-->Hartz-Reformen
<font size=5>Jetzt kommt der Lackmustest</font>
Mit dem Jahreswechsel sind die Hartz-Reformen in eine neue Runde gegangen. Alle Augen richten sich nun auf die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, genannt Hartz IV. Ob der damit angepeilte Pusch für den Niedriglohnsektor tatsächlich kommen wird, zeigen die nächsten Monate. Die Erwartungen sind allerdings schon jetzt nicht allzu hoch. Denn von den übrigen Reformschritten haben sich zu viele als Schuss in den Ofen erwiesen.
Mehr als zwei Jahre ist es her, dass VW-Personalvorstand Peter Hartz verkündete: „Heute ist ein guter Tag für die Arbeitslosen in Deutschland.“ Im August 2002 wurde der Endbericht der Hartz-Kommission präsentiert, der nach eigenem Anspruch die Blaupause liefern sollte, die Arbeitslosigkeit binnen drei Jahren um 2 Millionen Personen zu senken. Nachdem 21/2 Jahre vorüber sind, ist die Zahl der Arbeitslosen allerdings nicht gesunken, sondern um 400.000 gestiegen. Dafür gibt es zwei Gründe:
Zum Ersten ist das Konzept nie richtig umgesetzt worden. Von den insgesamt 13 Vorschlägen („Modulen“) der Hartz-Kommission wurden nur wenige eins zu eins übernommen (Tableau): die Verbesserung des Kundenservices, die Verschärfung der Zumutbarkeit, die Ich-AG und der „Job-Floater“. Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist erst zur Jahreswende erfolgt, kann also ihre Wirkung noch gar nicht entfaltet haben. Die Personal-Service- Agenturen und die „Quick-Vermittlung“ sind dagegen über Ansätze nicht hinausgekommen. Gar nicht umgesetzt wurden das Bonussystem für Unternehmen oder die Maßnahmen für arbeitslose Jugendliche.
Zum Zweiten wäre die anvisierte Senkung der Arbeitslosigkeit wohl auch dann nicht gelungen, hätte es keine Abstriche bei der Umsetzung gegeben. Denn an der Ursache der Arbeitslosigkeit, den hohen Arbeitskosten (Abgabenbelastung plus Lohnniveau), konnte Hartz überhaupt nicht ansetzen. Dort, wo die Arbeitsmarktpolitik etwas ausrichten kann (z.B. beim Abstand zwischen Sozialhilfeleistungen und Niedriglöhnen), wurden die Vorschläge nicht konsequent genug umgesetzt:
• Personal-Service-Agenturen (PSA). Sie waren ursprünglich das Filetstück der Arbeitsmarktreformen. Nicht weniger als 500.000 Arbeitslose wollte man in solchen Zeitarbeitsunternehmen beschäftigen. Die PSA-Mitarbeiter sollten davon profitieren, dass sie in dem entleihenden Unternehmen Berufserfahrung sammeln können und von ihm eventuell fest angestellt werden. Die Hartz-Kommission rechnete bei bis zu 50 Prozent dieser Zeitarbeitnehmer mit einem solchen „Klebeeffekt“.
In der Umsetzung schrumpfte das Programm jedoch auf 50.000 Teilnehmer zusammen, von denen im vergangenen November knapp 28.000 Plätze besetzt waren. Die Reduzierung war erforderlich, weil andernfalls unkalkulierbare finanzielle Risiken auf die Arbeitsverwaltung zugekommen wären:
Im Durchschnitt kostet ein PSA-Mitarbeiter die Arbeitsagentur 7.000 bis 9.000 Euro im Jahr.
Dass die Service-Agenturen nicht richtig in die Puschen kamen, erweist sich rückblickend eher als Glücksfall, wurde dadurch doch viel Geld gespart. Denn die bisherigen Erfahrungen mit der amtlichen Zeitarbeit sind ernüchternd. Nur rund 48 Prozent der aus einer PSA Ausgeschiedenen fanden eine neue Stelle. Die meisten davon jedoch wurden von der Agentur auf traditionelle Weise vermittelt. Von dem entleihenden Unternehmen übernommen wurden nur 23 Prozent.
Immerhin erweisen sich die PSA als wirksamer, wenngleich teurer Test der Arbeitsbereitschaft von Arbeitslosen: Jedem fünften Mitarbeiter wurde verhaltensbedingt gekündigt. In diesen Fällen kann das Arbeitsamt dem Delinquenten eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verordnen.
Dass die PSA im Ergebnis kaum besser abschneiden als andere Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik, mag mit daran liegen, dass Zeitarbeit in Krisenzeiten ein schwieriges Geschäft ist. Aber es gibt auch strukturelle Probleme: So müssen die PSA mit Zeitarbeitsunternehmen konkurrieren, die sich bereits am Markt etabliert haben und oftmals bessere Dienstleistungen anbieten können. Außerdem müssen sich die PSA häufig mit Arbeitslosen herumschlagen, die ohnehin schwer zu vermitteln sind. Reguläre Zeitarbeitsfirmen stellen solche Leute erst gar nicht ein.
Ich-AG. http://www.iwkoeln.de/default.aspx?p=img&i=32130
Sie ist auf den ersten Blick ein Renner. Im Dezember 2004 wurden summa summarum 220.000 Existenzgründer gefördert, ohne dass die damit konkurrierende Förderung durch das Überbrückungsgeld zurückgegangen wäre (Grafik). Damit ist indes noch nicht gesagt, dass die Idee ein arbeitsmarktpolitischer Knüller ist. Zum einen muss damit gerechnet werden, dass ein großer Teil der Existenzgründer letztlich scheitern wird. Zum anderen dürften erhebliche Mitnahmeeffekte aufgetreten sein, weil die Förderung zunächst etwas zu unbürokratisch ausgefallen war. Zuschüsse konnte jeder arbeitslose Transferempfänger erhalten, der einen Antrag stellte. Ob seine Geschäftsidee tragfähig war oder ob überhaupt eine solche vorlag, wurde nicht kontrolliert. Insbesondere Arbeitslosen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld auszulaufen drohte und die keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hatten, ermöglichte die Ich-AG, weitere drei Jahre Transferleistungen zu erhalten.
Um den Missbrauch zu stoppen, müssen Antragsteller seit September 2004 einen Geschäftsplan vorlegen, um Fördergelder zu bekommen.
Mehr als nur Umsetzungsprobleme gab es bei anderen Hartz-Vorschlägen. So wurde die Idee des „Bridge-Systems“ für ältere Arbeitslose glücklicherweise nicht weiter verfolgt. Arbeitslose ab 55 Jahren sollten unter Beibehaltung eines reduzierten Arbeitslosengeldanspruchs von der Pflicht entbunden werden, weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Dabei kostet schon die gegenwärtige Praxis, älteren Arbeitslosen einen gleitenden Übergang in die Rente zu bereiten, die Sozialversicherungen 36 Milliarden Euro im Jahr.
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