-->Hi eesti,
Hi André,
gehen wir doch den Dingen auf den Grund. Zunächst das große Bild. Die deutsche Kapitalbilanz der 20er Jahre, ermittelt von der Buba aufgrund der ihr verfügbaren RB-Statistiken (im Bundesarchiv fehlen einige Bestände) sehen wir als Salden der Kapitalbilanz und darunter als langfristig, d.h. in Form von verbrieften Titeln (in Goldmark = GM):
1924: 2506 / 1000
1925: 1431 / 1124
1926: 1523 / 1376
1927: 3482 / 1210
1928: 3123 / 1288
1929: 1425 / 229
1930: 1236 / 967
1931: 657 / 128
Danach war das bekannte Hoover-Moratorium.
Zählen wir die verbrieften Titel, die (siehe gleich) nicht nur vom Reich, sondern auch von Ländern und Städten begeben wurden, zusammen, erhalten wir 7322 Mio GM. Dazu kamen kurzfristige und sonstige Verbindlichkeiten in etwa gleich Höhe, so dass die gesamten Schulden (welcher Emittenten auch immer) auf ca. 14 Mrd beziffert wurden.
Für die Anleihen der Länder und Städte hat „eigentlich“ nicht das Reich einzustehen und auch nicht sein Rechtsnachfolger, die BRD. Auch ist das Land Preußen ohnehin per alliierten Beschluss nach 1945 verschwunden.
Das Reich hat zwei große Anleihen des Reichs im Zusammenhang mit der Finanzierung der Reparationszahlungen zu verantworten. 1924 die Dawes-Anleihe, die in neun Ländern aufgelegt wurde und die 800 Mio GM erbrachte (Coupon: 6 %) sowie die Young-Anleihe von 1929, welche die Reparationen im Lausanner Vertrag auf 3000 Mio RM (international als GM gerechnet, die Goldstücke des Kaiserreichs waren bis 1938 sogar noch GZ, was aber niemanden im Inland interessierte, da das Gold in RM erheblich höher notierte) zurecht stutzte und die - obwohl der Vertrag nicht ratifiziert wurde - damit das Reparationskapital vorläufig abschlossen, jedenfalls bis zum Abschluss eines Friedensvertrages.
Hinzu kamen Eisenbahn-Anleihen, solche von Industriebetrieben und die erwähnten Länder- bzw. Stadtanleihen. Bis 1930 hatten US-Ansässige so um die 1400 bis 1500 Mio GM solcher Titel gezeichnet. Wieviel in Deutschland ansässige (und später - wie auch immer - vertriebene oder emigrierte) Personen diese Titel hielten (selbst, über Strohmänner, über ausländische Adressen usw.), ist nicht zu eruieren.
Das Kapitel deutsche Auslandsschulden wurde im Londoner Abkommen 1953 beendet (siehe jüngst dazu, von ca. 30 mit Zinseszins verbliebenen Forderungen wurden von 70 Staaten, inkl. USA, der damalige Ostblock beteiligte sich nicht an den Verhandlungen, ca. 15 für endgültig erklärt; inzwischen abgewickelt und bezahlt). Eine dritte Auslandsanleihe des Reiches (Zündwaren-Monopol, siehe Kreuger) kann wegbleiben, da inzwischen abgewickelt. Die ex London noch offenen Zinszahlungen an die damals entschädigten Anteilseigner wurden mit dem Beitritt der DDR zur BRD 1990 anerkannt und werden bis 2010 abgewickelt (es handelt sich im kleinere Mio-Beträge).
Forderung Israels und der Jewish Claims Conference waren schon 1952 mit 3,5 Mrd DM im Luxemburger Abkommen erledigt worden. Dies und weitere Zahlungen sollen aber hier nicht weiter verfolgt werden, da es da es bei der US-Sammelklage um etwas ganz anderes geht, nämlich um Ansprüche a) der Halter effektiver Stücke, wie auch in dem Foto im „Spiegel“ gezeigt und b) der ehemaligen Halter dieser Stücke, die diese angeblich zu „unter Wert“ an wen auch immer (die Rede ist vom Reich Ende der 30er Jahre) verkauft haben bzw. verkaufen mussten (wer sie dazu gewzungen haben soll, erschließt sich nicht ganz).
Nach umfänglichen Recherchen, die Scripophilie-Experten (u.a. Hans-Georg Glasemann) angestellt haben, ergibt sich:
1. Zu: Deutsche Auslandsanleihen in Fremdwährungen von Emittenten mit Sitz bzw. Vermögen 1945 auf dem Gebiet der alten Bundesländer, die ab 1952 der Auslandsbondsbereinigung unterlagen und auf Grundlage des Londoner Schuldenabkommens von 1953 voll oder quotal abgelöst wurden: Ansprüche aus diesen Wertpapieren können - falls sie unverschuldet erst heute angemeldet werden - unter bestimmten, sehr engen Bedingungen durch nachträgliche Entschädigung abgelöst werden. Ansprüche früherer DDR-Bürger sind (gemäß Einigungsvertragsgesetz von 1990) ausgeschlossen.
Also z.B. solche Titel:
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2. Glasemann: „In den letzten Jahrzehnten wurden erhebliche Mengen an deutschen Gold Dollar-Bonds durch Privatpersonen oder Institutionen öffentlich angeboten, teilweise mit kriminellen Hintergrund in sogenannten Investmentprogrammen. Der Grund hierfür: Die Anleiheherausgeber (Emittenten) erklärten die zur Rückzahlung vorgelegten Bonds unter dem deutschen Auslandsbondsbereinigungsgesetz als “Tilgungsstücke” und verweigerten damit die Rückzahlung gemäss den Regelungsangeboten des Londoner Schuldenabkommens von 1953.“
3. „Nach 20 Jahren Erfahrung zu dieser Thematik kann ich heute bestätigen, dass dies insbesondere die folgenden Anleiheemissionen betrifft:
Bavarian Palatinate Consolidated Cities 1926, Free State of Bavaria 1925 (2 Ausgaben), Brown Coal Industrial Corporation “Zukunft” 1928, Roman Catholic Church Welfare Institutions in Germany 1926, Protestant Church in Germany Welfare Institutions 1926, German Atlantic Cable Company 1925, Germany Building and Land Bank 1928, German External Loan 1924, German Government International Loan 1930, Dortmund Municipal Utilities 1928, City of Duisburg 1925, Electric Power Corporation 1925 and 1928, City of Frankfort-on-Main 1925 and 1928, Municipal Gas and Electric Corporation of Recklinghausen 1927, Gesfuerel 1928, Mannheim and Palatinate Electric Companies 1926, Good Hope Steel and Iron Works 1925, Free and Hanseatic City of Hamburg 1926, Province of Hanover Harz Water Works 1927 and 1929, City of Cologne 1925, Luneburg Power, Leight and Water Works 1928, MIAG Mill Machinery 1926, City of Munich 1925, Rhine-Main-Danube Corporation 1925, Rheinelbe Union 1926, Rhine-Westphalia Electric power Corporation 1925, 1927, 1928 and 1930, Ruhr Chemical Corporation 1928, Ruhrgas Corporation, Westphalia United Electric Power Corporation 1925 and 1928, United Industrial Corporation 1925 and 1926, United Steel Works Corporation 1926 and 1927.“
4. Glasemann: „Zu allen oben aufgeführten Emissionen kann grundsätzlich gesagt werden, dass bezüglich der Werthaltigkeit von mehreren Dutzend dieser Emissionen viele juristische Unsicherheiten über die Rückzahlungsansprüche bestehen. Ich habe in meiner Funktion als Sachverständiger von einigen Zehntausend [die Bonds waren in der Regel 1000er-Stücke] also unbedienter Bonds gehört, habe Teile davon gesehen und begutachtet. .
5. „Ebenso gibt es einige Hundert sehr unzufriedene, europäische bzw. amerikanische Bürger, die solche unbedienten Bonds besitzen. Davon habe ich einige Dutzend in den letzten 10 Jahren beim Versuch betreut, die Bonds einzulösen. Manche der von mir geprüften Bonds gehören seit 1933-1939 den ursprünglichen Besitzern oder deren Erben. Andere Bonds gehören Sammlern oder Spekulanten oder “non-assenting bondholders”.“
6. Glasemann: „Wenn Sie deutsche Goldbonds besitzen, ausgegeben im Zeitraum 1924-1930 in London oder New York durch die deutsche Regierung, durch deutsche Provinzen oder Städte, durch Aktiengesellschaften oder staatlich garantierte Institutionen, so sind Sie unter Umständen sehr vermögend. Einer ihrer Bonds im Nominalwert von 1.000$ in Gold könnte heute den Wert von rund einer halben Million $ haben, falls die heutige deutsche Regierung dazu verurteilt wird, das Nominalkapital und für circa 80 Jahre die rückständigen Zinsen zurückzuzahlen.“
7. „Es wurde festgestellt, dass 141 verschiedene Emissionen, darunter auch einige österreichische Bonds, mit einer Rückzahlungssumme von gesamt rund 80 Milliarden betroffen sind. Eine Vereinigung namens German Goldbonds Redemption Group, mit Sitz in Tampa, Florida, versucht unter dem bekannten amerikanischen Anwalt Ed Fagan momentan durch eine Kampagne die deutsche Regierung dahin zu bringen, dass sie die Verpflichtungen aus diesen Bonds anerkennt und ausgleicht. Inhaber solcher Bonds werden eingeladen, sich den aktuell laufenden Gerichtsprozessen in New York und Florida anzuschließen. Die derzeitige Forderung über rund 8 Milliarden $ [inzwischen gewaltig erhöht] betrifft eine Entschädigung bzw. Rückzahlung für mehr als 13.000 Bonds aus verschiedenen Emissionen. Insofern überrascht es nicht, dass die zuständigen deutschen Behörden den Gerichtsprozess bisher ignoriert haben.“
Summa: Das Problem ist groß! Es liegt u.a. darin, dass die Gelder, die Deutschland in den Schuldenabkommen bezahlt hat, an Staaten und nicht an Privatpersonen gezahlt bzw. weitergeleitet wurden. Diese Personen halten - woher auch immer - die effektiven Stücke weiterhin (die überdies auch noch von Profis hervorragend gefälscht wurden). Falls ich mir eine Einschätzung erlauben darf, dann diese:
a) Die Summen sind so hoch, ob mit oder ohne Zinseszins, dass sie umso interessanter werden (Anwälte, Sachverständige, Gerichte, internationales Aufsehen, usw.), je höher sie eingeklagt werden. Gehen wir - bei Zinseszins - von 6 (oder 7 Prozent) aus, verdoppelt sich der Betrag alle 12 bzw. ca. 10 Jahre. Das wären bei den oben genannten ca. 7 Mrd. Beträge von mehreren 100 Mrd. (vom gestiegenen Goldpreis ganz abgesehen). Selbst bei den genannten 1,4 Mrd in den USA ursprünglich belegenen Titeln, könnten wir schnell in den dreistelligen Mrd.-Bereich kommen.
b) Ist der internationale „Druck“ groß genug, wird die BRD um eine Antwort nicht herumkommen, Klartext: Irgendeine Summe muss auf den Tisch.
c) Wie und ob sich sich die BRD aus dem Schlamassel herausreden kann (unter Bezugnahme auf die erwähnten „Schuldenabkommen“) ist völlig offen.
Tja, wie jetzt weiter, weiß wohl niemand. Die Nummer ist sehr gut eingefädelt. Aber etwas anderes war von der Gegenseite auch nicht zu erwarten.
Na, dann mach mal Deine Taschen auf, Deutschland!
Gruß!
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