Hi black elk!
Habe dazu auch mal ein Buch gelesen (Titel: Der Crash von William K. Klingaman). Es handelt von der Zeit vor und nach dem Börsencrash 1929 und geht neben der reinen Beschreibung was an der Börse geschah auch auf Einzelschicksale ein.
Ich muß dir recht geben. Es ist keineswegs so, daß unmittelbar vor dem Crash 1929 wirklich alle Leute in Saus uns Braus lebten. Den normalen Arbeitern ging es nach wie vor sehr schlecht. Hier ein Auszug aus dem Buch von Seite 212/213:
Ella May Wiggins war ungelernte Arbeiterin in der Baumwollspinnerei der Manville-Jenckes Company ion Loray, einem roten Backsteingebäude in der unmittelbaren Umgebung der hübschen Kleinstadt Gastonia in den Hügeln von North Carolina. Sie war erst 35, doch Sorgen und Erschöpfung hatten schon tiefe Furchen in ihr Gesicht gegraben. Ella May hatte neun Kinder zur Welt gebracht, aber im Sommer 1929 waren nur noch fünf am Leben; die anderen vier hatten Keuchhusten bekommen, als Ella elfeinhalb Stunden täglich an sechs Tagen in der Woche in der Loray Cotton Mill arbeitete und pro Nachtschicht drei Dollar verdiente."Ich bat den Vorarbeiter, mich der Tagesschicht zuzuteilen, damit ich sie pflegen konnte", berichtete sie,"aber er sagte nein. Ich weiß nicht, warum. Also mußte ich den Job aufgeben, und dann war kein Geld für Medizin da, und sie starben einfach. Ich konnte nie etwas für meine Kinder tun, es scheint, ich konnte sie nicht mal am Leben halten. Deshalb bin ich für die Gewerkschaft, damit ich mehr für sie tun kann".
Ella May konnte singen wie ein Engel, und sie konnte ergreifende Texte dichten, und so schrieb sie neue Texte für die alten Lieder der Berge und verwandelte sie in Klagen über das harte Leben in den Spinnereistädten des Südens oder in Hymnen der Hoffnung auf bessere Zeiten.
In den ersten Jahren ds 20. Jahrhunderts hatten immer mehr amerikanische Textilunternehmer ihre Fabriken wegen steigender Kostren von der Ostküste in den Süden verlegt, wo billige weiße Arbeitskräfte und ungezügelte Macht winkten. Bald wurden in den Hügeln von North und South Carolina, Tennessee und Kentucky ganze Fabrikorte errichtet. Die Arbeiter - verarmte Leute aus den Bergen, die der Lockung eines regelmäßigen Lohns, wie niedrig auch immer, folgten - wurden in primitiven Häusern mit drei oder vier Zimmern rings um die Fabrik untergebracht. Die Unternehmen berechneten eine Miete von 50 Cent pro Zimmer und Woche; gewöhnlich gab es keine Inneninstallation, doch für 50 Cent extra pro Woche konnten die Arbeiter ein Waschbecken und eine Toilette mit fließen Wasser auf der"Veranda" hinter dem Haus haben. Der Lohn lag zwischen 12 und 15 Dollar in der Woche. Die meisten Familien ernährten sich von Brot, Melasse, Kartoffeln und Bohnen; wenn sie die Miete gezahlt und die Lebensmittel im Fabrikladen eingekauft hatten, blieb in den meisten Fällen kein Geld für Kleidungsstücke oder Schuhe übrig, die es ebenfalls im Fabrikladen gab. Die an Unterernährung leidenden ausgemergelten Kinder arbeiteten meist schon als neun- oder zehnjährige in der Fabrik, weil es keinen Grund gab, sie zur Schule zu schicken.
Eine Schicht in der Fabrik dauerte 11 bis 12 Stunden. Die Arbeiter der Tagesschicht hatten eine halbstündige Mittagspause, aber die der Nachtschicht mußten von sechs Uhr abends bis halb sechs Uhr morgens durcharbeiten. Die Luft in der Fabrik war heuß und feucht und mit Textilfaserstaub gesättigt. Unfälle waren an der Tagesordnung und gingen die Geschäftsführung nichts an...
Gruß
<font color="#0000FF"> Sascha </font>
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