-->«Es war ein Riesenfehler, diese Büchse der Pandora zu öffnen»
MIT DEM ERLÃ-S AUS DEM NATIONALBANKGOLD MÜSSTEN SCHULDEN ABGEBAUT WERDEN
Schulden abbauen. Das sei der einzige vertretbare Zweck für das Gold, meint Borner.
INTERVIEW: SERAINA GROSS
Der Basler Ã-konom Silvio Borner sass nach 1996 in einer Arbeitsgruppe zur Solidaritätsstiftung. Heute meint er, dass es fahrlässig war, das Nationalbankgold überhaupt zur Disposition zu stellen.
baz: Seit 1996 versucht man, sich darüber zu verständigen, wie die 21 Milliarden Franken verwendet werden sollen, die aus dem Verkauf des überflüssigen Nationalbankgoldes gelöst wurden. Warum ist es so schwer, Geld zu verteilen?
SILVIO BORNER: Für Politiker ist der Umstand, dass es etwas am Budget vorbei zu verteilen gibt, natürlich ein gefundenes Fressen. Das ist, wie wenn man einer Meute hungriger Wölfe einen Köder hinwirft. Es kommt zu einem fürchterlichen Gezerre. Es war zum vornherein klar, dass es nicht zu einer vernünftigen Lösung kommen würde.
baz: Warum?
SILVIO BORNER: Wir nennen das einen «Verteilungszyklus». Immer, wenn eine Koalition steht, rappeln sich diejenigen wieder auf, die nicht zum Zug gekommen sind. Jeder Kompromiss wird sofort durch neue Anträge wieder inFrage gestellt. Zuerst gab es jene, die die Solidaritätsstiftung gründen wollten. Dann kam die SVP mit ihrer Initiative, das Geld der AHV zukommen zu lassen. Dann gab es jene, die eine «Bildungsoffensive» starten wollten, und dann gab es jene, die das Geld für den Schuldenabbau verwenden wollen. Und seit neuestem gibt es den Vorschlag, die Opfer der Flut in Asien zu unterstützen. Es ist wie im Lehrbuch: Man dreht eine Schlaufe nach der anderen.
baz: Nun muss man ja in der Politik ständig Kompromisse finden. Warum funktioniert das beim Nationalbankgold nicht?
SILVIO BORNER: Stimmt. In der Politik geht es immer um Verteilung.
Die Politik definiert eine neue Staatsaufgabe und entscheidet dann, wie sie finanziert wird. Beim Gold aber lief es umgekehrt. Man hatte das Geld und musste dann einen Verwendungszweck finden. Das konnte nicht gut gehen. Ich sass 1996 in der Arbeitsgruppe zur Solidaritätsstiftung, die sicherstellen sollte, dass das Geld in seiner Substanz erhalten bleibt. Daneben gab es eine Arbeitsgruppe, die über die Verteilung im Inland und im Ausland entscheiden sollte. Mir war sofort klar, dass es zu einem endlosen Gerangel kommen würde.
baz: War es falsch, die ganze Diskussion überhaupt loszutreten?
SILVIO BORNER: Aus heutiger Sicht: Ja. Es war ein Riesenfehler von Bundespräsident Arnold Koller und Nationalbankpräsident Hans Meyer, diese Büchse der Pandora überhaupt zu öffnen. In einem Land, das so verschuldet ist wie die Schweiz, dürfen Vermögen nicht in laufende Ausgaben umgewandelt werden. Zudem legt die Schweiz bekanntlich viel Wert auf Autonomie. Sie braucht deshalb höhere Währungsreserven als andere Länder. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass ein Nationalbankpräsident einfach seine Schatullen öffnet. Denn die langfristige Konsequenz dieser Geschichte wird sein, dass der Druck auf die Nationalbank steigt, mehr Gewinne auszuschütten.
baz: Ist es überhaupt noch möglich, eine Lösung zu finden?
SILVIO BORNER: Am Schluss ist es eine Frage der Macht und des politischen Geschicks, wem es gelingt, diesen «Zyklus» zu durchbrechen. Bundesrat Hans-Rudolf Merz hat es versucht, indem er dem Bundesrat eine Verteilung analog zu den Gewinnen der Nationalbank - ein Drittel an den Bund, zwei Drittel an die Kantone - schmackhaft machen wollte. Wie wir wissen, ist er damit gescheitert.
baz: Was würden Sie mit dem Erlös aus dem Gold machen?
SILVIO BORNER: Schulden abbauen. Das ist meines Erachtens der einzig vertretbare Verwendungszweck.
Was tut ein Familienvater, der verschuldet ist und plötzlich über bisher nicht zugängliche Vermögenswerte verfügen kann? Er zahlt Schulden zurück. Mit Sicherheit halst er sich nicht neue Aufgaben auf. Zudem: Wenn wir Schulden ab-bauen, dann überlassen wir den Entscheid über die Verwendung des Geldes den kommenden Generationen. Wir leben bereits heute viel zu stark auf deren Kosten. Zudem wäre es der einzige Verwendungszweck, mit dem diese Spirale gestoppt werden könnte.
Borner ist Prof. Nat.ök an der Uni Basel.
Aus der Basler Zeitung vom 15. Januar 2005
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Ich sähe allerdings noch eine bessere Verwendung für das Geld: Gold und Silber kaufen:-)
Wish you a häppy Sonntag
Toni
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