-->Studie. Hohe Weltmarktpreise schaden den Armen in ölexportierenden Ländern Afrikas.
Was passiert, wenn ein von Bürgerkrieg zerrüttetes Entwicklungsland hohe Ã-lvorkommen besitzt - und plötzlich die Weltmarktpreise für Rohöl in die Höhe schießen? Ein Szenario, das sich bekanntlich derzeit auf den Rohstoffmärkten abspielt. Dient es der Armutsbekämpfung, wenn an den Börsen die Ã-lpreise in die Höhe schießen?
Nein, behaupten drei US-amerikanische Ã-konomen, die den beschriebenen Zusammenhang anhand von Modellrechnungen und Erfahrungswerten aus der blutigen Geschichte Afrikas erforscht haben. Vielmehr verschlechtert sich die Lebenslage der Bewohner solcher Staaten umso mehr, je höher der Ã-lpreis steigt. Denn je mehr sich mit dem Verkauf von Rohstoffen verdienen lässt, desto stärker ist der Anreiz für alle Bürgerkriegsparteien, mit erhöhter Brutalität um die Resourcen zu kämpfen.
Damit steigen die sozialen Kosten des Konflikts: Äcker werden nicht mehr bestellt, arbeitsfähige Menschen greifen zu den Waffen statt zum Werkzeug, volkswirtschaftlich sinnvolle Investitionen in Gesundheits- und Schulsystem finden nicht statt, weil Söldnertruppen höhere Profite abwerfen.
Im Kern der Studie von Michelle R. Garfinkel und Stergios Skaperdas von der University of California in Irvine sowie Constantinos Syropoulos von der Florida International University steht die Frage, warum sich die Entdeckung von Bodenschätzen für Entwicklungsländer fast immer als Fluch entpuppt. Trauriger Beleg für die Theorie vom" Ã-lfluch" ist Nigeria. Seit Shell dort 1958 Ã-lquellen entdeckt hat, verdienten die meist schwer korrupten Regierungen des westafrikanischen Staates mit dem Ã-lexport rund 300 Mrd. Dollar. Die Nigerianer haben davon kaum profitiert: Ihr Durchschnittseinkommen liegt sogar unter dem mageren Mittelwert Schwarzafrikas. Unruhen zerrütten das Land. Regelmäßig bilden sich Schlangen vor Tankstellen, weil sich die Eliten nicht dazu veranlasst fühlen, den Bau von Raffinerien voranzutreiben.
Das Problem von Staaten wie Nigeria ist die hohe Ineffizienz der persönlichen Rechtsdurchsetzung, schreiben die Forscher. Einfach ausgedrückt: Wo Besitzverhältnisse und Nutzungsrechte eines derart wertvollen Gutes wie Ã-l weder klar geregelt noch einklagbar sind, regiert das Faustrecht.
Das führt zu einem makaberen Phänomen: Bürgerkriege werden vorfinanziert. So bekam der Rebellenführer Laurent Kabila Kredit von internationalen Montangesellschaften, indem er ihnen im Voraus Schürfrechte für den Fall zusagte, dass seine Truppen jene des zairischen Diktators Mobutu Sese Seko besiegten (was auch gelang). Denis Sassou-Nguesso, der frühere Präsident von Kongo-Brazzaville wiederum gab sogar offen zu, seine Privat-Milizen durch den Verkauf künftiger Ã-lförderverträge finanziert zu haben.
Fazit der Studie: Wo Bürgerkrieg und Despoten herrschen, ist Freihandel nicht jener Heilsbringer, als der er sich in traditionellen Modellen darstellt. Rezepte dagegen gibt es: Mehr Druck der Staatengemeinschaft, Bürgerkriege zu beenden; ernsthafte Bodenreformen; und vor allem: Einzug der Rechtsstaatlichkeit in die finsteren Winkel der Welt.
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