-->Fusionen - die Treibjagd ist eröffnet
VON WERNER VONTOBEL
14.07.2006 | 16:46:35
Die Fusions-Fonds rüsten auf. Allein dieses Jahr stehen rund 1500 Milliarden Dollar zur Übernahme von Firmen zur Verfügung. Die Folgen konnte man diese Woche bei der Rückversicherungsgesellschaft SwissRe beobachten. Dort sollen 2000 Stellen gestrichen werden.
Die Treibjagd ist eröffnet. Die Meuten haben sich formiert. Die grösste unter ihnen heisst Blackstone. Der US-Investor hat diese Woche einen Fonds mit 15,6 Milliarden Dollar Eigenkapital auf die Beine gestellt. Das reicht, um im Bedarfsfall weitere 65 Milliarden Dollar Bankkredite aufzutreiben. Insgesamt stehen dem neuen Blackstone-Fonds damit rund 80 Milliarden Dollar zur Verfügung. Einziger Zweck der Übung: Firmen aufkaufen und schnelle Gewinne realisieren. Der Übernahme-Fonds von 6,45 Milliarden Dollar (Eigenkapital), den Blackstone vor vier Jahren aufgelegt hat, soll nach eigenen Angaben bisher einer jährliche Rendite von 63 Prozent (!) eingebracht haben.
Kein Wunder jagt Blackstone diese fette Beute nicht allein: Vergangene Woche hat Permira, Europas Marktführer im Übernahmegeschäft, einen Fonds mit 11 Milliarden Euro Eigenkapital aufgelegt. Der Branchendienst Private Equity Intelligence schätzt, dass 2006 über 300 Milliarden Dollar in so genannte Übernahme-Fonds fliessen werden. Zusammen mit dem Fremdkapital ergibt das eine geballte Kaufkraft von rund 1500 Milliarden Dollar - fast doppelt so viel die der Gesamtwert aller Firmen an der Schweizer Börse. Theoretisch könnte man damit 60 Prozent aller an der Deutschen Börse kotierten Firmen aufkaufen.
Diese geballte Kaufkraft wird die Preise für die übernommenen Firmen in die Höhe treiben. Wozu das führen kann, zeigt das Beispiel der Rückversicherungsgesellschaft Swiss Re. Sie hatte im Dezember für fast 10 Milliarden Franken den Versicherungsbereich von General Electric gekauft. Dadurch sollten 1000 bis 1700 Stellen eingespart werden können. Entgegen den Erwartungen misstrauten die Börsen den grossspurigen Ankündigungen. Statt wie erhofft massiv zu steigen, sank der Kurs der Swiss Re-Aktie von 100 auf 86 Franken. Wohl aus diesem Grund hat die Swiss Re diese Woche bekannt gegeben, dass sogar 2000 Stellen (jede sechste im Gesamtkonzern) eingespart werden können. Die Börse blieb unbeeindruckt. Der Kurs sackte sogar noch leicht ab.
Offenbar befürchtet die Börse, dass Swiss Re durch die Rosskur personell ausgeblutet wird. Wie etwa der Zürcher «Tages-Anzeiger» berichtet, ´ist die Belegschaft verunsichert, die Stimmung ist im Sinken begriffen, und bereits springen die ersten Leute ab. Ein Schweizer Manager, der für Swiss Re in Fernost tätig und jetzt zur Konkurrenz wechselt, meinte auf Anfrage, er habe die Nase voll vom Grosskonzern. Bei Swiss Re herrsche das Chaos.´
Doch Fusionen können die betroffenen Firmen nicht nur personell, sondern auch finanziell aushöhlen. Die Übernahme-Fonds erzielen ihre hohen Renditen nämlich üblicherweise, indem sie zulasten der übernommenen Firmen Schulden aufnehmen und sich das so erhaltene Geld als Sonderdividende auszahlen. Auf diese Weise fliesst das investierte Geld bereits nach sechs bis zwölf Monaten wieder in die Übernahme-Fonds zurück, und von dort an deren Teilhaber.
Dann wird ein neuer, noch grösserer Fonds aufgelegt
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