>Hallo,
>Ich suche einen möglichst knallharten Text zur Wirtschaftssituation in den USA, hat da jemand letztens was aktuelles gesehen?
>ciao!
>SchlauFuchs
[b]"Der Klassiker" -
> Von Kurt Richebächer > > > Börsen-Zeitung, 19.10.1999 > > Im Lichte der Daten, an denen die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes > heute hauptsächlich gemessen wird, liegt die amerikanische Wirtschaft seit > mindestens vier Jahren unter strahlendem Sonnenschein. Das reale > Sozialprodukt erhöhte sich in dieser Zeit im jährlichen Durchschnitt um > 3,6% bei gleichzeitiger Zunahme der Beschäftigung um insgesamt fast sieben > Millionen oder 1,3% jährlich. Was den Glauben an einen tief greifenden > Paradigmenwechsel in der amerikanischen Wirtschaft aber vor allem schürte, > war die Tatsache, dass bei hohem Wachstum gleichzeitig die Inflationsraten > für Konsumenten- und Produzentenpreise fielen. Das war für viele > normalerweise unvorstellbar. > > Schnell hatte man die passende Erklärung parat: Im internationalen > Vergleich liege die amerikanische Wirtschaft insbesondere aus zwei Gründen > weit an der Spitze: Erstens hat sie einen großen Vorsprung in der > Entwicklung und Anwendung der neuen Informationstechnologie, und zweitens > habe das von Wall Street gesetzte Leitbild vom Shareholder Value in > Corporate America gesammelte Management-Energien freigesetzt, die zu > gründlichen Verbesserungen in den Gewinnen und im Produktionsfortschritt > geführt haben. > > Shareholder Value über alles > > Auf eine kurze Formel gebracht: Die ausdrückliche Verpflichtung des > Managements, unter allen Umständen und in erster Linie den Shareholder > Value zu maximieren, wird als die wirksamste Methode betrachtet, die > Leistung in der Wirtschaft zum Besten der Allgemeinheit zu maximieren. > Stichwort und Schlagwort: Corporate Restructuring. Indem sich dieses > Leistungsprinzip inzwischen über die gesamte amerikanische Wirtschaft > ausgebreitet hat, sei letzten Endes der gegenwärtige, lange > wirtschaftliche Aufschwung mit all seinen hervorragenden Eigenschaften > zustande gekommen. Aus dieser Sicht werden andere Länder inzwischen > weitgehend daran gemessen, inwieweit sie die angeblich bewährten > amerikanischen Methoden übernommen haben. > > Hausse zieht blinden Glauben nach sich > > Es passt alles wunderschön zusammen. Doch vor allem haben wohl die > endlosen hohen Kursgewinne an Wall Street für eine allgemein hohe > Bereitschaft gesorgt, diesen und anderen wohlklingenden Erklärungen fast > blinden Glauben zu schenken. Zu einer ersten Diskussion über die Ursachen > der Aktienhausse und der glänzenden Performance der amerikanischen > Wirtschaft in den letzten Jahren ist es nie gekommen. Die wenigen > kritischen Stimmen, die sich meldeten, wurden nicht widerlegt, sondern > einfach überhört. Was spricht gegen diesen Glauben an ein > Wirtschaftswunder in Amerika? Erstens die Tatsache, dass die angeblich > schlüssigen Beweise in Wahrheit alles andere als schlüssig sind, und > zweitens die vorliegenden monetären Daten, die klar und deutlich besagen, > dass Herr Greenspan über die unmäßigste Kreditinflation präsidierte, die > es je in der Welt gegeben hat. Das nämlich ist der Stoff, aus dem > regelmäßig Bubbles entstehen. > > Bis auf den heutigen Tag ist stets und ständig zu hören und zu lesen, eine
>"asset bubble", also eine Inflationsblase in Finanz- oder Sachanlagen, sei > sehr schwer zu erkennen, bevor sie platzt. So Greenspan und viele andere > in ständiger Wiederholung. Das ist einfach eine faule Entschuldigung für > diejenigen, die nicht sehen wollen. Theoretische Erkenntnis wie > geschichtliche Erfahrung geben in dieser Beziehung eine ebenso einfache > wie klare Antwort: Entscheidendes Kriterium für eine inflatorische > Entwicklung jeglicher Art ist die jeweils stattfindende Kreditexpansion, > und zwar Kreditexpansion im Vergleich mit zwei volkswirtschaftlichen > Aggregaten: erstens dem inländischen Sparaufkommen und zweitens dem > Anstieg des nominalen Sozialprodukts, das die gesamtwirtschaftliche > Aktivität misst. Noch in den achtziger Jahren gehörte diese Einsicht zu > den Binsenweisheiten in der Nationalökonomie. > > Greenspan übergeht sinkende Ersparnis > > Die Kreditausweitung der letzten Jahre in den USA ist ohne Vergleich und > Beispiel in der Geschichte, weil sie von einem völligen Kollaps der > persönlichen Ersparnisbildung begleitet war. Es ist zur Norm geworden, > dass die privaten Haushalte beständig mehr ausgeben, als sie verdienen. > Fast ein Drittel des Anstiegs der Konsumausgaben in diesem Jahr ging auf > das Konto sinkender Ersparnis. In seinen zahlreichen Reden hat Herr > Greenspan nicht einmal auch nur ein einziges Wort über die Tatsachen > verloren. Zum Vergleich sei bemerkt, dass Japan in seinen Bubble-Jahren > der späten achtziger Jahre eine persönliche Sparquote von 12 bis 13% > hatte, nach vorher 15 bis 16%. > > Ein nicht weniger tolles Bild bietet sich beim Vergleich der laufenden > Kreditexpansion mit dem gleichzeitigen Anstieg des nominalen > Sozialprodukts. Dieses stieg im vergangenen Jahr um 400 Mrd. Dollar und in > der ersten Hälfte dieses Jahres um 200 Mrd. Dollar. Dem stand eine > Kreditaufnahme des privaten nicht-finanziellen Sektors, also von > Konsumenten und Unternehmen zusammen, von 995 Mrd. Dollar beziehungsweise > 532 Mrd. Dollar gegenüber. Auf einen Dollar Anstieg des Sozialprodukts kam > von deren Seite damit rund 2,5 Dollar Neuverschuldung. Wohlgemerkt, dies > ist alles private Verschuldung, denn die Regierung macht in ihrem Haushalt > einen Überschuss. > > Schuldenberge gebären Blasen > > Daneben ist aber die explosionsartig zunehmende Kreditaufnahme eines > dritten Sektors in Betracht zu ziehen, und zwar des Finanzsektors. Er > borgte im vergangenen Jahr 1,068 Mrd. Dollar und 557 Mrd. in der ersten > Hälfte dieses Jahres. Das ergibt in der Terminologie des Federal Reserve
>"net flows through the credit markets" von 2120 Mrd. Dollar im Jahre 1998 > und von 1080 Mrd. Dollar in der ersten Hälfte des Jahres. (Nebenbei > bemerkt, die jüngsten Zahlen sind nicht auf Jahresrate hochgerechnet). > > Um die Brisanz der Inflationsblase in den amerikanischen Finanzmärkten zu > verstehen, ist es notwenig, sich die Brisanz der Schuldenblase vor Augen > zu führen, aus der jede Bubble letztlich hervorgeht. In den vergangenen > viereinhalb Jahren bis Mitte 1999 hat die Neuverschuldung in den > amerikanischen Kreditmärkten insgesamt um mehr als 7200 Mrd. Dollar oder > um 40% auf 24428 Mrd. Dollar zugenommen. Das sind 363% des derzeitigen > jährlichen Sozialprodukts. Von dieser Gesamtverschuldung entfielen 25% auf > die privaten Haushalte, 24% auf Unternehmen, 15% auf die Regierung und 29% > auf den finanziellen Sektor. > > Im Rückblick erscheint es sonnenklar, dass das amerikanischen Kreditsystem > vor allem von 1997 auf 1998 vollkommen außer Kontrolle geraten ist. Die > Neuverschuldung des privaten nicht-finanziellen Sektors, also der > Konsumenten und Unternehmen, schnellte von einem Jahr zum anderen um 41% > und die des finanziellen Sektors um sage und schreibe 64% in die Höhe. > Obwohl dies wirklich ein ungeheuerlicher Sprung war, nahm ihn niemand zur > Kenntnis, denn Kreditzahlen sind für Alan Greenspan und Wall Street > grundsätzlich ohne Interesse. Das einzige, was sie im monetären Bereich > aber auch nur gelegentlich beachten, sind die Geldmengen. Immerhin > beschleunigte sich das Wachstum der Geldmenge M3 auf 11%, nach 9% im > Vorjahr. Doch auch das erschien irrelevant angesichts sinkender > Inflationsraten. > > Für die meisten ausländischen Betrachter ist es ein Rätsel, was die > explosionsartige Zunahme der Kreditaufnahme des finanziellen Sektors in > den USA zu bedeuten hat. Es handelt sich in der Hauptsache um so genannte
>"non-bank financial intermediaries", die sekurisierte Hypotheken und alle > Arten von Konsumkrediten kaufen und finanzieren. Die Verbindlichkeiten der > größten Institute in dieser Gruppe sind"Federal government-related" und > genießen infolgedessen Staatsgarantie, die ihre Refinanzierung erleichtert > und verbilligt. Hauptsächliche Refinanzierungsquelle sind der > amerikanische und der internationale Geldmarkt, die sie mit > verschiedenartigen kurz- und mittelfristigen Instrumenten anzapfen. > Letztlich wurden sie zur unerschöpflichen Quelle für den unersättlichen > Konsumkredit. > > Kaum jemandem scheint klar zu sein, dass sich hier inflatorische > Kreditschöpfung reinsten Wassers in phantastischen Ausmaßen abspielt. Im > Unterschied aber zur Kreditgewährung der Banken findet in diesem Falle > keinerlei Geldschöpfung in Gestalt einer gleichzeitigen Vermehrung der > Bankeinlagen, sondern eine Beschleunigung der Geldumlaufsgeschwindigkeit > statt. Was diese Institute über die Geldmärkte von ihren Kreditgebern > ausleihen, um damit Kreditpapiere zu kaufen, sind letzten Endes bestehende > Bankeinlagen, das heißt bestehende Kassenbestände von Unternehmen und > institutionellen Anlegern. Die unsichtbare monetäre Expansionswirkung > findet durch schnelleren Umschlag der Einlagen statt. > > Man führe sich vor Augen, dass die Käufe dieser Institute von
>"sekuritisierten" Krediten von 550 Mrd. Dollar im Jahre 1996 auf mehr als > 1000 Mrd. Dollar im Jahre 1998 zugenommen haben. Diese Summen, um nicht zu > sagen Unsummen, lassen keinen Zweifel daran, dass diese Institute bei der > Bildung der großen amerikanischen Kredit- und Finanzblase in den letzten > beiden Jahren direkt und indirekt eine absolut entscheidende Rolle > gespielt haben. > > Kreditpyramide führt zu Illiquidität > > Eine der Folgen dieser Entwicklung ist natürlich, dass Kreditschöpfung und > Geldschöpfung in den USA wie nie zuvor auseinander klaffen. In der Wirkung > auf Wirtschaft und Märkte besteht keinerlei Unterschied zur > Kreditschöpfung der Banken, die mit Geldvermehrung verbunden ist. Wohl > aber wird das Finanzsystem auf längere Sicht zwangsläufig illiquider, > indem im Verhältnis zur Geldmenge eine immer größere Kreditpyramide > entsteht. Ebenso sollte klar sein, dass die Bewegungen der Geldmengen > unter diesen veränderten institutionellen Bedingungen ein völlig > unzulänglicher Maßstab für die Geldpolitik geworden sind. > > Womit wir zur wichtigsten Frage überhaupt in diesem Zusammenhang kommen: > Was genau war und ist die entscheidende treibende Kraft hinter dem langen > Boom der amerikanischen Wirtschaft und der stürmischen Hausse des > Aktienmarktes gewesen? War es die Kreditblase, die wir beschrieben haben? > Oder ist es der berühmte Paradigmenwechsel in der Wirtschaft als Folge von > High Tech und Corporate Restructuring, den Wall Street und Herr Greenspan > beschwören? Halten wir als erstes nochmals fest: Die Kreditexpansion, die > in den letzten Jahren in den USA stattgefunden hat, ist ohne Beispiel in > der Geschichte. Sie stellt alle bisherigen Bubble-Erfahrungen in den > Schatten. Ebenfalls einmalig in der Geschichte ist es, dass alle Welt, > nicht nur unabhängige Beobachter und Kommentatoren, sondern vor allem auch > die verantwortlichen Geldpolitiker, über die entfesselten Kreditfluten > einfach hinwegsehen. Sie werden nicht einmal zur Kenntnis genommen. > > Dazu sei festgestellt, dass sich die Fed in den zwanziger Jahren über den > haussierenden Aktienmarkt bereits anfangs 1928 Sorgen zu machen begann und > von da an bemüht war, ihn durch Zinserhöhungen frühzeitig zu bremsen. Erst > recht aber wäre in der damaligen Fed niemand auf die Idee gekommen, die > Aktienhausse gar mit den großen Errungenschaften der industriellen > Revolution zu rechtfertigen, wie Greenspan es immer wieder mit Bezug auf > Computer- und Informationstechnologie getan hat. Wall Street schwärmte > zwar von einer neuen Ära, niemand aber in der Fed. Dabei erzielte die > Industrie mit einer damaligen neuen Technologie, die primär die > Produktionsanlagen verbesserte, ungleich höhere, messbare > Produktivitätsgewinne als es heute mit der neuen Informationstechnologie > geschieht. > > Kein Verständnis für Mises und Hajek > > Die Meinungsverschiedenheiten über die wirtschaftliche und finanzielle > Entwicklung in den USA gehen letztlich jedoch weit über die Frage hinaus, > ob die Aktienhausse der letzten Jahre eine inflatorische Bubble darstellt > oder aber einen tief greifenden Paradigmenwechsel in der Wirtschaft > widerspiegelt. Anhaltende, größere Inflationsblasen in den Sach- und > Finanzanlagen haben erfahrungsgemäß die unangenehme Eigenschaft, dass sie > je nach Dauer und Ausmaß mehr oder weniger starke Verwerfungen in der > ganzen Wirtschaft bewirken, die langwierige und schmerzvolle > Anpassungsprozesse nach sich ziehen, nachdem die Bubble geplatzt ist. > > Das ist allerdings eine Erkenntnis der Ã-sterreichischen Schule (Mises, > Hayek), wofür die große Mehrheit der amerikanischen Nationalökonomen kein > Verständnis hat. In der gängigen amerikanischen Wirtschaftsgeschichte > hatte die Depression der dreißiger Jahre absolut nichts mit den > wirtschaftlichen und finanziellen Auswüchsen der späten achtziger Jahre zu > tun. Schuld war allein eine zu restriktive Geldpolitik der Fed, nachdem > die Aktienblase geplatzt war. Im gleichen Sinne werden die anhaltenden > wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Japan allein einer falschen > Geldpolitik in der Gegenwart, nicht aber den wirtschaftlichen und > finanziellen Auswüchsen und Verzerrungen aus den vorangegangenen > Bubble-Jahren zugeschrieben. > > BoJ mit selben Trivialitäten bombardiert > > Für diesen Gedanken, für einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung könne es > zuerst eines möglicherweise langwierigen und schmerzvollen > Anpassungsprozesses bedürfen, haben in Amerika weder Politiker noch > Nationalökonomen etwas übrig. Jede wirtschaftliche Stockung ist ihrer > Ansicht nach leicht und schnell zu beheben, indem die Notenbank einfach
>"Geld druckt". Das einzige, was ihnen dabei in den Sinn kommt, sind > massive Offenmarkt-Käufe der Notenbank von Staatspapieren. Mit dieser > simplizistischen Forderung wird die japanische Notenbank von maßgebenden > amerikanischen Nationalökonomen seit Monaten bombardiert. > > Dummes Zeug > > Zurück zur Ausgangsfrage: Bubble oder neue Ära in den USA? Wie gesagt, die > übliche Behauptung, eine Anlagen-Bubble sei schwer zu erkennen, bevor sie > platzt, ist dummes Zeug. Entscheidendes und spielend leicht erkennbares > Kriterium ist, wie gesagt, die jeweils laufende Kreditexpansion. > Typisches, ins Auge springendes Kennzeichen jeder Inflationsblase in Sach- > oder Finanzanlagen ist eine Kreditexpansion, die das Sozialproduktwachstum > deutlich übersteigt. Es mag manchmal Grenzfälle geben, aber die > gegenwärtige Entwicklung in den USA ist kein Grenzfall, sondern der > extremste Fall, den es in dieser Hinsicht je gegeben hat, womit die > Aktienhausse der vergangenen Jahre als besonders schlimme Inflationsblase > oder Bubble qualifiziert ist. > > Aber solche Bubbles finden nicht im luftleeren Raum statt. Wie gesagt, in > aller Regel führt die inflatorische Kreditvermehrung direkt und indirekt > zu mehr oder weniger starken Verzerrungen in den Strukturen der > Wirtschaft. Aus der"asset bubble" wird auf diese Weise die"bubble > economy". Im Falle Japans bewirkte die Bubble der späten achtziger Jahre > im Aktien- und Immobilienmarkt einen Investitionsboom ohnegleichen in > Industrieanlagen und kommerziellen Bauten. Selbst nach zehn Jahren haben > die japanischen Unternehmen noch mit den damaligen massiven Fehl- und > Überinvestitionen zu kämpfen. Von völlig anderer Art sind die > Bubble-Auswirkungen der vergangenen Jahre auf die Wirtschaft in den USA. > Auf dem Weg über die gewaltigen"wealth effects" des haussierenden > Aktienmarktes zugunsten der privaten Haushalte ist vor allem der Konsum > überstimuliert worden, übrigens ähnlich wie schon in den zwanziger Jahren, > als in den USA der Konsumkredit erfunden wurde. > > Wahrzeichen Handelsbilanzdefizit > > > Doch Herr Greenspan und die meisten amerikanischen Volkswirte sind außer > Stande, in der maßlosen Kreditvermehrung, dem Zusammenbruch der privaten > Ersparnisbildung sowie dem explodierenden Handelsbilanzdefizit bedenkliche > Ungleichgewichte zu sehen, die auf die Dauer nicht haltbar sind. Das > riesige Defizit im Außenhandel wird ganz im Gegenteil als das Wahrzeichen > einer vor Kraft strotzenden Wirtschaft gesehen und hingestellt. > Handelsbilanzüberschüsse werden verächtlich als Zeichen wirtschaftlicher > Schwäche abgetan. Dass Volkswirtschaften mit starkem Wachstum dank hoher > innerer Ersparnisbildung in der Regel starke Handels- und Zahlungsbilanzen > aufweisen, ist ihnen völlig unbekannt. > > Beispielloses Nebeneinander > > Um es zu wiederholen und zu unterstreichen: Amerika ist der extremste Fall > von"asset bubble" und"bubble economy", den es je gegeben hat. Das hat > seinen Grund in dem beispiellosen Nebeneinander von völlig > unkontrollierter Kreditexpansion und völligem Zusammenbruch privater > Ersparnisbildung. Es bedeutet, dass die amerikanischen Märkte letztlich > von zwei ungewöhnlichen und unsicheren Finanzierungsquellen abhängen. Das > eine ist pures finanzielles Leverage, also kreditfinanzierte Anlagen, und > das andere sind Auslandskäufe. Wobei das finanzielle Leverage bekanntlich > in großem Umfang durch Refinanzierung in niedrig verzinslichen > ausländischen Währungen stattgefunden hat, in Yen, Euro und Schweizer > Franken. Hat die amerikanische Wirtschaft aber in puncto Ertragskraft und > Produktivität erheblich gewonnen, wie Wall Street unter Berufung auf > Hightech und Shareholder-Value-Primat zu behaupten pflegt? Darüber muss es > doch objektive und unbestreitbare Statistiken geben. Ja, es gibt sie, aber
>... > > Gewinnentwicklung gibt nichts her > > Was die Gewinne betrifft, so haben es die Analysten geschafft, mit > verschiedenen Vergleichskniffen den anhaltenden Eindruck eines besonderen > Gewinnbooms in diesem Aufschwung zu erwecken. In der Tat war dies in den > Jahren 1993/94 der Fall, nicht aber aus Gründen erhöhten > Produktivitätsfortschritts, sondern als Folge scharfer Zinssenkungen. In > den folgenden Jahren setzte sich der Gewinnanstieg zwar fort, aber mit > stark rückläufiger Tendenz. Vom 3. Quartal 1997 bis zum 1. Quartal 1999 > herrschte dann Gewinnstagnation. Erst im zweiten Quartal dieses Jahres kam > es zu neuem Gewinnanstieg (siehe Chart 1 und 2). > > Kurz gesagt, in der Gewinnentwicklung der vergangenen Jahre gibt es > nichts, absolut nichts, was zu euphorischem Gerede von Paradigmenwechsel > und neuer Ära in der Wirtschaft berechtigt. Eher haben sich die Gewinne in > diesem Aufschwung unterdurchschnittlich entwickelt, obwohl zwei > außergewöhnliche, stark Gewinn steigernde Einflüsse zur Wirkung kamen: > massive Verwendung von Stock Options und hohe Kursgewinne der > Pensionsfonds im Aktienmarkt. > > Stock-Options 1 Billion Dollar schwer > > Es wird geschätzt, dass die ausstehenden Stock-Options heute einen > Marktwert von etwa einer Billion Dollar haben. Im Grunde sind es > Gehaltszahlungen, die aber nicht als Kosten in die > Gewinn-und-Verlust-Rechnung eingehen. Was sodann die Kursgewinne der > Pensionsfonds betrifft, so haben sie die Unternehmensgewinne dadurch > erhöht, indem sie den Unternehmen die sonst notwendigen erheblichen > Einzahlungen zur Fundierung der Pensionsverpflichtungen ersparen. Nicht > wenige Unternehmen gehen allerdings noch weiter und kassieren einen Teil > der Kursgewinne für eigene Rechnung. > > Manipulation ist oberste Pflicht > > Im Übrigen ist es ein offenes Geheimnis, dass zahlreiche Unternehmen jeden > Buchhaltungstrick ausnutzen, um ihre Gewinne zu verschönern. Zu den > wenigen, die dies offen kritisieren, gehört Warren Buffet, Amerikas > meistbewunderter Investor, der sich kürzlich wie folgt äußerte:"Eine > wachsende Zahl sonst hochgradiger Manager - die man gerne als Vater seiner > Kinder oder als Treuhänder seines Nachlasses sähe - sind zur Ansicht > gekommen, dass es völlig legitim ist, die Gewinne zu manipulieren, um die > Wünsche von Wall Street zu befriedigen. Viele Manager halten solche > Manipulationen in der Tat nicht nur für zulässig, sondern für ihre > Pflicht." Es sollte klar sein, was letztlich hinter dieser merkwürdigen > Einstellung steht: die allgemeine Besessenheit gegenüber der erklärten > Notwendigkeit, den Shareholder Value unablässig zu steigern. > > Und was hat es mit der viel gerühmten Steigerung des > Produktivitätsfortschritts in der amerikanischen Wirtschaft auf sich? > Jawohl, sie hat sich in den letzten Jahren praktisch verdoppelt, von 1% > auf gut 2% jährlich. Ohne viel zu fragen wurde diese Verbesserung von > vornherein dem gestärkten Computereinsatz und selbstverständlich dem um > sich greifenden Corporate Restructuring zugeschrieben. > > Computer verfälschen Statistik > > In der Wirklichkeit hatte diese Verbesserung der Produktivität einen ganz > anderen, und zwar einen rein statistischen Grund. Entscheidend war > letztlich eine Umstellung in der Statistischen Bemessung der > Computerinvestitionen der Unternehmen. Da die Leistungskraft der Computer > bei zudem rapide fallenden Preisen exponentiell zunahm, kamen die > amtlichen Statistiker auf den Gedanken, für die Bemessung dieser > Investitionen einen Index zu entwickeln, der die beiden Vorgänge im > Computerbereich - höhere Leistung zu sinkenden Preisen - erfassen und > widerspiegeln sollte. Er fand die Bezeichnung"hedonischer" Preisindex. > > Dieser Index wird nun seit Ende 1955 (Anmerkung: muss wahrscheinlich"1995" heißen) > angewendet. Es waren sicherlich > vernünftige Überlegungen, die zu dieser Umstellung in der > gesamtwirtschaftlichen Statistik führten, aber das schließliche Ergebnis > ist grotesk. Mit der Leistungskraft der Computer explodierten - in der > Statistik - die Investitionen der Unternehmen, was dann seinerseits in > entsprechendem Ausmaß das reale Sozialproduktwachstum erhöhte. Dazu eine > Kostprobe: Im vergangenen Jahr erhöhte sich das reale Sozialprodukt der > USA - gerechnet in so genannten"chained" Dollars - um 282 Mrd. Dollar > beziehungsweise um 3,9%. Alle Welt bestaunte diese hohe Wachstumsrate. Den > wenigsten war klar, dass davon 137 Mrd. Dollar oder 48% auf das Konto der > auf diese Weise berechneten Computerinvestitionen der Unternehmen gingen. > Die tatsächlichen Mehrausgaben der Unternehmen hatten dagegen lediglich 14 > Mrd. Dollar betragen. Im ersten Halbjahr 1999 kam der Computeranteil auf > volle 81 Mrd. Dollar oder 65% innerhalb eines Sozialproduktzuwachses von > 125 Mrd. Dollar. Glatte zwei Drittel des Anstiegs des Sozialprodukts > errechnete sich aus Ausgaben, die nicht stattgefunden haben. Im Grunde > sind es statistische Phantomdollars. > > Doch zwangsläufig hatten diese statistischen Umstellungen noch eine > weitere bedeutsame Folge. Indem sie das Sozialproduktwachstum erhöhten, > stieg in gleichem Maße der gesamtwirtschaftliche > Produktivitätsfortschritt. Da die amerikanische Sozialproduktstatistik die > Computerinvestitionen der Unternehmen separat ausweist, konnte jeder > allerdings mit Leichtigkeit nachrechnen, dass die für die Gesamtwirtschaft > ausgewiesene Produktivitätsverbesserung in Wirklichkeit nicht überwiegend > auf gewaltige Produktivitätssprünge im Computersektor selbst zurückgeht, > auf den gerade 1% des Sozialprodukts in den USA entfällt, das hieß > letztlich auf besagte statistische Umstellung. Wer jedoch hatte ein > Interesse daran, dies offen zu legen? Niemand, leider nämlich hätte es den > einzigen Anhaltspunkt für den Paradigmenwechsel in der amerikanischen > Wirtschaft widerlegt. > > Immerhin, vor einigen Monaten veröffentlichte ein führender akademischer > Experte in Produktivitätsfragen, Prof. Robert J. Gordon, Northwestern > University, eine umfassendere Studie über genau diese Frage - mit > vernichtendem Urteil über die angeblichen großen Produktionsgewinne in der > neuen Ära. > > Vernichtendes Urteil zur Produktivität > > Die Studie gipfelte in der Feststellung, das Bild der wirtschaftlichen > Entwicklung in den USA werde durch die besondere Art der statistischen > Erfassung des Computersektors völlig verzerrt. In den 99% der Wirtschaft > außerhalb der Computerindustrie habe keinerlei Produktivitätsverbesserung > stattgefunden, so dass für eine"new-economy"-Revolution nicht der > geringste Raum bleibt. Die Explosion in der Herstellung und Nutzung von > Computern hatte außerhalb der Computerindustrie, die auf 1% des > Sozialprodukts entfällt, keinerlei messbare Produktivitätswirkungen. Im > Gegenteil habe sich ansonsten das Produktivitätswachstum eher etwas > verlangsamt. Wörtlich:"When stripped of computers, the productivity > performance of the durable manufacturing sector is abysmal, with no > revival at all and a further slowdown in 1955-99 (Anmerkung: Muss wahrscheinlich
"1995-99" heißen) compared to 1970-95." > > Dieses vernichtende Urteil von Prof. Gordon erklärt einiges, insbesondere > die enttäuschende Gewinnentwicklung. Zugleich drängt sich die Frage auf: > Wo ist eigentlich der Boom, wenn die aufgeblähten Computerzahlen nicht > wären? Für 99% der Wirtschaft verbliebe ein reales Wachstum von knapp 2% > jährlich. Ein mehr als mageres Ergebnis, wenn man die riesige Kreditblase > bedenkt. Trotzdem, der Boom existiert, aber er findet eben größtenteils > außerhalb des Sozialprodukts in den Anlagemärkten statt: im Aktienmarkt, > im Anleihemarkt, im Immobilienmarkt, während von dem nicht in Frage > stehenden Konsumboom der größere Teil inzwischen durch das Riesenloch in > der Handelsbilanz ins Ausland abfließt. > > Bubble oder neue Ära? Über die Antwort auf diese Frage kann nach diesen > Ausführungen kein Zweifel bestehen. Die Revolution in der amerikanischen > Wirtschaft hat nicht stattgefunden, weder durch die > Informationstechnologie noch durch das Shareholder-Value-Primat. Und sie > wird auch niemals stattfinden, denn beide sind von ihrer Natur her dazu > nicht geeignet. Der Druck, unablässig höhere Gewinne auszuweisen, drängt > die Unternehmen vor allem zu Kostensenkungen, dies aber auf Kosten von > Neuinvestitionen, und das führt insgesamt zu sinkenden Gewinnen. > > Neue Technologie leider nur Wunder > > Und was ist mit der Prosperität, welche die neue Technologie hervorbringen > soll? Es ist ein technisches Wunder, ohne Frage, nur leider ein Wunder, > das nicht die notwendigen Eigenschaften besitzt, daraus ein > wirtschaftliches Wunder zu schaffen. Ein Vergleich mit den > wirtschaftlichen Auswirkungen der industriellen Technologie macht dies > klar und deutlich. Die industrielle Technologie hatte sehr starke > Produktivitätswirkungen, die Arbeitskräfte freisetzte. Aber aus der > arbeits- und kapitalintensiven Herstellung der Anlagen und Maschinen > dieser Technologie entstanden große neue Kapitalgüterindustrien, die den > Menschen andere, neue Arbeit gaben. Es war ein wunderbares Zusammenspiel > von Arbeitsteilung und Kapitalbildung, das die große Prosperität des > industriellen Zeitalters hervorbrachte. > > Maßlose Konsumentenverschuldung > > Nichts davon gilt für die Informationstechnologie. Auch sie setzt > Arbeitskräfte frei. Aber die Herstellung der Hightech-Ausrüstung ist mit > minimalem Arbeits- und Materialeinsatz verbunden. Hightech ist vorzüglich > geeignet, die Phantasie der Aktienanleger anzuregen, jedoch völlig > ungeeignet, die Ausgaben- und Einkommensströme in der Wirtschaft zu > vergrößern. Weder neue Technologien noch Shareholder-Value-Primat haben > die amerikanische Wirtschaft in den letzten Jahren vorangetrieben, sondern > es war ein ganz primitives Rezept: maßlose Konsumentenverschuldung.
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