-->Goldman Sachs brachte vor mehr als zwei Jahren die BRIC-Welle ins Rollen. Nun legt man mit N-11 (Next 11) nach.
Das PhĂ€nomen ist nicht neu, auch in den 90er Jahren war man nach massiven Kursanstiegen in SĂŒdostasien und Lateinamerika auf Entdeckungsreise nach âĂŒbersehenenâ Börsen in SchwellenlĂ€ndern gegangen, und manche hatten damals angekĂŒndigt, dass LĂ€nder wie Sri Lanka und Pakistan die nĂ€chsten Shootingstars sein wĂŒrden. Wir wissen heute, dass solche Prognosen eher Wunschdenken als RealitĂ€t waren, und sind in diesen Tagen dennoch mit einer neuerlichen âEntdeckungswelleâ konfrontiert. Was diesmal jedoch interessant ist, ist die Quelle: Kein Geringerer als das US-Investmenthaus Goldman Sachs kĂŒndigt in einer aktuellen Analyse die Nachfolger von âBRICâ an. Die Goldman-Analysten Jim OâNeill, Dominic Wilson und Roopa Purushothaman hatten im Oktober 2003 mit der Publikation einer Langzeitprognose fĂŒr die Weltwirtschaft mit dem Titel âDreaming with BRICs: Der Weg bis 2050â wesentlich zu der heute noch anhaltenden Begeisterung fĂŒr die Börsen in Brasilien, Russland, Indien und China beigetragen. Nach anfĂ€nglichem Zögern kann sich heute kaum eine der groĂen Fondsgesellschaften dem Thema BRIC entziehen. Sieben KAGs haben bereits ein BRIC- oder seit kurzem auch BRICK-Produkt (K steht hier fĂŒr Korea) aktiv im Vertrieb. âAnfĂ€nglich war ich selbst skeptisch, ob ein BRIC-Fonds bei unseren Kunden auf Interesse stoĂen wird, doch innerhalb kĂŒrzester Zeit hatten wir ein Volumen von ĂŒber 100 Millionen Euro im Fondsâ, erklĂ€rt Mercedes Schoppik von Schroders, die seit November 2005 den BRIC-Fonds in der Palette hat. Insgesamt verwalten die BRIC/K-Fonds nun bereits ein Volumen von ĂŒber sechs Milliarden Euro - Tendenz steigend.
Besser als erwartet
So erklĂ€rt auch OâNeill, Head of Global Economic Research bei Goldman Sachs, in einem aktuellen Bericht: âAls wir damals unseren BRIC-Ausblick fĂŒr 2050 erstellten, hatten wir nicht mit einem derartig rasanten Wachstum gerechnet.â Innerhalb kĂŒrzester Zeit hĂ€tten sich alle BRIC-Staaten auf einem rasanten Wachstumspfad befunden, den sie auch in Zukunft - da ist OâNeill sicher - nicht so rasch verlassen werden. Im aktuellsten Ausblick gehen die Goldman-Analysten davon aus, dass die BRIC-Staaten in weiterer Folge die im Jahr 2003 erstellten Erwartungen sogar ĂŒbertreffen werden. Heute meint OâNeill, dass sein damaliger Ansatz zu konservativ war. Zwar gibt er zu, dass die positiven wirtschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen mit ausschlaggebend fĂŒr das Wachstaum waren - allerdings sind die BRIC-Staaten an dieser Entwicklung auch selbst stark beteiligt. So habe allein China seit dem Jahr 2000 mehr zur globalen Nachfrage beigetragen als die gesamte EU.
Gibt es noch mehr BRICs?
Und Goldman Sachs hat sich inzwischen auch mit der spannenden Frage beschĂ€ftigt, ob es da drauĂen noch mehr BRICs gibt. Um eine weitere Gruppe an potenziellen Nachfolgern ausfindig zu machen, hat man fĂŒr eine Reihe von Volkswirtschaften Prognosen bis zum Jahr 2050 erstellt und die aus heutiger Sicht attraktivsten Kandidaten zu einer Gruppe zusammengefasst. âDiese Gruppe haben wir als,Next 11â oder kurz,N-11â bezeichnetâ, erklĂ€rt OâNeill. Diese elf heiĂen: Ăgypten, Bangladesch, Indonesien, Iran, Mexiko, Nigeria, Pakistan, Philippinen, SĂŒdkorea, TĂŒrkei und Vietnam.
Dass diese jĂŒngste Analyse einen Ă€hnlichen Boom auslöst, wie man ihn bei BRIC gesehen hat, ist allerdings vorlĂ€ufig unwahrscheinlich. Auch OâNeill stellt klar, dass man die BRIC-LĂ€nder ganz klar als die LĂ€nder mit dem höchsten Wachstumspotenzial ansieht. âNur Mexiko und Korea haben unter den N-11-LĂ€ndern das Potenzial, den BRICs Konkurrenz zu machen, da deren Wirtschaft weitaus besser entwickelt ist. Mexiko könnte etwa im Jahr 2050 die gleiche wirtschaftliche Bedeutung haben wie die BRIC-Staatenâ, erklĂ€rt OâNeill. Korea und Mexiko verfĂŒgen auch ĂŒber das höchste Einkommens-Level innerhalb der N-11-Gruppe: So liegt das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Mexiko bei 7000 und in Korea schon bei 17.000 US-Dollar. âKorea Ă€hnelt heute bereits mehr einem entwickelten Staat als einem Entwicklungsland. Allerdings gehen wir davon aus, dass Korea in einigen Jahren mit demografischen Problemen zu kĂ€mpfen haben wird, da die Bevölkerungsanzahl im erwerbsfĂ€higen Alter ab 2010 rapide sinken wird.â Trotzdem befindet sich Korea bereits seit lĂ€ngerer Zeit im Fokus der Produktmanager; immerhin werden derzeit bereits sechs Korea-Fonds angeboten.
Eine Ăberraschung ist eher die âNominierungâ von Mexiko zum potenziellen BRIC-Nachfolger. Bei genauerer Betrachtung gibt es allerdings viele Faktoren, die fĂŒr den US-Nachbarn sprechen. UnabhĂ€ngig von den politischen VerĂ€nderungen, die die aktuell anstehenden Wahlen mit sich bringen könnten, zieht das Wirtschaftswachstum in Mexiko weiter an. So erklĂ€rt etwa Jules Mort, Fondsmanager des Threadneedle Latin America Fund, in einem aktuellen Kommentar: âAufgrund der weltweit hohen Ă-lpreise und der niedrigen Inflation konnte die Zentralbank Mexikos die Leitzinsen senken. Zudem ist Mexiko ein bedeutender Ă-lexporteur, und die Wirtschaft entwickelt sich in einem Wahljahr stets ĂŒberdurchschnittlich gut. Niedrigere Leitzinsen, eine lockerere Fiskalpolitik und höhere Bankenkredite haben sowohl den Konsum als auch den Immobilienmarkt beflĂŒgelt. Ferner bildet sich in Mexiko allmĂ€hlich eine neue Mittelschicht heraus. Der Aufschwung der Wirtschaft hat fĂŒr fast alle mexikanischen Unternehmen positive Folgen.â OâNeill geht jedenfalls davon aus, dass Mexiko im Jahr 2050 hinter China, USA, Indien, Japan und Brasilien die sechstgröĂte Volkswirtschaft der Welt sein wird - noch knapp vor Russland. Bis dahin könnten auch LĂ€nder wie Indonesien, Nigeria und Korea Italien und Kanada ĂŒberholt haben. Alle anderen Staaten werden es nach EinschĂ€tzung von Goldman Sachs nicht schaffen, zu den heutigen G7-Nationen aufzuschlieĂen. Im Jahr 2025 werden die meisten BRIC- und N-11-Staaten die Einkommensgrenze von 3000 US-Dollar durchbrochen haben - dies wird laut OâNeill zu einem entscheidenden Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Verbrauchs fĂŒhren.
Um vom Potenzial der N-11-LĂ€nder zu profitieren, bleibt derzeit nur die Möglichkeit, in einen weltweit anlegenden Emerging-Markets-Fonds zu investieren oder sich mit den momentan am Markt befindlichen BRIC- und LĂ€nderfonds zufrieden zu geben. So gibt es aktuell nur fĂŒr fĂŒnf LĂ€nder der N-11-Staaten auch Einzelfonds. Es wird mangels funktionierender KapitalmĂ€rkte in einzelnen N-11-Staaten wohl auch noch einige Zeit dauern, bis ein eigener N-11-Fonds aufgelegt werden kann. Wer den BRIC-Boom verpasst hat, sollte aber zumindest die Augen offen halten, um das nĂ€chste Mal möglichst frĂŒh dabei zu sein.
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