>Kann ein solcher Verschwendungskönig historisches Beispiel für alle Volkswirtschaftlichen Verläufe in Japan, USA, Deutschland, Europa... sein?
Verschwendungskönig? Der"Maison du Roi" hat gerade Mal etwa zwei Prozent des Etats gekostet plus Kleinkram.
>Gibt es nur Parallelen oder auch Abweichungen in der Ausgangslage?
Welcher Ausgangslage? Die lag 1720 mit der Entschuldung des Staates durch die Law'schen Finanzoperationen sehr günstig und dann haben wir den von Uwe (Danke!) angesprochenen Zyklus von 65/70 Jahren. Der hat sich durch den nächsten Knick in der Kurve um 1870/71 wiederholt, mit dem es dann auch in Frankreich zum längerfristigen Niedergang bzw. Stillstand kam (in D"die Depression der Bismarckzeit").
>In welchen Volkswirtschaften ist das Verhältnis 207:610 Mio Livres, also 1:3 schon heute erreicht?
In zahlreichen Einzeletats der Bundesländer (Bremen, Saar, Brandenburg, S-A, M-P, usw.) und im Weltmaßstab u.a. Japan mit (Zahlen mögen diskutierbar sein, da zahlreiche"Schattenhaushalte") garantiert schon mehr als 1:3.
Außerdem sind nirgends die Renten- und Pensionsverpflichtungen als Staatsverschuldung konsolidiert verbucht.
>Wie hoch war der Staatsanteil 1788?
Ich kenne nur eine Schätzung für Preußen unter Friedrich II.: ca. 20 %, im Kaiserreich dann bis Wilhelm II. auf ca. 12-15 % gefallen.
>Wie ist er in modernen Industriegesellschaften heute?
Zwischen 30-40 % (USA, CH) und 50-60 % (S, J, I, B, usw.) D liegt angeblich knapp unter 50 %, je nachdem, ob die Rentenversicherung eingerechnet wird oder nicht.
>Wie war die Vermögenssumme/Verteilung damals und heute?
Damals weiß niemand. Wie auch berechnen ohne Details erheben zu können? Heute sich laufend verschlechternd (jedenfalls gilt dies als communis opinio der VWLer und der"linken", wie meines Freundes Prof. Hickel, Bremen, sowieso).
>War der Besitz und das Vermögen, das Guthaben nicht weitgehend auf die Königsfamilie und nahe Kreise beschränkt?
Mit Sicherheit nicht. Größte Grundbesitzer: Kirche, Adel (daher in der Revolution enteignet), größte Vermögende vor allem das sog."Besitzbürgertum". Die hatten die bekannten"Rentes viagères","Rentes perpetuelles","Rentes hèreditaires" usw. - wurden in Ochsenfurt gezeigt).
>Hat Jacques Necker nicht selbst an diesem Desaster mitgearbeitet, indem er 1777 und später in die Dienste des Verschwendungskünstlers Ludwig XVI trat, um an der Spitze der Finanzverwaltung falsche Berichte über die Lage abgab.
Sehr gut und richtig! Das war 1781 sein berühmtes"Compte rendu au Roi", wo er ein Plus von 10 Mio Livres statt eines Defizits (!!!) von 46 Mio. vorgerechnet hatte, um bessere Konditionen für neue Anleihen zu finden. Aber er trat 1781 zurück. Und sein"De l'administration..." gilt als zuverlässige Quelle.
>Ist sein Werk damit frei von Selbstbeweihräucherung und falscher Dramaturgie?
Der hat sich ein Leben lang selbst beweihräuchert, auch völlig richtig. Aber als er das Buch schrieb, war er Privatmann.
>Gibt die Wirtschaft heute aus dieser Wirtschaftsgeschichte nicht bestenfalls ein erstes Indiz, aber noch nicht den definitiven Beweis, das immer alles nur so kommen kann?
Was heißt"Indiz"? Was"Beweis"? Ein Staat, dessen Zinszahlungen immer weiter steigen, erlebt doch folgendes: Bei den ersten Schulden (= 100) kann er den Betrag voll als zusätzliche Nachfrage einsetzen. Sog."Ankurbelungsprogramme". Sobald aber die zusätzliche Verschuldung nur noch in Höhe der auf die alten Schulden fälligen Zinsen (= 100) erfolgt, gibt es keinerlei realwirtschaftlichen Effekt mehr - es sei denn die Bezieher dieser"arbeitslosen Einkommen" verkonsumieren die Zinsen. Sog. Tsatsiki-Effekt (siehe im Archiv).
Normalerweise lassen die Vermögenden ihre Zinsen aber auch nur"stehen", weshalb sie ja immer"reicher" werden.
<font color="FF0000">Ein Spruch aus HH lautet: Reich ist erst, wer von den Zinsen seiner Zinsen leben kann.</font>
>Gibt die Wirtschaftsgeschichte nicht auch noch breiter an Erfahrungen und möglichen Ableitungen?
Jedwede Staatsverschuldungen - auch wenn als"Investitionsausgaben" kaschiert - sind letztlich Staatskonsumschulden. Die staatlichen Investitionen lassen sich in ihrer"investiven" Wirkung niemals messen, da es keine entsprechenden Ergebnisrechnungen gibt.
Und wer meint, die staatlichen"Investitionen" seien erforderlich, um das Wirtschaftswachstum (in der privaten Wirtschaft) voranzutreiben, muss sich fragen lassen, warum die Wachstumsraten in D der letzten Jahre immer weiter abgenommen haben, obwohl der"Stand" der staatlichen Investitionen immer höher wurde (da die Staatsverschuldung immer höher stieg).
<font color=FF0000"> Eigentlich müssten wir doch nach so gigantischen Staats"investitions"programmen die höchsten Wachstumsraten haben.</font>
Was ist mit Japan? Die höchsten staatlichen Investitionen seit 1992 überhaupt. Und warum dann heute Minus- bzw."Null"wachstum plus Deflation?
>Was hat die Finanzierung der Kriege und Schlösser gekostet?
Kriege und Schlösser sind Staatskonsum. Es wurden also Konsumschulden gemacht. Und in deren Wesen liegt leider, dass sie niemals zu zusätzlichem BIP führen können - außer in der Periode, in der sie gemacht wurden.
Das ist so, als würden alle Unternehmen Maschinen kaufen (Riesenumsätze in Periode 1 und tolles BIP) und gleich wieder verschrotten (nix mehr in Periode 2, 3 usw.).
>Können wir heute nicht wenigstens ansatzweise bessere staatliche Ausgabenstrukturen erkennen?
Bildungs- und Ausbildungsausgaben sind sicher [b]zum Teil INVESTITIONEN; allerdings fehlt der Bezug zum Markt. Deshalb sollen Hochschulprofesoren jetzt endlich auch"nach Leistung" bezahlt werden. Warum jetzt erst?
>Ist der gesamte Staatshaushalt der USA, der Japaner, Europäer... verschwendet?
Mach Dir bitte selbst ein Bild davon. Oder frage Mal den militär-industriellen Komplex, was er alles drauf hat, Eurofighter etc.
>Haben wir keinen Grund zum Optimismus mehr?
In dieser Runde leider nur sehr wenig. Aber das nächste Mal machen wir es besser - versprochen!
Gruß
d.
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