-->Wie Bauern die Luft verschmutzen
Die Landwirtschaft stösst rund doppelt so viel Stickstoff aus wie der Verkehr. Jetzt fordert eine Kommission strengere ökologische Auflagen. Doch die Bauern wehren sich.
Von Beat Bühlmann
«Die Landwirtschaft muss sich künftig stärker um die Luftreinhaltung kümmern», sagt Ursula Ackermann-Liebrich, die Präsidentin der Eidgenössischen Kommission für Lufthygiene (EKL). Laut dem neusten Bericht dieser Fachkommission ist der Stickstoffausstoss der Landwirtschaft doppelt so gross wie beim Verkehr. Zum Stickstoff zählen die Luftschadstoffe Stickoxid und Ammoniak. Sie schädigen nicht nur naturnahe Ã-kosysteme, sondern beeinträchtigen auch die Gesundheit der Menschen.
«Die Landwirtschaft ist auch einer der Faktoren, der zur Ozonbelastung beiträgt», sagt Ackermann. Es müsse alles unternommen werden, um die Emissionen der Bauern zu reduzieren. «In diesem Bereich gibt es einen starken Nachholbedarf», mahnt die EKL-Präsidentin, die gleichzeitig Professorin am Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Basel ist.
Bauern bisher zu stark geschont
Die Kommission will den Ausstoss von Stickoxid und Ammoniak gegenüber dem Jahr 2000 halbieren. Während die Stickoxide vor allem dem motorisierten Privatverkehr anzulasten sind, wird Ammoniak praktisch ausschliesslich durch den Hofdünger in der Landwirtschaft verursacht. Ammoniak führt zu einer Versauerung und Überdüngung der Wälder. Diese Luftschadstoffe gefährden aber auch empfindliche Ã-kosysteme wie Hoch- und Flachmoore oder artenreiche Naturwiesen. Im europäischen Vergleich gehört die Schweiz zu den Ländern mit dem höchsten Überschuss an Ammoniak.
Bis jetzt sei die Landwirtschaft in Bezug auf die Luftreinhaltung zu stark geschont worden, sagt EKL-Mitglied Fritz Zürcher, Abteilungsleiter beim kantonalen Umweltamt von Appenzell Ausserrhoden. «Wir müssen jetzt vorwärts machen.» Beim Güllenaustrag geht heute rund die Hälfte des Stickstoffs verloren, weil er ungenutzt in der Luft verdunstet. Die Kommission Lufthygiene schlägt deshalb vor, die Güllensilos konsequenter abzudecken und den Hofdünger mit so genannten Schleppschläuchen sorgfältiger auszubringen. Bei diesem Verfahren wird die Gülle nicht mehr auf die Wiesen gespritzt, sondern bodennah verteilt.
Direktzahlungen anpassen
Die Kommission scheut auch vor brisanten Vorschlägen nicht zurück: In intensiv genutzten Landwirtschaftsgegenden - etwa rings um die Mittellandseen - sollen die Tierbestände vermindert werden. Zudem schlägt sie vor, «im Sinne der Kostenwahrheit» die Luftreinhaltung neu als Kriterium bei den ökologischen Direktzahlungen zu berücksichtigen.
Davon wollen die Bauern nichts wissen. «Es ist unvernünftig, den ökologischen Leistungsnachweis zu verschärfen», sagt Thomas Schmid, der beim Schweizerischen Bauernverband (SBV) für Umweltfragen zuständig ist. «Damit würde das Fuder überladen.» Man könne allenfalls darüber reden, wenn diese Leistung zusätzlich entgolten werde.
Nicht bestritten wird beim SBV, dass der Stickstoffausstoss durch die Landwirtschaft zu hoch ist. Das Güllen mit dem Schleppschlauch sei empfehlenswert, sagt Thomas Schmid. Denn die Kosten von 15 000 bis 25 000 Franken seien akzeptabel, weil der Bauer dank dieser emissionsarmen Technik seinen Stickstoff auch effizienter einsetzen könne. Der Bund will in der Agrarpolitik 2011 ebenfalls vorschlagen, die neue Güllentechnik mit einem sechsjährigen Förderprogramm zu beschleunigen.
Entschieden bekämpft der Bauernverband hingegen eine generelle Abdeckpflicht bei Güllensilos. Das koste pro Silo 10 000 Franken und habe für die Umwelt nur eine «homöopathische Wirkung», sagt Schmid. Die Milch könne der Bauer deswegen aber um keinen Rappen teurer verkaufen.
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