>In Anlehnung an das Buch"Marketingfaktor Stimmungen" (Autor Silberer u.a.) habe ich diesen Beitrag betittelt. Das Buch habe ich vor langer Zeit auszugsweise gelesen und es kam mir heute wieder in den Sinn, denn die Reaktion der Börse auf die jüngste Zinsentscheidung hat mich zu der Frage geführt, ob das, was geschehen ist, rational ist, ob es (sinnvoll) erklärbar ist und was es mir ggf. für zukünftige Anlageentscheidungen sagen könnte. In meinem Kopf hat sich zwar augenblicklich nur ein wirres"Gedankenknäul" gebildet, doch vielleicht gelingt es in gemeinsamer Sortierarbeit für alle"wertvolles" zu Tage zu fördern.
>Freund Alan, (noch immer) allgemein gepriesen als die überragende Leitfigur der internationalen Börsenwelt hat also die Leitzinsen gesenkt und anschließend bröckeln die Notierungen ab. Von Freude oder gar Euphorie weit und breit keine Spur. Was ist geschehen? Nüchtern betrachtet ist eigentlich nur festzuhalten, daß die Fed, das gemacht hat, was alle erwartet haben. Nicht weniger - aber auch nicht mehr.
>Kommentare in den Medien zu dieser Entscheidung habe ich zwar noch nicht gehört, doch läge es nahe, die Talfahrt der Kurse etwa wie folgt zu erklären: Die Zinssenkung sei bereits im Vorfeld in die Kurse eingepreist gewesen. Aha, sagt sich der interessierte Simplici und fragt sich verwundert weiter, warum um alles in der Welt sie denn jetzt wieder ausgepreist werden. Als noch keine Zinsen gesenkt waren, waren sie eingepreist; jetzt wo die Zinsen gesenkt sind, werden sie wieder ausgepreist. Verkehrte Welt? Sell on good news? Oder hatten die Anleger insgeheim sogar mehr erwartet und wenden sich nun entsprechend enttäuscht ab?
>Ich glaube, es reicht an dieser Stelle, die entsprechenden Fragen zu umreißen. Das Feld, in dem wir uns bewegen, ist damit hinreichend umschrieben und ich wende mich num dem Faktor Stimmungen zu. Wie gesagt tue ich das in Anlehnung an das oben genannte Buch. Ich habe es ca. 1996 gelesen und augenblicklich nicht zur Hand. Entsprechend lücken- und fehlerhaft ist meine Erinnerung an seine Inhalte.
>Zunächst einmal werden Stimmungen definiert als allgemeine Grundgestimmtheit des Menschen, die sich nicht auf isolierte Ereignisse oder Personen zurückführen läßt. Dadurch werden Stimmungen von Emotionen abgegrenzt. E-motionen sind wie der Name schon andeutete immer auf etwas gerichtet. Um es an einem Beispiel deutlich zu machen: Man ist gut oder schlechtgelaut, kann aber nicht erklären warum (Stimmung). Hingegen man ist wütend auf den Nachbarn oder freut sich auf den Wochenendausflug mit der Familie. (Emotion) Der ungerichtete Charakter einer Stimmung macht es unmöglich, sie einem isolierten und damit konkret benennbaren Sachverhalt zuzuschreiben. Gleichzeitig sind auch Stimmungen"Wirklichkeiten" insofern sie Aus-Wirkungen haben.
>Betrachtet man diese Stimmungen näher so trifft man auf zwei Aspekte, die einander verstärken oder neutralisieren können. Da ist zunächst einmal die Grundstimmung des Individuums (positiv, negativ, heiter, bedrückt, sorglos, übertrieben gewissenhaft etc.), die für das ganze Leben bestimmend ist. Von ihr kann abweichen, muß es aber nicht, die momentane Stimmung (ein generell ehr fröhlicher Mensch ist betrübt, weil er gerade mit Fieber im Bett liegt usw.). Für die Werbung und den Verkauf ist nun die Frage von besonderem Interesse, ob und ggf. wie unterschiedliche Stimmungen die Aufnahme, Verarbeitung und Bewertung von Informationen beeinflussen.
>Aus diesem Forschungsinteresse heraus entstanden umfangreiche Tests, die u.a. folgende Unterschiede (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) zu Tage gefördert haben:
>1) Menschen hören einem anderen Menschen in guter Stimmung eher zu als in schlechter, d.h. man findet leichter Zugang zu jemandem, der gut gestimmt ist. Das ist leicht nachvollziehbar, denn wer schlecht drauf ist, ist oft viel zu sehr mit sich selbst und seinen eigenen Problemen beschäftigt, als daß er sich leicht fremden Ideen und Gedanken öffnen könnte.
>2) Menschen in schlechter Stimmung hören (wenn sie denn zuhören) aufmerksamer zu. Sie durchdenken die fremden Ideen intensiver und verlangen signifikant mehr Detailinformationen als gutgestimmte Menschen. Ein schlechtgestimmter Mensch, der sich zum Zuhören entschließt, ist entweder nur höflich oder aber er hat zu Recht oder Unrecht das Gefühl, die fremden Gedanken könnten geeignet sein seine eigene Stimmung/Lage zu verbessern. Einer entsprechenden Wahrnehmung wird er also umso intensiver nachgehen, während ein gutgelaunter Zeitgenosse diese Suche nicht an den Tag legen wird. Warum soll er intensiv nach etwas suchen, das ihn in eine Stimmung versetzt, in der er ohnehin schon ist?
>3) Die Intensität der geistigen Durchdringung eines Sachverhalts schlägt auf das Erinnerungsvermögen durch. Erfolgt die Informationsaufnahme in einer Phase schlechter Stimmung, so wird die Information besser gespeichert und kann zukünftig leichter aus dem Erinnerungsvermögen wieder abgerufen werden. Über lange Zeiträume sind die Unterschiede beachtlich.
>4) Bessere geistige Durchdringung des Sachverhalts und ein deutlich höheres Erinnerungsvermögen äußern sich in einer geringeren Unsicherheit und einem stabileren Handeln (Nachkaufunsicherheit, Kundentreue etc.).
>Gemeint ist dabei folgendes: Eine Werbebotschaft trifft auf den schlechtgestimmten Kunden A und den gutgelaunten Kunden B. Während B den Spott recht wohlwollend behandelt und die Aussagen eher am Rande zur Kenntnis nimmt, empfindet A die Werbung zunächst als Störung, weil sie mit ihrer heiteren Weltsicht (dieses Produkt macht dich glücklich) nicht in sein trübes Weltbild passen will. Blockt A nicht komplett ab, so wird er sich intensiver mit der Werbebotschaft beschäftigen, ihr für und wider sorgsam gegeneinander abwägen. Kommt er zu dem Schluß, die Werbung hat gelogen oder zu der gegenteiligen Erkenntnis das Behauptete sei richtig ist verhältnismäßig unwichtig, denn in jedem Fall werden seine Kauf- oder Nichtkaufentscheidungen eine Stabilität haben, die bei B nicht im gleichen Maß anzutreffen ist.
>Da auch Investoren unterschiedlich gestimmt sind, greifen die Mechanismen auch hier, zumal sich machne Kommentare und Einschätzungen aus dem Mund von Analysten, Notenbankrepräsentanten und Politikern wie Werbebotschaften lesen. Man denke nur mal an die vielen Statements aus dem letzten Herbst mit dem Inhalt:"Der Euro ist unterbewertet weil..."
>Und hier sind wir nun endgültig bei dem Gedankenknäul in Simplicis Kopf angekommen. Je mehr ich über die Frage nachdenke wie denn überhaupt die augenblickliche Stimmung an der Börse ist, desto schwerer fällt es mir eine Antwort zu geben. Spontan würde ich für eine eingetrübte bis schlechte Stimmungslage plädieren wollen, gerade mit Blick auf die Monate November und Dezember 2000. Doch wie paßt das zu der Beobachtung, daß die einzigen beobachtbaren Paniken jener Tage Kaufpaniken und keine Verkaufpaniken waren? Ist also die Stimmung tief im Inneren der Investoren wirklich schlecht oder wird dies nur auf einer oberflächlichen Ebene behauptet, weil totale Euphorie gerade"out" ist und alle mit dem Trend gehen wollen?
>Und nun triff auf diese schwer einschätzbare Stimmung zweimal in kurzer Folge die Freuden(werbe)botschaft der Fed. Das Produkt (Zinssenkung) ist beim Käufer (Investoren) grundsätzlich positiv besetzt. Die einzelnen Botschaften der Begründung (Werbung) wie Entwarnung an der Inflationsfront, soft landing Szenario etc. mögen geglaubt werden oder nicht. In jedem Fall steht der Durchschnittsinvestor vor dem (Aktien)regal und fragt sich beständig kaufen oder stehen lassen.
>Traf eine Botschaft, die positive Aspekte für sich reklamiert, auf gut gestimmte Anleger, die sich aufgrund ihres heiteren Gemütszustands gar nicht mehr die Mühe gemacht haben, die Einzelheiten und Konsequenzen der Botschaft differenziert zu durchdenken? Oder traf sie auf schlecht gestimmte Anleger, die ihren Inhalt nicht glauben können oder wollen und deshalb das feilgebotene Produkt wie Sauerbier im Laden stehen lassen? Und was läßt das im einen wie im anderen Fall für die Zukunft erwarten?
>Wenn die Stimmung wirklich positiv ist, müßte in den nächsten Monaten der altbekannte Optimismus mit Erscheinungen wie (Mittelzuflüsse zu Fonds, Rückkauf von in Ungnade gefallenen Lieblingsaktien etc.) wiederkehren. Ist die Stimmung jedoch negativ (oberflächlich und tief im Inneren) könnten sich die Akteure trotz positiver Werbebotschaft schnell wieder daran erinnern, wie oft das unschöne Wort Rezession in den vergangen Wochen den Eingang in die eigenen Gehörgänge gefunden hat. Und da das damals in einer im Vergleich zu heute noch schlechteren Stimmung geschah, erfolgte die Verankerung im kollektiven Erinnerungsvermögen entsprechend stärker als die der Botschaft von heute. Freund Alan wird dann noch sehr viel Werbung für sich und sein Produkt machen müssen nur um überhaupt das negativ verankerte Wort"Rezession" zu neutralisieren, geschweige denn es durch das positive Substitut"Aufschwung" zu ersetzen.
>Das Knäul ist längst noch nicht entwirrt, höchstens rudimentär in Worte gefaßt. Doch nun wißt ihr wenigstens mit welchen seltsamen Gedanken sich ein Simplici in dieser Nacht und den nächsten Tagen/Wochen herumschlagen wird.
>Gruß
>Simplici
Simplici,
fuer dein Knaeul, einige Nachrichten von gestern Abend.
Der US Tax-Free Money Markets Fund, hatte letzte Woche einen OUTFLOW von 5,3BLN.
US Asset-Backed Market hat im Januar einen neuen Rekord auf gestellt, von 26BLN, das sind an die 10BLN mehr als sonst.
Jan 99 6.1 BLN
Jan 00 7.9 BLN
Sep 00 40 BLN
das Verkaufs-Karussell von Schulden dreht sich immer schneller, u. schneller!!
an schoena
almoehi
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