-->Hi,
ich hatte vor kurzem hier schon mal erläutert, was die Nazis unter derartigen"Deportationen" verstanden: die Bildung von Reservaten unter Aufsicht der SS, in denen die Juden mehr schlecht als recht dahinvegetieren konnten. Was ihnen sicher nicht vorschwebte, war die autonome jüdische"Staatsbildung" in Madagaskar, Palästina oder gar vor der Haustüre des Reiches in den eroberten Gebieten Russlands.
Desweiteren ist folgendes interessant: das von tassie und mir diskutierte Haavara-Agreement, welches den jüdischen Vermögenstransfer nach Palästina ermöglichte, war in zionistischen Kreisen extrem umstritten, vor allem wegen der Befürchtung, dass im Zuge dieses Agreements nun diverse europäische Länder (allen voran Polen) versuchen könnten, ähnliche Modelle ins Leben zu rufen, um sich ihrer Juden zu entledigen. Die Hauptwidersacher innerhalb der Zionisten waren demnach auch die"Revisionisten", die kaum Interessen in dem sich abzeichnenden jüdischen Quasi-Staat in Palästina (Yishuv) vertraten, sich dafür aber primär aus den kleingewerbetreibenden Juden Polens und Osteuropas zusammensetzten.
Die ganze Haavara-Thematik, iVm dem versuchten jüdischen Boykott gegen Nazi-Deutschland und sich den in der Folge noch ergebenden Deportationsversuchen nach Madagaskar, Uganda oder Russland ist in der Tat extrem interessant, weil eine völlige andere Story als der angebliche durchgehende"Vernichtungswille" der Nazis.
Übrigens auch noch interessant, im heutigen Nahost-Kontext, wenn man sich mal die politischen Reden der damaligen Zeit innerhalb des zionistischen Lagers hinsichtlich Palästina ansieht: demnach war es bereits anno 1933 völlig sonnenklar, dass die Landmasse Palästinas nie und nimmer ausreichen würde, um ein friedliches Nebeneinander zwischen Arabern und Israelis zu erlauben. Insoferne haben die Briten und die UN da in 1948 einen dramatischen Fehler begangen, dessen tragische Folgen selbst und vor allem heute noch eigentlich schon damals vorherzusehen waren. Oder anders ausgedrückt: die Israelis werden niemals akzeptieren, in die Grenzen von 1967 oder 1948 zurückzukehren, weil ihnen dann schlicht der"Lebensraum" fehlt... dieses Problem des"Lebensraums" hatte bekanntlich ein deutscher Reichskanzler schon mal 70 Jahre früher... ist Geschichte nicht verrückt? Wer also heute sagt, er"bejahe das Existenzrecht des Staates Israel" kommt eigentlich fast nicht umhin, im Nachsatz zu erläutern, wie er dann die Platzknappheit (mal ganz abgesehen von symbolisch-religiösen Them wie Jerusalem) lösen will, vor alle angesichts der Youth-Bulbe-lastigen arabischen Anrainer.
>Hi weissgarnix,
>sehr interessante Spur und es könnte wohl sehr viel Wahrheit drin stecken. Obwohl mir nicht klar, wieso die Nazis die Umsiedlung der Vernichtung vorzuziehen schienen."Schädlinge" sind keine Feldhamster, das"Übel der Welt" wird doch nicht dadurch aus der Welt geschafft, in dem ich es hinter die sieben Berge umsiedle, oder?
>Ein Feind, der nur vertrieben wird, kann irgendwann wiederkommen. In die Logik der Heilsbringer passt die Umsiedlungsphilosophie meines Erachtens nicht rein. Hatten die Nazis doch Manschetten und trauten sich zunächst nicht, was sie dann doch in die Wege leiteten, als sich alles so ergab (Juden in den Osten transportieren aber dann nicht weiterschicken können, weil die Front zurückwich)?
>Geschichte ist doch immer wieder komplizierter als man im Nachhinein denkt ;-)
>Beste Grüsse,
>Holmes
|