>Hallo Fox!
>Super Beitrag! Vielen Dank dafür.
>Damit hast Du die Büchse der Pandora geöffnet.
>Das wirst Du an den Antworten ablesen können. Ich denke die werden sehr zahlreich eintrudeln.
>Das Buch aus dem Piper-Verlag tauchte nach kurzer Suche in meinen Beständen auch wieder aus der Versenkung auf. Dort steht es genauso wie Du das beschrieben hast.
>Aber...
>Ich habe natürlich gleich mal unter Staatsverschuldung nachgeschaut. Dort gibt es gleich zwei Einträge.
><font color="0000FF"> Staatsverschuldung 1 </font> steht Eine hohe Staatsverschuldung schadet der Wirtschaft
>Schulden gelten sehr zu Unrecht als ein wirtschaftliches Übel. Denn wenn niemand Schulden machen würde, könnte auch niemand, weder Unternehmen noch private Haushalte noch der Staat, einen Überschuß erwirtschaften. Des einen Defizit ist notwendigerweise des anderen Überschuß,...
Schulden haben nichts mit Überschüssen zu tun (erstes: Schuldrecht, zweites: Sachenrecht), sondern mit Guthaben. Überschüsse erwirtschaften heißt immer: etwas aus dem Welt der Güter für sich gewinnen, über das man dann verfügen kann. Erwirtschaftet der Bauer einen Ernte-Überschuss - wo ist dann das Defizit (eines anderen)? Mit solche unsauberen Begrifflichkeiten darf man nicht arbeiten!
>... Es gibt gute Gründe, den Staat als Schuldner dabei skeptisch zu betrachten, etwa die notorische Ineffizienz und Verschwendungssucht der öffentlichen Verwaltung... Aber auf der anderen Seite würden viele, die jetzt noch über hohe Staatsverschuldung klagen, sehr dumm gucken, wenn der Staat das Schuldenmachen plötzlich bleibenließe."
Umkehrschluss: Alle gucken sehr gescheit, wenn der Staat überhaupt nur Schulden macht. Und überdies freuen sie sich, weil es ja dann auch keine Steuern mehr gibt. Tja, warum klagt überhaupt jemand über die hohe Staatsverschuldung - abgesehen davon, dass er ja nicht klagt, sondern sie beklagt.
Und warum beklagt er sie? Weil sie entweder nie zurück bezahlt wird und ergo irgendwann der Staatsbankrott eintritt (und alle Staatspapiere als Tapeten in die Kellerbar wandern). Oder, weil er irgendwann mit seinen Steuern sie abtragen muss. Oder, weil er an die nächste Generation denkt, die das leisten muss. Schulden verschwinden nie von selbst, sogar die Staatsverschuldung nicht.
Das Wehklagen richtet sich also nicht gegen die Verschuldung, sondern gegen die F o l g e n dieser Verschuldung. Jeder kanns bei sich selber ausprobieren: Schlafe ich besser mit oder ohne Schulden? Möglicherweise schlafe ich gleich gut. Aber schlafe ich besser, wenn ich keine Schulden habe oder welche, die ich nächste Woche zurückzahlen muss, aber nicht weiß, womit und wie? D a s ist der Punkt.
>Nun noch die die Quellen: Paul Samuelson, Economics; Wolfram Engels, Staatsverschuldung und Robert Eisner, Deficits, Which, how much, and so what?
Vor allem Eisner ist der Champion der Staatsverschuldung. Seine Argumente laufen darauf hinaus, dass a) die Staatsverschuldung nicht so schlimm ist, weil nicht so hoch und b) dass der Staatsverschuldung"gleich hohe Werte" gegenüber stehen.
a) stimmt für Amerika (wenn man die nicht konsolidierten Rentenversprechen nicht einrechnet) b) stimmt nicht, weil es schuldenfinanzierte"staatliche Werte" nicht gibt. Es gibt staatliche Investitionen, die aber keine Investitionen sind, denn wären sie solche, würden sie sich rechnen und würden sie sich rechnen, gäbe es keine Staatsverschuldung bzw. die Hochbuchung der alten Schulden bzw. könnte man sie unschwer von der Privatwirtschaft durchführen lassen.
Außerdem führt der Staat keine doppelten Bücher. Sonst müsste er in Höhe der Abschreibungen auf seine Investitionen die Schulden entsprechend tilgen, da sich der"Wert" entsprechend gemindert hat. Auch dies geschieht nicht. Was passiert, wenn nie wertberichtigt wurde, entdeckt man wunderbar, wenn ein Staatsbetrieb in Privathand kommt, siehe Deutsche Bundesbahn. Die neue Bahn AG musste feststellen, dass sie (obwohl gnädigerweise entschuldet) ein kaputtes Schienennetz und einen überalteten Wagenpark hat. Wie konnte das passieren (Mehdorn muss für die Schienen allein 200 Mrd. DM aufbringen)? Ganz einfach, weil nicht abgeschrieben und entsprechend getilgt wurde. Die Bahnschulden waren also de facto noch viel größer.
>und unter
><font color="0000FF"> Staatsverschuldung 2 </font> steht Eine hohe Staatsverschuldung belastet künftige Generationen
>Weder ist eine hohe Staatsverschuldung für sich allein betrachtet etwas Schlechtes, noch belastet sie, wie viele glauben, automatisch unsere Kinder. Denn die gleichen Kinder, die unsere Schulden erben, erben auch unsere Vermögen.
Dass dies ein übler Gag ist, muss man einem vernünftigen Menschen nicht groß erklären. Es ist wie in diesem Fall: Ein Mann leiht sich beim Nachbarn eine Million. Der Mann schläft schlecht und sagt seiner Tochter: Du musst einen reichen Mann heiraten, sonst kommen wir unter die Räder. Die Tochter verliebt sich in den Nachbarsjungen. Der sagt: Wir sind reich. Mein Vater ist Millionär. Sie heiraten. In der Hochzeitsnacht fragt sie:"Was ist das für eine Million, von der Du gesprochen hast?" Der junge Ehemann:"Na die Million kriegt doch mein Vater von Deinem Vater!" AHA! Erster Termin am nächsten Morgen: Zum Sozialamt.
>... Die Summe aller Schulden ist per definitionem immer genauso groß wie die Summe aller Guthaben, und wenn die Schulden wachsen, wachsen auch die Guthaben im Gleichschritt....
Was richtig ist. Aber erstens: Wer bezahlt die wachsenden Guthaben bzw. wer ist sie schuldig? Und zweites: Was, wenn der Gläubiger sein Geld wiedersehen will und merkt, dass er selbst es bezahlen muss?
>... Und genauso kann auch ein Staat als Ganzes keine Schulden machen: Was wir aus der einen Tasche herausnehmen, stecken wir in die andere wieder hinein, und netto gleicht sich alles aus.
Der Staat kann auch"als Ganzes" Schulden machen, z.B. im Ausland, man betrachte bloß Mal Türkei, Argentinien und die Südasiaten (aktuelle Fälle).
>... Und da natürlich die heute gemachten Schulden morgen zurückgezahlt werden müssen, schränken die Schulden von heute den staatlichen Handlungsspielraum von morgen ein. Aber verglichen mit den Horrorvisionen künftiger... Elendsmassen, die ihr Schicksal unserer aktuellen Schuldenpolitik verdanken, sind diese Wirkungen doch sehr gelassen zu ertragen.
"Sehr gelassen"? Wunderbar! Und wenn der"staatliche Handlungsspielraum" eingeschränkt ist, dann - siehe das Beispiel 1 - werden alle dumm gucken, weil das ja bedeutet, dass der Staat dann keine zusätzlichen Schulden mehr machen kann.
Also läuft das worauf hinaus? Auf:"Alle gucken gelassen dumm"!
>Und auch hier die Quellen: E.J. Mishan, Twenty-one economics fallacies; W.Buster u. K. Kletzer, Who's afraid of public debt?
>Das dürfte das Schmankerl schlechthin für unseren dottore sein, vor allem der Punkt Staatsverschuldung 2.
In der"Krisenschaukel" das Nötige dazu geschrieben (S. 46 ff.).
>Also jetzt wird der Meister zur absoluten Hochform auflaufen. Ich höre schon förmlich den Sturmwind heranbrausen.
>Gleich einem Adler wird er sturzflugartig die armen Opfer (Engels, Samuelson usw.) packen und noch im Davonflug vertilgen.
>Heissa, wird das ein Schlachtfest werden.
>dottore, Ihr Auftritt bitte!!
So doll wollte ich es nicht machen. Es ist das alte Elend, dass die hochgerühmten Experten nicht kapieren, dass es nicht um Schulden und Guthaben geht (Buchungsvorgang), sondern um ihre jeweilige Wirkung. Der Schuldner muss leisten (im Fall des Staates seine Bürger) oder hochbuchen, was sein Ende in sich selbst findet. Der Gläubiger bezieht"Einkommen" (Zinsen), für die niemand leistet, weil ja hochgebucht wird. Die Zinsen werden gezeigt, aber nicht gezahlt. Dies bedeutet:"arbeitslose" Einkommen (ist so als würden die Banken jedem, der ein Konto bei ihnen hat, ununterbrochen eine Gutschrift erteilt), die zur allgemeinen Verrentung und wirtschaftlichen Sklerose führt.
Sind die Zinsen aus der Staatsverschuldung endlich so hoch wie das BIP, muss bekanntlich niemand mehr arbeiten, aber es gibt dann auch kein BIP mehr. (Wurde hier schon diskutiert - der"Paradiestag"). Und auf dem Weg dahin wird's immer flauer.
Oder einfaches Rechenbeispiel: BIP = 100. Staatsverschuldung = 100 % BIP. Zinssatz 10 %. Da die Zinsen ex Staatsverschuldung in die BIP-Rechnung eingehen, müssen sie davon schon Mal abgezogen werden. BIP tatsächlich also nur 90. Staatsverschuldung steigt auf 200 % BIP (etwa USA inkl. der Rentenversprechen, die auch Staatsverschuldung sind), BIP nur 80. Bei 300 % (etwa Japan inkl. Rentenversprechen) BIP (wirklich geleistetes) nur 70. So kann ich sogar lange Zeit einen deflationären Prozess verbergen, weil die Nettoneuverschuldung des Staates, um die Zinsen zu buchen z.T. zu zusätzlicher Kaufkraft werden kann, die die Wirtschaft noch eine Zeitlang über Wasser hält, bis sie dann ruckizucki abschmiert.
Ein interessantes Thema also. Aber man muss es nur in Ruhe durchdenken und dann sieht man schnell, dass auch dort gilt:"There is no free lunch"! (Friedman)
Gruß
d.
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