-->Lieber spartakus,
## ich muss Dir leider Widersprechen ##
Darauf lege ich allergrößten Wert, wirklich.
## Was ich allerdings anprangere, eine Wahlbeteiligung von 60% kann ich als demokratischen Meinungsprozess nicht akzeptieren. ##
Warum nicht, wenn es der mündige Bürger für sich selbst so entschieden hat? Gefallen hat es mir auch nicht, aber ich muss es hinnehmen.
## Hier sehe ich jedoch bei den Parteien weniger"Schuld" als bei den Medien, aber das auszuführen, führt sicher zu weit. ##
Stimmt, denn die Schuldfrage ist oft genug eine unlösbare Frage. Nur leider muss ich an dieser Stelle sogar sehr heftig widersprechen. Es gibt eine bestimmte Menge an Bürgern, die zu einer Wahl, wie die hier diskutierte, zugelassen ist. Zugelassen impliziert - verdammt, wie heißt der deutsche Ausdruck, egal - das impliziert, das es ein Angebot an die Wähler ist, kein Zwang. Da sind wir uns doch hoffentlich einig. Und es lässt die Möglichkeit zu, sich freiwillig!! an der Wahl zu beteiligen, eine Partei zu wählen, oder sich nicht daran zu beteiligen. Das ist wohl auch unstrittig.
So, ein zu großer Teil der Wähler hat sich dazu entschieden an dieser Wahl nicht teilzunehmen. Das ist ihr gutes Recht. Meine Gründe dazu, die ich genannt habe, waren bewusst leicht überspitzt formuliert, aber trotzdem ein Teil der Wahrheit. Warum also sollten die Wähler, nach deinem Modell, dafür bestraft werden, das sie zur Wahl gegangen sind, und dem Nichtwähler wird eine Motivlage unterstellt, die bei den meisten von denen schlicht und ergreifen nicht da ist.
Der Nichtwähler ist für seine Entscheidung einzig und allein selbst verantwortlich und kein anderer.
Aus, ist so, tut mir schrecklich leid, aber es ist so. Über die Ursachen dieser Haltung, ob meine unterstellte Blödheit, die grenzenlose Faulheit, das Desinteresse oder tiefsitzende Überzeugungen, nach reiflicher Abwägung, darüber können wir diskutieren, aber bei 40% Nichtwähler zu unterstellen, das das die Durchblicker sind und die Wähler die Trottel, das wäre haarscharf an der Realität vorbei.
## Ich habe Dich da etwas gekürzt, weil Du imho auch zu weit gehst. Letztlich betrachte ich persönlich eine Wahl wie vieles andere, wer sich wie ein Schaf verhält, darf sich nicht wundern wie ein Schaf behandelt zu werden.##
Gut, es ist schade wenn du es so siehst. Ich meine, über eine gezielte Beeinflussung der Bevölkerung, die die Besonderheit einer demokratischen Wahl hochhält, das Privileg dafür, den Stolz dafür weckt, daran teilnehmen zu dürfen, damit könnte man vieles erreichen. Ein breites Angebot sich eine passende Partei auszusuchen, das gibt es ohne Zweifel.
## Wem das Spektrum nicht reicht, der kann eine eigene Partei gründen und sei es die Piratenpartei oder die APPD. ##
Auf diesen Vorschlag, sich in der Parteienlandschaft zu beteiligen oder selbst eine Partei zu gründen wäre ich später gekommen, bei einigen Antworten, auf die ich immer noch warte.
## Denn es bliebe der symbolhafte Vorwurf, warum erreicht man diese Menschen nicht mehr. ##
Mehr, als die modernsten Erkenntnisse der Werbeindustrie anzuwenden, um den Bürgern die Beteiligung an einer Wahl schmackhaft zu machen geht doch schon gar nicht mehr. Und diese Anstrengungen sind über die Medien und über die Partein erfolgt, monatelang vorher, sehr intensiv Wochen vor der Wahl. Wenn das alles nichts mehr bringt, dann sind wir in der Rolle eines Arztes, der einem Todkranken eine Medizin verabreicht, der Sterbende sich innerlich dagegen wert und somit die Medizin keine Wirkung erzielt. Warum das so ist, das demokratische Wahlen, bei der Vielfalt des Angebotes, keine Resonanz finden, das weiß ich auch nicht. Ich bin bei dieser Frage am Ende meines Lateins.
## Einzig auf die Medien könnte ich Tag und Nacht dreinschlagen, aber als Chomsky-Adept ist das vermutlich normales Verhalten und ich habe kein Problem damit eine 1% Minderheit zu sein und den Mehrheitswillen zu akzeptieren.##
Ein glühender Anhänger von Chomsky bin ich auch, aber dieser Mann hat die Fähigkeit eine politische Fehlentwicklung sehr sachlich, streng logisch, auf den Punkt zu bringen und um etwas anderes bemühe ich mich auch nicht, ohne seine Meisterschaft zu erreichen, keine Frage. Aber, diese strenge Analyse nur auf die zu richten, die zeitweilig die Richtlinien der Politik bestimmen, das meine ich, wäre auch nicht im Sinne von Chomsky. Etwas mehr an Objektivität, die hat er selbst schon durchblicken lassen und die sind wir beide dem todkranken Mann auch schuldig.
## Es gibt keine bürgerlichen Freiheiten mehr in Deutschland.##
Falsch. Das was hier gerade machen ist ein Teil der bürgerlichen Freiheiten. Und dein gutgemeinter Vorschlag von oben, wenn alle Stricke reißen eine neue Partei zu gründen, ist es ebenso. Also ist deine Aussage Falsch.
## Ich bin ein relativ unpolitischer Mensch, zumindest die Innenpolitik interessiert mich gegen Null. ##
Glaube ich nicht, denn einen Rest an Menschenkenntnis, selbst wenn derjenige schreibt, ich ihn also nicht sehe und höre, habe ich mir bewart. Somit kann du solche kleinen Floskeln bei mir ruhig weglassen.
## Was jedoch Freiheiten angeht, damit ist Schluß. ##
Falsch. Wenn du dir in einem Zustand der Selbsthypnose diese Formel einredest und deinen Verstand danach ausrichtest, dann ist das schade und sehr bedauerlich, ändert aber nichts daran, das deine Aussage falsch ist. Bitte überprüfe sie. Ansonsten nenne ich dir hunderte von Beispielen, bei denen beinahe eine grenzenlose Freiheit bewiesen wird, die du in Deutschland wahrnehmen und genießen kannst. Das dieses Recht, die Möglichkeiten dazu in der Praxis anstrengend sein können, eine Menge an Vorwissen und Zeit erfordern, das ist unbenommen. Viele Bürger nehmen sich auch die bürgerlichen Freiheiten heraus, jeden Tag und jede Stunde, ohne das ihnen das bewusst wäre.
## Eine Entwicklung die meiner Meinung nach, keine 5% der Gesellschaft derzeit verstehen, weil die Materie komplex ist. ##
Ach Spartakus, so komplex ist sie nun auch wieder nicht. Sie ist zeitraubend und aufgebläht, das mag sein, aber komplex? Den Allwissenden, den Alleskönner, den gibt es nicht, zum Glück. Gefährlich sind die, die sich ihre Schwächen nicht eingestehen wollen.
## Wir stehen vor einem Überwachungsstaat gegen den Orwells Visionen oder die bisherigen Auswüchse einfach Kinderkram sind.##
Reine Verschwörung, nehme ich dir nicht ab. Demokratische Standartprozesse werden automatisiert, das stimmt. Ob an den Stellen, wo Menschen mit den Daten der Kontrollen, damit sachgerecht umgehen, diese Problem stellt sich nicht erst seit der Überwachung mit Hilfe von Kameras und Mikrofonen auf allen öffentliche Straßen und Plätzen. Ich wäre der Allerletzte, der deinen angedeuteten, möglichen Missbrauch dieser Daten bestreiten würde, aber vor dem unbedingten Willen sich die Macht zu verschaffen, davor waren schon die Menschen in den bekannten Großreichen nicht geschützt. Die wurden auch ohne Elektronik mit ihrem Gold aufgespürt, gestellt, ausgerottet und ihrer Reichtümer beraubt. Zu guter letzt entscheidet immer ein Mensch oder eine Menschgruppe, mit ihrem Willen, was sie wollen. Ob sie es durchsetzen können hängt u.a. auch von uns desinteressierte Bürgern ab. Die Demokratie und die bürgerlichen Freiheiten sind keine Selbstläufer. Darauf hat keine Nation mit ihren Bürgern einen Rechtsanspruch.
## Wenn das real wird, die Konsequenzen kann ich mir nicht mal als Informatiker ausmalen, ich weiß nur, dass es eine Welt sein wird in der ich nicht mehr leben möchte. ##
Ich würde dir autogenes Training vorschlagen, dort gibt es Formeln, die deinen Berufspessimismus etwas dämpfen helfen, habe ich mir sagen lassen. Was meinst du wohl, ich, als alt gewordenes Nilpferd, wie oft ich selbst diesen Standpunkt vertreten haben und wie oft ich den von anderen im Laufe meines Lebens gehört habe, den jederzeit drohenden Weltuntergang. Ich habe so viele von den vielen Weltuntergängen unbemerkt überlebt, diese Weltuntergänge langweilen mich nur noch.
##Aber ich bin auch kein Aufklärer, da bin ich egozentrisch, wenn die Masse ihren Überwacher wählt, soll sie ihn bekommen.##
Was ist das, der Versuch sich elitär zu geben, Schade.
## Mein Verdacht geht dahin, dass die meisten Menschen einfach spüren was vor sich geht, auch wenn sie es nicht artikulieren können und sich abgeschottet haben. ##
Nun, nun oben unterstellst du einen graue Einheitsbrei, und nur 1% haben den Durchblick und hier versuchst du, politisch korrekt, den gemeinen Mann auf der Straße wieder in Schutz zu nehmen, ihn als ansprechbar darzustellen, das sind ganz schöne Sprünge, von einem Ufer zum anderen.
## Daher rührt sicherlich auch teilweise die hohe Nichtwählerquote, neben der banalen Erkenntnis von der realen Politik nicht mehr vertreten zu werden. ##
Und das ist falsch. Genauso wie die Scheinerklärung, die die Eigenverantwortung des Einzelnen verkleistert, die Parole von der Wählermüdigkeit. Alles Unsinn, reine Drückebergerei, weil man den Nichtwählern ihre Blödheit nicht offen ins Gesicht sagen will.
## Aber letztlich ist es müßig in den Motiven von Nichtwählern herumzustochern,##
Falsch, mit diesem Stochern wird Politik gemacht, Gesetze verabschiedet.
## zur Kenntnis, auch in den Parlamenten sollte man dies imho jedoch nehmen. Alles andere ist Selbstlüge.##
Auch falsch. Das ist ein Dauerthema in den Parlamenten, wenn du dir mal die einschlägigen Debatten in den Länderparlamenten und im Bundestag ansehen würdest. Allerdings wird doch da tatsächlich noch über etwas anderes gesprochen, als über die Menge der Wahlenthaltungen. Es gibt noch anderes was geregelt werden muss, als den trägen Nichtwählern hinterher zu rennen
## Ich bin West-Berliner (aus Charlottenburg) Bj70 und bin mit 21 Richtung West-Deutschland abgezogen,##
Zeige mir die Stelle, an der ich behauptet habe, das du in der ehemaligen DDR groß geworden bist. Ich finde keine. Wenn du dir jedoch eine Jacke anziehen willst, die dir nicht passt, dann kann ich dich nicht daran hindern. Schade.
Entschuldige bitte, wenn ich deinen interessanten Lebenslauf, der dich auch in die EX - DDR verschlagen hat, hier verkürze. Ich halte dir entgegen, das auch ich in Berlin groß geworden bin, als es die Mauer noch nicht gab, im Gesundbrunnen, mit einem völlig natürlichem hin und her in Berlin, vom Wedding nach Pankow und zurück. Das gehörte zu meinem Alltag als Kind. Als dann von den Kommunisten die Mauer gebaut wurde haben wir danach jede Gelegenheit genutzt, mit gefülltem Kofferaum, unsere Verwandten in Thüringen zu besuchen. Auch nach der Grenzöffnung hatten wir, wie viele andere Berliner aus dem Westteil, sofort die Möglichkeit ergriffen unsere Verwandte zum ungehinderten Wiedersehen zu treffen. Nur leider haben sie uns nach etrwa zwei Stunden durch die Blume gesagt, das eigentlich alle Kofferraumladungen, die wir vorher zu ihnen gebracht hatten, einschließlich der heißbegehrten Quellekataloge, für die Katz waren, denn ein Teil der Produkte waren ja nur von ALDI. Und damit du nicht gleich ein neues Haar in der Suppe findest, auch ich habe auf der FW Lichtenberg, gleich 1989, freiwillig die notwendige Anpassungsarbeit zwischen dem Ost- und dem Westteil geleistet, die Feuerwehren Ost - und Westberlin auf einen Gleichstand zu bringen. Und du glaubst es nicht, was ich in nächtelangen Gesprächen mit meine neuern Kollegen aus der SBZ, im Angesicht der Stasigebäude in der Normannenstraße, alles über die Lebensweise unter der scheinbar so heilen Oberfläche in der DDR erfahren habe. Ein Sittengemälde, über das auch ich ein Buch schreiben könnte. Schön war es nicht, das kann ich dir versprechen. Bitte, bitte nicht das abgedroschenen Lied von der Solidarität der Menschen untereinander, das ödet mich an. Somit geben ich dir die fehlenden Kenntnisse über die Verhältnisse in der Ex - DDR gerne wieder zurück. So toll, wie unsere westdeutschen Vorzeigekommunisten es uns immer weismachen wollten, das war es bei weitem nicht.
##Zu leugnen, dass es nach wie vor ein getrenntes Berlin gibt, ist für mich schlicht Realitätsverweigerung. ##
Habe ich auch nicht geschrieben. Ich habe dir nur vorgeworfen, das du diese künstliche Zwietracht mit deiner Statistik zum Wahlverhalten auch noch unterstützt. Mehr nicht und dabei bleibe ich. Ich will wissen wie die Menschen in Brandenburg, in Thüringen oder Mecklenburg gewählt haben und nicht, ob die Fahrschüler in Ostdeutschland durchschnittlich zehn Fahrstunden länger brauchen zur Erlangung eines Führerscheines, wie auch schon von mir gelesen. Ob irgendein Landstrich in der Lüneburger Heide oder in Ostfriesland ein ungewöhnliches Wahlverhalten zeigt, ist üblicherweise keiner Erwähnung wert, zumal deren Wahlverhalten auch nicht als Nord - Südkonflikt abstrahiert wird. Da würde sich jeder vor lachen auf die Schenkel klopfen.
## Ich habe in Westphalen, in Baden oder Bayern gewohnt, die Unterschiede sind marginal im Verhältnis zu den Unterschieden zwischen Brandenburg und jedem beliebigen Westland.##
Quatsch. Die Unterschiede zwischen großen landwirtschaftlich genutzten Teilen in Niedersachen und den Städten der Hochtechnologie in Bayern oder in NRW, die sind gewaltig. Nach sechsundzwanzig Jahren Wiedervereinigung hat sich die völlig normale Verteilung zwischen sehr wohlhabenden und weniger wohlhabenden Bundesländern eingespielt und das wird nie anders sein. Ich könnte dir Wohn- und Geschäftsbereiche um Großbeeren oder in Potsdam, in Brandenburg, zeigen, dort wird Geld vom allerfeinsten verdient und die Häuser und des Freizeitangebot kann mit vielen westdeutschen Gemeinden mithalten. Verfalle also nicht in die bekannte Säuglingsstarre der Brandenburger Dauergrantel. Was die Westdeutschen uns Berlinern im Westteil und den neuen Bundesländern über Jahre an Steuergeldern opfern mussten, das ist schon ein käftiges Danke wert und nicht diese miesepetrige Dauerneckerei. Da ich aus Berlin komme weiß ich wovon ich spreche, versuche also gar nicht erst mir ein X für ein U vorzumachen.
## Oder den Unterschieden zwischen Ost und Westberlin. Das zu leugnen, zeugt für mich nur von blanker Unkenntnis. ##
Das sei dir unbenommen. Auch diese Aussage ist falsch. Es gibt inzwischen Wohnbezirke in Berlin - Ost, z. b. Karlshorst und Neukölln mit gewaltigen Unterschiede.
Ich will dir mal ganz offen sagen, als Kojote aus dem Gesundbrunnen, über den Daumen gepeilt hat es sicher fünfundzwanzig Jahre gedauert, ehe ich die feinen Pinkel im Norden Berlins, in Frohnau, besucht hatte, von Dahlem gar nicht erst zu reden. Aber als ich dann tatsächlich mal öfter dort war ist mir zwischen dem Wedding und Frohnau auch so einiges aufgefallen, an Unterschiede, in der Art des Wohnens, aber auch wie die Leute dort miteinander gesprochen haben. War das ein wichtiger Unterschied? Zwischen dort wo die Reichen und Schönen wohnen, wird es immer einen merkbaren Gegensatz zu den sozial schwachen Wohnbezirken geben. Mache also auch hier aus dem Ost - West - Scheinproblem nicht aus einer Mücke einen Elefanten.
## Um keine Zeit zu verschwenden, ich glaube Du hast keinerlei Ahnung vom Denken der Menschen im Osten. ##
Den Hinweis gebe ich dir, als einem der wegen verandschaftlicher Bindungen zu diesem Thema befangen ist, gerne wieder zurück. Ich behaupte, ich habe sogar soviel Einblick in das Leben in der ehemaligen russisch besetzten Zone, davon kannst du nur träumen. Aber, passe nur auf, das daraus kein Alptraum wird.
bis denne
eisenherz
PS: Dein langer Bericht über den Drogenhintergrund hat mir sehr gut gefallen.
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