-->Hi,
jetzt mal unabhĂ€ngig vom kurzfristigen Hin- und Hergezappel an den AktienmĂ€rkten (und entsprechenden Tradingchancen) ein Blick auf das gröĂere Bild. Und das vor allem fundamental, sorry. Die AktienmĂ€rkte sind keine Solisten, sondern in den GroĂkomplex âKapitalmarktâ eingebunden, der zum ĂŒberwiegenden Teil aus Schuldpapieren diverser Emittenten mit unterschiedlichsten Laufzeiten/Konditionen bestĂŒckt ist. Der entscheidende Psycho-Faktor heiĂt Vertrauen (eben credere).
Dabei wÀre zu bedenken:
O Das Abschmieren der Festverzinslichen-Kurse (die Kurven waren hier ausfĂŒhrlich zu bestaunen) mit vice versa Renditensteigerungen (fĂŒr plazierte Titel) und höhere Zinskosten fĂŒr neu zu begebende. Dass dies mit"Inflationserwartungen" (Bernanke's neues Spielzeug) zu begrĂŒnden wĂ€re, leuchtet nicht ein.
O Der ABX-Index (US subprime mortgage securities) ist seit MĂ€rz von fast 100 auf unter 50 gefallen. FĂŒr diverse Papiere existiert kein Markt mehr. Es ist also nichts mehr zu plazieren (Barclays Capital vorgestern). In 06 wurden rd. 1 Bio USD an CDOâs (echten und synthetischen) in den Markt gebracht.
O Der CDX-Index (US Corporate bond spreads) ist seit Juni von 240 auf 320 bp gestiegen.
O Das bekannte Downgrading durch S&P etc. von Titeln und die Tatsache, das die Rating-Agenturen selbst wg. zu âwohlwollenderâ Ratings in den vergangenen Jahren unter Feuer stehen.
O Die Möglichkeit, dass sich das Downgrading nach âobenâ fortsetzt, also z.B. auch AAA-Titel erreicht. Das wĂŒrde bedeuten, dass Pensions-Fonds und andere Institutionelle die Titel abstoĂen mĂŒssten, was eine Lawine auslösen könnte.
O Eine allgemeine Flucht vor dem Risiko im FV-Marktsektor, vgl. den iTraxx Crossover Index, der z.B. vorgestern, also an einem Tag um 20 bp in die Höhe ging (auf 267), schĂ€rfster Anstieg seit es diesen Index gibt. Die BoSc sieht bereits 340 kommen als Resultat einer platzenden âcredit bubble of obscene proportionsâ.
O Die Distribution ihres Kapitals durch die groĂen Leverager und Buy-Out-Spezialisten wie Blackstone (erfolgt) oder KKR (geplant).
O Probleme von KKR mit den 9 Mrd Refinanzierung des Alliance Boots takeover. Die GerĂŒchte wg. Problemen von Cerberus/DCX. Die groĂe Zeit der Take-over etc. dĂŒrfte abgelaufen sein, da âhintenâ (Refinanzierung der Finanzierung) inzwischen die Angst die Gier ĂŒberrundet haben dĂŒrfte.
O Die relative SchwĂ€che der Banktitel allenthalben. Nichts macht Anleger nervöser als Unkenntnis der ValiditĂ€ten der Bank-Aktivseiten (die BIZ: âDie Bilanzen sind erheblich lĂ€nger gewordenâ).
O Der EUR/USD-Kurs, dessen Anstieg schön geredet wird - allerdings von Produktionsunternehmen und nicht von Finanzinstitutionen. Das Gebrabbel von SteinbrĂŒck (âich liebe den starken Euroâ) können wir ebenso beiseite lassen wie die (zum Scheitern verurteilten) Versuche Sarkozys, ĂŒber die EZB einen niedrigeren EUR-Kurs zu âerzwingenâ. GBP/USD spricht auch deutlich (26-Jahres-Tief).
O Bzgl. US-Aktienmarkt haben wir die massive Morgan-Stanley-Warnung noch im Ohr (schlechteste Konstellation jemals).
O Dazu kommen drei bestĂ€tigte Hindenburg-Omen, die auch wenig Gutes verheiĂen.
O Von vielen 5-5-5-V-Analysen, die sich - auch bei weniger Elliott-Bewanderten - flÀchenbrandartig breit machen, ist zu lesen.
O Auch zu @Elliâs Top of the Tops ist nicht mehr allzu weit hin.
O Mögen die MĂ€rkte auch mit passablen KGVs daherkommen (Ausnahmen hier breit diskutiert), so ist doch zu beachten, dass die âAuslöserâ fĂŒr starke AbwĂ€rtsbewegungen 1987, 1991 und 2000 nicht die AktienmĂ€rkte âselbstâ waren, sondern Kurs- und Vertrauensverluste an den Bonds-usw.-MĂ€rkten.
O Das Ende von Exzessen ist zwar nicht abzusehen (wie ein Poster richtig anmerkte), aber wir sollten doch nÀher am Ende als beim Anfang sein.
O Dass der ârealwirtschaftlicheâ Zyklus auch mehr und mehr Schnauf und Schneid verliert, wurde hier ebenfalls schon angesprochen.
Zum guten Schluss sei noch die BIZ zitiert (JB, 161 ff.):
âDie Volkswirtschaftslehre ist keine exakte Wissenschaft... Wirtschaftsprognosen liegen daher oft weit daneben, vor allem an zyklischen Wendepunkten... Auch mit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren und mit den Krisen in Japan und SĂŒdostasien Anfang bzw. Ende der 1990er Jahre hatte praktisch niemand gerechnet. Vielmehr war in allen FĂ€llen eine Phase nicht inflationĂ€ren Wachstums vorausgegangen, dessen Dynamik sogar zahlreiche Beobachter veranlasste, vom Beginn einer âneuen Ăraâ zu sprechen...â [Insofern darf das Obige auch gern in die Tonne getreten werden].
Andererseits ist dieser BIZ-Passus zu bedenken:
âDie beobachtete WiderstandsfĂ€higkeit der MĂ€rkte gegenĂŒber aufeinanderfolgende Schocks hat anscheinend zunehmend die Auffassung begĂŒnstigt, dass niedrige Preise eine Kaufgelegenheit bedeuten. Die Gefahr solcher endogenen Marktprozesse besteht darin, dass sie sich letztlich umkehren können und mĂŒssen, wenn die Fundamentaldaten ĂŒberbewertet worden sind. Sollte die LiquiditĂ€t versiegen und sollten die Korrelationen der Vermögenspreise untereinander zunehmen, wĂ€re zudem zu befĂŒrchten, dass die Preise auch unterschieĂen könnten. Derartige Zyklen hat es in der Vergangenheit schon oft gegeben.â
Sowie:
âEine weitere mögliche Sorge hĂ€ngt mit den Risikotransferstrategien zusammen; sie besteht darin, dass die ursprĂŒnglichen Kreditgeber in Zeiten von Marktturbulenzen auf einem ganzen Haufen von an Wert verlierenden Aktiva sitzen bleiben könnten... Leider spiegeln die Ratings nur die erwarteten Kreditverluste wider, nicht aber die potenziell folgenschweren Kreditereignisse in den Randbereichen der Verteilungskurve, deren Eintrittswahrscheinlichkeit ungewöhnlich hoch ist [wie gerade laufend] Am meisten gefĂ€hrdet sind wohl die Hedge Fonds, denn viele von ihnen haben sich tendenziell auf den Kauf der risikoreichsten dieser Instrumente spezialisiert, und ihre inhĂ€rente Risiko-Eigenkapital-Relation kann somit sehr hoch sein...â
Also warten wirâs ab, ob und falls ja, welche Leichen demnĂ€chst an die OberflĂ€che treiben. Der See ist groĂ (auĂer den CDOâs noch 4,1 Bio USD Mergers und Take-overs allein 2006, Leveradged Buy-Outs 753 Mrd mit einer durchschnittliche debt/cash-flow-Relation von 5,4 - Weltrekord).
Die BIZ: âFrĂŒher oder spĂ€ter wird der Kreditzyklus drehen und die Ausfallraten werden steigen...â
Wie immer also: FrĂŒher oder spĂ€ter.
Schaumermal + GruĂ!
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