-->Vom Mindestlohn zum Staats-Harakiri
Kommentar zum Zeitgeschehen
von Egon W. Kreutzer
13. April 2005
Es ist schwer, ruhig zu bleiben.
Dass nun ausgerechnet eine Debatte über den Mindestlohn geführt werden muss, um - warum denn sonst - in NRW noch kurz vor der Landtagswahl bei leichtgläubigen Wählern den Eindruck zu erwecken, dass es innerhalb der größeren, neoliberalen Parteien auch ein paar Figuren gäbe, die sich ein soziales Herz bewahrt hätten, gehört eigentlich in die Abteilung Schmierenkomödie und sollte keines Kommentars gewürdigt werden.
Aber es fällt schwer, ruhig zu bleiben.
Es war doch nicht der liebe Gott, der die Welt im Handstreich verändert hat.
Es war auch keine Verschwörung von Hexern und Druiden am Werk.
Die Misere der leeren Kassen und der Niedriglöhne war und ist nicht Folge eines unausweichlichen, schicksalhaften Geschehens.
Politiker haben die Entscheidungen getroffen, die uns dahin geführt haben, wo wir stehen.
Die menschenfeindliche Wüste der deregulierten Globalisierung, in welcher der Arbeitsmarkt längst und praktisch überall nach den Gesetzen des Faustrechts funktioniert, ist doch so entstanden, weil deutsche Politiker seit mehr als zwanzig Jahren glauben, es sei gut für Deutschland, endlich den schattenspendenden Wald aus Tarifautonomie und Sozialversicherung, aus Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit abzuholzen.
Das, was in Deutschland als Kultur des Zusammenlebens, als der deutsche Weg des Wirtschaftens und des sozialen Friedens mühsam genug und gegen den Widerstand des Kapitals aufgebaut wurde, ist durch internationale Verträge und Vereinbarungen und durch rigorose Veränderungen an der inneren Ordnung von deutschen Politikern mit voller Absicht aufgegeben und mit Eifer demoliert und zertreten worden. Scharfe Einschnitte, die längst noch nicht tief genug gingen, Schritte in die richtige Richtung, die längst noch nicht weit genug führten - das sind immer noch die Lieblingsvokabeln der Opposition, während die Regierung es dabei bewenden lässt, dass man nun nicht aufhören, nicht aufgeben dürfe, sondern den einmal eingeschlagenen Weg mutig weiter gehen müsse - was mit fast den gleichen Worten nichts anderes bedeutet.
Politiker, die sich von falschen Ratgebern erklären ließen, welche Segnungen der weltweit freie Handel und der weltweit freie Kapitalverkehr und die weltweite Dienstleistungsfreiheit hervorbringen würden, die dann mit derart vernebeltem Verstand blind und taub geworden waren, für alle Warnungen vor den Folgen der Globalisierung, tragen die Schuld daran, dass sie heute auf den Trümmern der sozialen Marktwirtschaft stehen und nicht wissen, ob Mindestlöhne nützlich oder schädlich sind. Sie wissen ja noch nicht einmal, wofür.
Es fällt verdammt schwer, ruhig zu bleiben.
Gruß
Albrecht
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