Roland Leuschel
Viel VergnĂŒgen auf der Achterbahn
Sie kennen sicherlich die bekannte Börsenphilosophie der Rothschilds"Kaufen wenn die Kanonen donnern, verkaufen wenn die Violinen spielen!" Das habe ich versucht, als ich Ihnen im MÀrz zum Wiedereinstieg bei Aktien, besonders bei den stark gebeutelten Technologieakten, riet. Seitdem stieg allein der Nasdaq um mehr als 25% und auch die anderen MÀrkte hatten betrÀchtliche Zuwachsraten.
Aber Vorsicht, es handelt sich wahrscheinlich nur um eine temporĂ€re Kurserholung, und Dr. Jens Ehrhardt, den ich sehr schĂ€tze, hat kĂŒrzlich in der Financial Times Deutschland gewarnt:"Wer jetzt einsteigt, muss höllisch aufpassen." Und in der Tat könnte die Zwischenerholung von einer Fortsetzung der Baisse in der zweiten JahreshĂ€lfte abgelöst werden, und zwar ganz einfach, weil wir auf eine Rezession zusteuern. Also sobald der Dax um die 7.000 kreist, der Dow Jones auf 10.500 bis 11.000 zusteuert, der Standard & Poors 500 wieder zwischen 1.250 bis 1.300 pendelt, und der Nasdaq gar auf 2.500 bis 3.000 emporschnellt sollen wieder die Alarmglocken klingeln, und machen Sie es so wie ich es handhabe: Wenn 15 bis 20% Nettogewinn auf meinen Aktienengagements steht, dann nehme ich den Gewinn eben mit.
Wenn man Cash besitzt, ist es so angenehm, die Börsenteile der Zeitungen und die Analysen der Broker zu studieren, und Sie werden entdecken, es gibt nicht nur viele"OpportunitĂ€ten", sondern auch Zeit, um Ihre Auswahl zu treffen. Im Gegensatz zum Crash vom Oktober 1987 wird es dieses Mal mit groĂer Wahrscheinlichkeit zu einem starken Wirtschaftsabschwung kommen. Damals war es anders, in Amerika fand der Crash in ein paar Tagen statt, in Europa dauerte es etwas lĂ€nger (4 bis 6 Monate), aber dem Oktober-Crash folgte keine Rezession. Ăbrigens eine persönliche Anmerkung: Es wurde allgemein bekannt, dass ich den Crash vom Oktober 1987 sechs Monate vorher vorausgesagt hatte, dabei spielte das GlĂŒck mit dem Timing eine erhebliche Rolle: Aber worĂŒber man in der Presse weniger schrieb, war die wichtige Prognose im November und Dezember 1987, dass es zu keinem Wirtschaftsabschwung kommen wird. Im Schweizer Verlag Fortuna veröffentlichte ich damals eine BroschĂŒre"Die vorhersehbaren Ăberraschungen fĂŒr 1985", in der dieses Szenario ausfĂŒhrlich beschrieben wurde. Heute ist die Lage völlig anders.
Wir haben es mit einem Salami-Crah zu tun, der spĂ€testens im Jahr 1997 begann, und von wenigen Anlegern eigentlich richtig bemerkt wurde. Der mĂ€chtigste Mann fĂŒr die FinanzmĂ€rkte auf dieser Welt, den persönlich meistens scharf kritisiere, weil er keinen Mut hat, Ungleichgewichten in der Volkswirtschaft entgegenzutreten, Alan Greenspan, hat dafĂŒr gesorgt, dass es zu keinem plötzlichen Aktiensturz auf den MĂ€rkten kam. In Kauf nehmen musste er dafĂŒr und er tat es bewusst und bereitwillig, irrsinnige, in der Geschichte einmalige Ungleichgewichte in der Volkswirtschaft der USA. So fiel die Sparquote von ĂŒber 9% im Jahr 1992 sogar unter 0% und wurde in diesem Jahr mit 1,3% negativ. Das Leistungsbilanzdefizit der USA ĂŒbersprang mittlerweile die 4% der gesamten volkswirtschaftlichen Leistung.
Letzten Endes erreichte die Verschuldung der amerikanischen Haushalte nie gekannte GröĂen (35% des verfĂŒgbaren Einkommens), und sollte der amerikanische Verbraucher mit etwas Vernunft anlegen, dass heiĂt den Abbau der Verschuldung in Angriff nehmen und wieder sparen, dann droht nicht nur der amerikanischen Wirtschaft eine Rezession, sonder dann werden in Tokio die Lichter ausgehen, und auch in Europa dĂŒrfte die Illusion einer starken wachstumsorientierten Volkswirtschaft verfliegen.
(Lesen Sie bitte die Titelgeschichte im letzten Fortune Magazine"Uh, Oh! There goes consumer convidence".)
Wie ernst es um die Wirtschaft steht, beweist die Panik, die bei Alan Greenspan ausgebrochen ist. Und dabei sollte er besser wissen als jeder andere, die schlechtesten Ratgeber sind Euphorie und Panik. Jetzt hat die Fed den Zielzinssatz fĂŒr Tagesgeld aus Sorge um die wirtschaftliche Entwicklung erneut um 50 Basispunkte zurĂŒckgenommen, und das vor der geplanten Sitzung der Federal Reserve. Damit hat die Fed die Leitzinsen seit Jahresbeginn schon 4 mal um insgesamt 200 Basispunkte gesenkt."Was weiĂ die Fed, was wir nicht wissen?", fragt ein bekannter Journalist. Ich kann versuchen, darauf Antwort zu geben.
Ich habe in den Berichten der Federal Reserve"Flow of Funds" die Entwicklungen des"net wealth" der privaten Haushalte in Amerika angeschaut. Seit rund 25 Jahren hat jedes Mal nach einem temporĂ€ren Verfall (ausgelöst durch fallende Immobilienpreise oder fallende Aktienkurse) in der unmittelbaren Folge eine Rezession gegeben. Das war 1970, 1971, 1980 und 1990 so. Noch nie hat es einen derartig scharfen RĂŒckgang des"net wealth" gegeben wie im ersten Quartal dieses Jahres: Das Nettovermögen der privaten Haushalte fiel gegenĂŒber dem ersten Quartal des Jahres 2000 um 10,75%, also noch schlimmer als nach dem 1974er Ă-lschock.
Um es noch einmal klar zu formulieren: Auf Grund dieses scharfen RĂŒckgangs des Nettovermögens konnte Greenspan einfach nichts anderes mehr tun, als die Zinsen rapide zu senken. Weniger Zinsen fĂŒr Sparen bedeutet im Grunde genommen, noch weniger sparen... und letzten Endes stĂ€rkere Inflation.
Und darauf stellen Sie sich bitte ein.
Ich habe in meinen vergangenen BeitrĂ€gen darauf hingewiesen, dass fĂŒr die Beseitigung der Ungleichgewichte rund 10 Jahre gebraucht werden, und wir in diesen 10 Jahren unser Vermögen praktisch tĂ€glich verwalten mĂŒssen. Bevor wieder ein fundamentaler Haussetrend einsetzt, werden mit Sicherheit noch einige Monate vergehen. Vergessen Sie nie, den Speck in der Falle bekommt in der Regel erst die zweite Maus.
Aus meiner Aktienauswahl in meinem letzten Bericht stieg besonders die Aktie Qiagen. Der Grund dĂŒrfte einfach sein, die Analysten von Robeco haben aus dem ganzen biotechnologischen Bereich 4 Aktien ausgewĂ€hlt, darunter Qiagen. Ăbrigens, um bei den Rothschilds zu bleiben, James Mayer de Rothschild tröstete einmal einen Freund, der sein Geld bei Aktien verloren hatte:"Ihr Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer." Versuchen Sie der andere zu sein!
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Mein Tipp: Ausdrucken, rahmen und ĂŒber den RECHNER hĂ€ngen.
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