-->Hi,
diese „falsche“ Zählweise scheint eine Spezialität der germanischen Sprachen (gewesen) zu sein, siehe z.B.:
Altenglisch: ân en twentig = 21.
Auch Altnordisch kannte neben tuttugu ok einn = 21 die Form einn ok tuttugu.
Nur im Gotischen gibt es für die Voranstellung der Einer ab 20 keine Belege, dort heißt 21 (im Nominativ): twai tigus jah ains. Die Zahlen 11 bis 19 wurden jedoch wie in allen anderen germanischen Sprachen gebildet, z.B.: twa-lif = 12, fimf-taihun = 15.
Der Grund, warum sich dieses Phänomen, soweit bekannt, auf die germanischen Sprachen beschränkt, dürfte folgender sein: Früher wurden Zahlen meistens in der Weise benutzt, daß etwas abgezählt wurde, also „1, 2, 3...“. Dabei lag im (späteren) Germanischen die Betonung (stärkere Schallfülle) auf der ersten Silbe eines Wortes, so daß sich automatisch eine Voranstellung des abgezählten Einers ergab (in Sprachen mit anderen Betonungen - Tonhöhe statt Schallfülle, nicht auf eine Silbe festgelegt - ergab sich eine solche Zwangsläufigkeit offenbar nicht).
Daß sich dies heute auf auf das Sprachgebiet des Deutschen (einschließlich des Niederdeutschen, siehe een’ntwintig) und Niederländischen beschränkt, mag daran liegen, daß die obige germanische Betonung hier am deutlichsten ausgeprägt ist (in Skandinavien dagegen ist die Betonung differenzierter und „musikalischer“) und sich möglicherweise erst von hier ansässigen, ursprünglich nichtgermanischen Stämmen (sog.„Nordwestgruppe“, etwa in NL, Niedersachsen, Westfalen, Hessen) aus im Germanischen verbreitet hat.
Und zur Merkwürdigkeit der französichen Zehnerbildung ab 70:
Einst, ab der Stein-/Bronzezeit, gab es in Europa sog. 20er- und 60er-Zahlensysteme, d. h. es wurde entweder in 20er-Abschnitten bis 120 gezählt (der Zehner markierte hier die „Halbzeit“) oder die Zehner ab 70 (ursprünglich bis 120, später bis 100) anders gebildet.
Ein paar Beispiele:
Im Altnordischen begannen die Zahlen ab hundrað erst mit 120 (später mit 100).
Im Altenglischen trat ab 70 oft ein hund- vor den Zehner: von hund-seofontig (70) bis hund-twelftig (120, neben hund-twentig).
Und in unseren hiesigen Dialekt (Münsterländisch) werden heute die Zehner ab 70 mit der Endung sig statt tig gebildet: twin-tig,... ses-tig, aber siëbm-sig, acht-sig, niëgn-sig, was ebenfalls auf ein früheres 60er-System hinweist, bevor die Zehner ab 70 mit sig (abgeleitet von hochdeutsch -zig) neugebildet wurden (vermutlich erst ab dem 17. Jh, als Hochdeutsch das Niederdeutsche als Amtssprache ablöste und eben Geld u.a. vorrangig in der Hochsprache abzuzählen war; siehe auch die Ablösung des Altenglischen durch das normannische Französich, welches den der Folgezeit die Umstellung der Zählweise - Einer nach Zehner - bewirkt haben dürfte).
In der französischen Hochsprache lauteten übrigens 70, 80 und 90 früher septante, huitante, nonante; erst nach 1789 (frz. Rev.) setzte sich die weitverbreitete „Volksversion“ durch: ein 60er-System (20 - 60), kombiniert mit dem 20er-System (ab 70), begrenzt auf Zahlen unter 100.
Ja, die spinnen, die Gallier...;-)
Gruß bernor
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