Hallo!
Unabhängig von der Gültigkeit der Transmissionsmechanismen der Geldtheorie, mit der Zinsenkungen in die Realwirtschaft übertragen werden können (theoretisch) ist doch folgendes zu bedenken: Wer in absehbarer Zeit einen Kredi benötigt und mit weiter sinkenden Zinsen rechnet,wird doch den Teufel tun und sofort diesen Kredit aufnehmen, sondern eher warten bis der Zins als Preis für diesen Kredit weiter sinkt und er diesen billiger bekommt. Das Eintreten einer Zentralbank in eine länger andauernde Zinssenkungsphase mit Zinssenkungen in Tippelschritten zur Ankurbelung der Wirtschaft durch vermehrte Kreditinanspruchnahme dürfte genau das Gegenteil davon bewirken, nämlich Kreditabstinenz. Erst wenn alles damit rechnet, daß die Phase der Zinssenkungen vorüber und daher zukünftig wieder mit steigenden Preisen für das"Produkt" Kredit zu rechnen ist, werden die Kredite aufgenommen. Alles c.p. natürlich. Deflation ist doch ein beliebtes Thema in diesem Board,hier müßte sich sich doch in der Praxis beobachten lassen. Oder wo liegt mein Denkfehler?
Michael
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>>Da die Inflationsgefahren gebannt scheinen und der Umsatzrückgang als schwache konjunkturelle Entwicklung interpretiert werden kann, bietet sich der US-Federal Reserve Bank mehr Spielraum, die Wirtschaft des Landes durch eine Senkung der Leitzinsen wieder in Schwung zu bringen.
>Eine Senkung der Leitzinsen sind zunächst Mal keine Senkung der Kreditzinsen, da die Fed keine Kredite vergibt. Die Fed kann zwar am kurzen Ende die Liquiditätsbeschaffung erleichtern, aber sie gibt nicht neue Liqudität heraus, sondern sie macht nur bereits vorhandene (!) kurzfristige Verschuldungen liquider.
>Worauf es ankommt ist: 1. Dieses"Signal" der Fed und es kann immer nur ein Signal sein, kein echter kreditwirtschaftlicher Vorgang, muss zu einer Senkung des gesamten Zinsniveaus über alle Fristigkeiten führen. 2. Die sich dann am Markt ergebenden niedrigen Renditen zunächst für bereits existente (!) Verschuldungen müssen zu zusätzlichen neue Kreditakten führen - erst dann könnte das Fed-Signal greifen.
>Ich bitte zu beachten, dass eine Umschuldung allein (ich tausche meinen hochverzinslichen Kredit in einen niedriger verzinslichen) nichts bringt, weil nicht neue Kredit vergeben, sondern alte nur umgeschuldet werden, woran die Banken erheblich Geld verdienen, was jeder bestätigen kann, der ein Mal einen Hochzins-Kredit gegen einen niedrigeren eingewechselt hat.
>Es bleibt also nur die Möglichkeit, dass das Signal der Fed die Aufnahme neuer, zusätzlicher Kredite erleichtert, indem sie neuen Verschuldungswillen schafft. Ob dieser Wille auch zu neuer Kreditvergabe führt, ist sehr die Frage. Denn bereits vorhandene Verschuldungsgrenzen und Bonitäten müssen zunächst überprüft werden.
>Klartext: Eine Leitzinssenkung allein ist gar nichts. Was folgen m u s s (und was so schön mit"Schwung" umschrieben wird) ist eine neue Runde zusätzlicher Kreditakte, die zu zusätzlichen Kaufakten usw. führt. Und ob das funktioniert, werden wir ja sehen.
>Niemand kann zu zusätzlicher Verschuldung gezwungen werden. Entscheidend ist letztlich die Psychologie. Neue Kredite werden nur in Phasen des Optimismus aufgenommen (= Gewissheit, dass ich die Krediter auch bequem wieder ablösen kann).
>Da treten dann andere ungleich wichtigere Faktoren auf, z.B. das Verbraucher- und Unternehmervertrauen.
>Darauf kommt es also an. Die Börse nimmt zunächst an, dass die aufgrund der verschlechterten Lage sich abzeichende Leitzins-Senkung direkt zu einer"Verbesserung" der Lage führen wird. Das kann passieren, muss aber nicht.
>Sollte dieser"Mechanismus" nicht funktionieren, wird sie umso mehr enttäuscht sein und nach einem Höhenflug querbeet einbrechen, möglicherweise mit Crash. Und dann lasciate ogni speranza.
>Geduld, Geduld. Wir werden alles noch erleben.
>Gruß
>d.
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