Regierung leitet Rettungsmaßnahmen ein.
Taiwans Banken befinden sich nicht in einer Krise. Obwohl die örtliche Presse dies schon herauf beschwört, müssen diese Stimmen als übertrieben bezeichnet werden. Zwar hat der Sektor ernst zunehmende Probleme zu lösen, jedoch sieht die gesamte Situation im Vergleich zu Taiwans Nachbarstaaten noch eher harmlos aus.
Offiziell sind im Oktober "nur" 5,49% der Kredite faul gewesen. Im Vergleich zu Thailand mit 22% oder gar Süd-Korea mit über 30% sieht dies auf den ersten Blick nicht sonderlich schlimm aus.
Leider sind die Werte zwischen den Ländern nicht vergleichbar. In Taiwan werden Kredite als faul bezeichnet, wenn sie mehr als sechs Monate nicht bezahlt wurden. Der international anerkannte Standard liegt aber bei drei Monaten. Außerdem wurden bedeutende Summen an unbezahlten Kredite per Definition nicht in diese Statistik aufgenommen.
Die Schätzung über die eigentliche Größe der nicht bezahlten Kredite variiert deutlich. Während das Finanzministerium von 8,2% aller Kredite oder 30 Mrd. Dollar ausgeht, sind die Schätzungen von US-Investmentbanken mit 15% (Salomon Smith Barney) und knapp 17% (Goldman Sachs) schon beträchtlich höher.
Welche Zahl auch stimmen mag, der Druck auf Taiwans Banken steigt, da das Bruttoinlandsprodukt aufgrund des verschärften weltweiten Wettbewerbs langsamer wächst. Weniger Exporte - insbesondere im bedeutenden Elektronikgeschäft- sowie die schlechte Stimmung bei den Verbrauchern werden das Leben der Finanzinstitute erschweren. Salomon hat eine Liste mit 90 Unternehmen veröffentlich, die in Zahlungsschwierigkeiten kommen könnten.
Die größte Gefahr in Taiwan besteht nun eher darin, dass die momentanen Probleme nicht ernst genommen werden und die notwendigen Reformen ausbleiben. Eine plötzliche Katastrophe wird aber auch in diesem Falle nicht erwartet. Vielmehr könnte dies zu einem langen und schmerzvollen Weg in die wirtschaftliche Stagnation nach japanischem Vorbild führen.
Zum Glück gibt es einige Anzeichen seitens der Regierung, dass Restrukturierungsmaßnahmen noch rechtzeitg in die Realität umgesetzt werden. Ende November wurde ein Gesetz zur Konsolidierung der Finanzinstitute beschlossen. Das Gesetz beinhaltet unter anderem die Fusions- und Übernahmemöglichkeit von taiwanesischen Kreditinstituten durch ausländische Firmen, die staatliche Verordnung von Fusionen von schwachen Kreditinstituten sowie den Aufbau von Vermögensverwaltungen für die Übernahme von faulen Krediten.
Außerdem hat die Regierung mit Hilfe von steuerlichen Anreizen die Banken dazu veranlasst, kreditwürdige Unternehmen weiterhin mit Liquidität zu versorgen. Zusätzlich wurde seitens der Regierung ein 13,4 Mrd.$ schwerer Fonds eingerichtet, der die Kredite von kleinen und mittleren Unternehmen garantieren soll. Somit ist eine Liquiditätskrise vorerst nicht wahrscheinlich. Dennoch besteht noch viel Handlungsbedarf das Bankensystem zu reformieren, aber mit dem Gesetz wurde ein vielversprechender Anfang gemacht.
Autor: Baris Serifsoy, 07:31 19.12.00
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