanns Sache), damit auf Chancen verzichten, oder sich so gut wie möglich von Jahr zu Jahr durchwurschteln.
Was anderes bleibt einem ja nicht übrig.
Tatsache ist, daß in den nächsten Jahren die Maßstäbe schmerzlich zurückgeschnitten werden. Wahrscheinlich so sehr, daß es uns allen das Blut zu den Adern rausdrücken wird, je nach Land mehr oder weniger. Ich fürchte, die fetten Jahre sind vorbei, und nur dieses Faktum zählt.
Dazu wird auch gehören, daß nur noch gemacht wird, was bezahlbar ist, nicht mehr, was wünschenswert wäre. Das wird auch überzogene Ansprüche auf den Boden der Tatsachen zurückholen, egal, wo.
Gesamtwirtschaftlich gesprochen, muß Europa Standortmarketing betreiben. Wäre es eine Firma, müßte es eine Zielkundengruppe definieren, und das können nicht Allerweltsnachfragen sein, die andernorts genauso gut und viel billiger gemacht werden können.
Es muß vielmehr Spitzentechnologie sein oder die Befriedigung ausgefallener Kundenwünsche, die andernorts nicht umsetzbar sind (Energie-, Fahrzeug-, Kommunikations-, Rüstungstechnik).
Und dazu brauchts jede Menge topgebildeter Leute - und daran mangelt es lt. öffentlicher Meinung gewaltig.
Noch vor 200 Jahren in der Gründerzeit haben ganz normale Leute in den Kellern und Werkstätten weltbewegende Erfindungen gemacht, gab es Privatgelehrte und Universalgenies, gab es Tüftler und Erfinder. Erst nach dem Krieg ist die - falsche - Ansicht verbreitet worden, Forschung und Entwicklung sei nur in der Großindustrie machbar.
Das muß sich wieder ändern. Es braucht Motivation (Geldverdienen nach Steuern), es bracucht Leistungswillen und eine visionäre Zielsetzung. Dann wird auch im Kleinen möglich, sich eine Nische zu erkämpfen, die ein paar Jahre gutes Auskommen ermöglicht.
Aber das wird nur gehen, wenn man jedwede Freizeit diesem Streben unterordnet. Ich bin seit ein paar Wochen wieder in diesem Fahrwasser und bin gespannt, was rauskommt. Wir sind mitten drin in der Situation, und ein anderer wird uns da nicht raushelfen, außer uns selber. Es bleibt uns nix anderes übrig. Und wer vor Ort wirklich keine Chance mehr sieht, muß sich fragen lassen, was er beim letzten Mal am Wahlzettel angekritzelt hat..........und beim vorletzten Mal, und beim vorvorletzten Mal......und ob er jetzt nicht das bekommen hat, was er gewählt hat........(keine Ironie)
Beste Grüße vom Baldur
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