Das globale Abhör-Puzzle 
 
 Christiane Schulzki-Haddouti 20.04.2001  
 
 Gerhard Schmid über Arbeitsweise und Erkenntnisse des 
 Echelon-Ausschusses des Europaparlaments  
 
 
  
 
 Im Mai will Gerhard Schmid, Berichterstatter des nichtständigen 
 Echelon-Untersuchungsausschusses des Europaparlaments, den abschließenden 
 Bericht vorstellen. Im Telepolis-Interview berichtet er Christiane 
 Schulzki-Haddouti vom Stand der Erkenntnisse.  
 
 
 Hat der Ausschuss wirklich neue Erkenntnisse gebracht?  
 
  
 Gerhard Schmid: Wenig, was sich nicht bei gezielter und methodischer Suche auch so 
 finden lässt. Ich habe aber nie die Erwartung gehegt, dass die Dienste von sich aus 
 freiwillig Details erzählen. So berichtete Ernst Uhrlau im Ausschuss auch nur in dem 
 Umfang über die Tätigkeiten der Abteilung 2 des Bundesnachrichtendienstes (BND), 
 wie es der BND bereits vor dem Bundesverfassungsgericht getan hat. Wir könnten 
 auch mit einem Untersuchungsausschuss die Nachrichtendienste nicht zwingen, ihre 
 Geheimnisse preiszugeben, und die amerikanischen Dienste schon gar nicht. 
 
 
 Also war der Ausschuss bislang eher eine Alibiveranstaltung?  
 
  
 Gerhard Schmid: Nein. Das systematische Sammeln, Auswerten und Bewerten von 
 öffentlich zugänglichen Informationen bringt schon was. Der Vorteil eines Ausschusses 
 ist auch, dass die Abgeordneten nachfragen können und dass simultane 
 Verdolmetschung in alle elf in der EU verwendeten Sprachen stattfindet.. Was die 
 technischen Möglichkeiten der Dienste anbelangt, haben wir darüber keine detaillierten 
 Aussagen erhalten. Aber man muss es nicht von den Diensten wissen. Einige Kenntnisse 
 der Nachrichten- und Kommunikationstechniken, abgefragt bei Experten, genügen, um 
 Schlussfolgerungen ziehen zu können 
 
 
 Was haben Sie über die Möglichkeiten des Abhörens per Satellit erfahren?  
 
  
 Gerhard Schmid: Das Abhören von Satellitenkommunikation ist nur in einem 
 bestimmten Ausleuchtradius möglich. Man kann sich also nicht an eine x-beliebige Stelle 
 auf der Erde stellen, um die Satelliten abzuhören, sondern man muss sich im Bereich der 
 so genannten footprints, also der Ausleuchtungen, bewegen. Wenn man sich dort aber 
 mit einer Schüssel von entsprechender Größe hinstellt, kann man alles mitbekommen, 
 was über Intelsat abläuft. Intelsat sind aber nicht die einzigen für die Nachrichtendienste 
 interessanten Satelliten, sondern es gibt auch einige regionale wie zum Beispiel Arabsat.  
 
 Interessant ist hier, dass ein Teil der Wirtschaftskommunikation nicht über das offizielle 
 Postnetz läuft, sondern über direkt geschaltete Satellitenverbindungen. Dies findet 
 beispielsweise bei Videokonferenzen großer multinationaler Unternehmen statt. Wenn 
 sie bei diesen V-Sat-Verbindungen nicht vorher selbst verschlüsseln und später wieder 
 entschlüsseln, haben die Dienste voll die Möglichkeit mitzuhören. Das ist technisch mit 
 Schüsseln von einem Durchmesser von weniger als zwei Metern zu bewerkstelligen. 
 Diejenigen, die solche Satellitenverbindungen anbieten, verschlüsseln in der Regel nicht. 
 Das muss man selbst machen. Alles was über Satellit geht, ist so offen wie eine 
 Postkarte. 
 
 
 Wie sieht es mit der leitungsgebundenen Kommunikation aus?  
 
  
 Gerhard Schmid: Kabelgebundene Kommunikation lässt sich nur dann abhören, wenn 
 man physischen Zugang zum Kabel hat. Beim Echelon-Staat USA reduziert sich dies 
 auf die Verbindungen, die in die USA hinein- und wieder herauskommen, da hier die 
 NSA ran darf. Es reduziert sich auf das, was bei Großbritannien rein- und rausgeht, 
 weil das General Communications Headquarter an diese Leitungen ran darf.  
 
 Und es reduziert sich auf das, was alles in Neuseeland und Australien ankommt. Früher 
 war dies bei den Telegraphenleitungen wichtig, weil man sofort wegen der 
 Zwischenverstärker aus dem Wasser gegangen ist, sobald man die Möglichkeit dazu 
 hatte. Deshalb hat man im pazifisch-asiatischen Raum alle Kabel über Neuseeland und 
 Australien gelegt.  
 
 Da man zur Zeit der Kupferaxialkabel möglichst kurze Kabelverbindungen wollte, 
 gingen diese Telefonkabel von Europa nach Amerika über Neufundland, das ist 
 kanadisches Territorium. Heute kann man die optischen Glasfaserkabel so legen wie 
 man will, und das tut man auch. Hier muss man nicht mehr bei irgendwelchen 
 Zwischenstationen aus dem Wasser gehen. Damit reduziert sich das Auflanden auf die 
 Endpunkte mit der Kommunikation. Ein abhörwilliger Staat kann also örtlich nur dort 
 zugreifen und er braucht die gesetzliche Möglichkeit, den heute meist privaten Besitzer 
 der Kabel zur Duldung des Abhörens zu zwingen. Denn die Zeiten, als die Post noch 
 dem Staat gehört hat, sind vorbei.  
 
 Bei Telefon und Fax gab es bis vor kurzem eine Hierarchisierung der 
 Kommunikationsvermittlung: Das Ortsgespräch blieb in der Ortsvermittlungsstelle, das 
 Regionalgespräch in der Regionalvermittlungsstelle und zwischen den großen Städten 
 gab es Direktverbindungen. Die Kommunikationsverbindung spielte sich also im 
 näheren Umfeld ab und war nur für das Abhören durch den eigenen Staat zugänglich. 
 Seit der Privatisierung der Kommunikationsnetze hat sich das etwas geändert. Bei den 
 Privaten geht ein Teil je nach Netzverfügbarkeit über das Ausland, aber nicht unbedingt 
 über England oder Amerika. Es kann schon mal passieren, dass ein deutsches 
 Inlandsgespräch über Italien läuft.  
 
 Beim Internet ging fast jede Kommunikation von einem Provider in Deutschland zu 
 einem anderen Provider in Deutschland über Switches, die in Amerika saßen. Das war 
 vor fünf bis sechs Jahren noch so. Der Austausch von einem Netz in ein anderes Netz 
 wurde über Amerika organisiert. Das Ganze lief über die beiden großen Leitungen des 
 Wissenschaftsnetzes. Wenn man sich dort an die zwei Switches gesetzt hat, hatte man 
 einen Großteil der europäischen beziehungsweise deutschen Internetkommunikation 
 soweit sie zwischen zwei unterschiedlichen Providern stattfand. 
 
 
 Inzwischen hat sich jedoch beim Internet-Routing vieles geändert.  
 
  
 Gerhard Schmid: Mit der Kommerzialisierung des Netzes versuchten die Provider 
 alles in ihrem eigenen Netz zu halten. Wenn Sie aber als Kunde von T-Online einem 
 anderen Kunden von AOL gemailt haben, waren die Übergabepunkte vor fünf bis 
 sechs Jahren noch überwiegend in Amerika oder beim zweiten großen Switch in 
 London. Damals konnten ECHELON-Staaten auf erhebliche Teile des 
 E-Mail-Verkehrs zugreifen. Heute regionalisiert sich auch das. Der Switch für die 
 deutsche Kommunikation sitzt in Frankfurt, das ist der De-CIX, über den mehr als 95 
 Prozent der E-Mails laufen.  
 
 Wir haben aus verschiedenen Mitgliedstaaten mit Traceroute Versuche gemacht, um die 
 Wege der Internetkommunikation herauszufinden. Es zeichnete sich dabei eines ab. 
 Überall dort, wo sie nicht in kleinen Ländern wie Griechenland oder Luxemburg 
 stattfand, wo noch viel über das Wissenschaftsbackbone und damit über Amerika geht, 
 dort also, wo es schon stärker ausgebaute Netze gibt wie in Frankreich, Deutschland 
 oder Italien, geht fast nichts mehr über den Atlantik. Das ist eins von den Beispielen, 
 wie Sie herausfinden können, was die Dienste bekommen können, auch wenn sie einem 
 nichts direkt sagen. Von außen läßt sich deduktiv schon einiges erschließen. Das gilt 
 auch für die Abhörbarkeit von Handys. 
 
 
 Lassen sich Handys per Satellit abhören?  
 
  
 Gerhard Schmid: Das geht technisch nicht. Satelliten im Weltraum versuchen ja über 
 ein möglichst großes Gebiet Funksignale einzusammeln. In Europa ist der Mobilfunk 
 über Funkzellen, die jeweils 30 Kilometer weit reichen, organisiert. Das Ganze ist 
 ungefähr in Gitternetze aufgeteilt. Die verschiedenen Gesprächskanäle werden über 
 verschiedene Frequenzen abgewickelt.  
 
 Wenn Sie sich an einem Ort einwählen, benutzt die Funkzelle eine bestimmte Frequenz. 
 Die benachbarten Funkzellen benutzen jedoch andere Frequenzen. Nach einer 
 gewissen Entfernung wiederholen sich jedoch wieder die benutzten Frequenzen. Bei 
 einer Abstrahlung in den Weltraum mischen sich diese Frequenzen und Sie können sie 
 nicht mehr einzeln auseinander halten.  
 
 Die Sendestärken sind ein zweites Argument dagegen, dass man 
 Handy-Kommunikation aus dem Weltraum abhören kann. Aus der Nähe können Sie 
 natürlich ein Handy abhören, aber wir reden ja über die Möglichkeiten eines global 
 organisierten Systems. Wenn ich in der Nähe eines Gebäudes bin und zum Rechtsbruch 
 entschlossen bin, kann ich alles. Davon reden wir aber nicht, da dies Präsenz vor Ort 
 voraussetzt. Global arbeiten heißt jedoch exterritorial arbeiten. Das geht aber mit 
 Handys nicht. Anders ist dies natürlich bei den Koffersatellitentelefonen, die über 
 Inmarsat laufen. Das sind die Satelliten, über die auch der gesamte Schiffsverkehr 
 abgewickelt wird. Davon werden drei Zonen der Erde abgedeckt. Alles was Inmarsat 
 ist, kann man natürlich abhören. Technisch ist dies sogar mit am einfachsten. 
 
 
 Wie steht es mit der Abhörbarkeit einer Richtfunkstrecke?  
 
  
 Gerhard Schmid: Seit der Entwicklung der Glasfasertechnik nimmt die Bedeutung der 
 Richtfunkstrecken dramatisch ab. Sie erlaubten ohne größeren Aufwand größere 
 Entfernungen zu überbrücken. Eine zeitlang waren die Richtfunkstrecken eine 
 Backup-Struktur für das Kabel. Aber mit den Glasfaserkabeln ist die Bedeutung der 
 Richtfunkstrecken dramatisch zurückgegangen. Abhören lassen sich die 
 Richtfunkstrecken dann, wenn man sich direkt in die Achse der Strecke zwischen oder 
 hinter der Empfangsantenne hineinstellt, denn der Funk wird gebündelt. Wenn man sich 
 aber parallel zur Achse der Strecke stellt, muss man schon sehr nah daran sein, um 
 abhören zu können. Da die Stasi dies eine zeitlang gemacht hat, konnte ich diese 
 Aussage der Techniker auch gegenprüfen lassen.  
 
 Demnach könnte man mit Hilfe eines geostationären Satelliten im Weltraum nur dann 
 eine Richtfunkstrecke abhören, wenn er auf der Verlängerung der Strecke ins All sitzt. 
 So ein Aufwand ist jedoch nur für militärische Richtfunkstrecken denkbar, über die zum 
 Beispiel wesentliche Befehle für U-Boote oder Raketen übermittelt werden. Angeblich 
 wurde dies aus diesen Gründen einmal mit einer Richtfunkstrecke in Sibirien gemacht, 
 aber dies ist nicht sauber belegt. Für ein systematisches Abgreifen der normalen 
 Kommunikation ist dies jedoch im Moment jenseits der technischen und finanziellen 
 Möglichkeiten. 
 
 
 In den Hauptstädten ist diese Technik jedoch immer noch sehr interessant?  
 
  
 Gerhard Schmid: In den Hauptstädten habe ich Nahverkehr. Natürlich muss ich davon 
 ausgehen, dass in den Konsulaten und Botschaften Abhöreinrichtungen für den lokalen 
 Nahverkehr vorhanden sind. Für das Abhören von Richtfunk genügen hier normale 
 Stabantennen. Richtfunkstrecken werden in Städten aber normalerweise nicht 
 verwendet, höchstens in Städten, die in einem Tal liegen, wo sie auf beiden Talseiten 
 Gebäude haben, um den Kessel zu überbrücken.  
 
 Das war in Bonn ja der Fall, das dürfte in Berlin jetzt etwas schwerer sein. 
 
 
 Wie sieht das mit den Unterwasserkabeln aus?  
 
  
 Gerhard Schmid: Das Anzapfen von Unterwasserkabeln spielt kaum eine Rolle. Es 
 wurde von den USA mit Kupferkoaxialkabeln gemacht, über die unverschlüsselte 
 Kommunikation zu den U-Boothäfen im russischen Eismeer gelaufen ist. Mit Hilfe einer 
 Spule, die man mit einem U-Boot neben das Kabel legt, kann man bei der 
 Kupferaxialtechnik auf elektromagnetischem Wege das Kabel nach dem 
 Transformatorprinzip anzapfen. 
 
 
 Und mit neuer Glasfaser-Technik?  
 
  
 Gerhard Schmid: Bei Glasfasern funktioniert das nicht. Bei den alten Glasfaserkabeln 
 musste in bestimmten Abständen in das Kabel ein Verstärker eingebaut werden, der die 
 Lichtwellen in Strom und dann wieder in Lichtwellen umwandelte. Das kann man 
 theoretisch induktiv anzapfen. Das Problem ist dann aber folgendes. Die riesige 
 angezapfte Informationsmenge können Sie auch nur wieder über ein Glasfaserkabel 
 weiterleiten. Das können sie nicht auf ein anderes Medium umsetzen. Sie müssten 
 deshalb von der Anzapfstelle direkt ein Kabel weiterziehen. Das macht nur Sinn, wenn 
 Sie sich direkt mit einem U-Boot daneben setzen und dort auch auswerten. Das ist ein 
 Riesenaufwand.  
 
 Es gibt das Gerücht, dass es für solche Zwecke ein Abhör-U-Boot gebaut wird. Aber 
 auch das würde nur für militärische Zwecke genutzt werden, aber nicht für einen Einsatz 
 im globalen Überwachungssystem. Bei den modernen Glasfaserkabeln funktioniert auch 
 das nicht, weil die Verstärker mit Erbiumlasertechnik funktionieren. 
 
 
 In manchen Gebieten hat ja der Satellit angeblich nur noch einen Anteil von 10 Prozent.  
 
  
 Gerhard Schmid: Wenn Sie der Ã-konomie der Telekommunikation folgen, ist der 
 Satellit dort das Mittel der Wahl, wo sie ein Gebiet mit wenigen Anschlüssen versorgen 
 müssen. Das ist in Afrika oder in Teilen von Lateinamerika der Fall. Wenn Sie eine 
 Weltkarte mit Seekabeln betrachten, werden Satelliten in der Regel dort eingesetzt, wo 
 wenig Seekabel anlanden. Es hat für mich einen tieferen Sinn, wenn der 
 Bundesnachrichtendienst jetzt an die Leitungen will, weil die mengenmäßige Bedeutung 
 der satellitengestützten Kommunikation, die nach Deutschland aus dem Ausland 
 kommt, dramatisch abnimmt.  
 
 Wenn ich die ganzen Erkenntnisse zusammenfasse, komme ich zu dem Schluss, dass 
 die im ersten STOA-Bericht von Steve Wright aufgestellte Behauptung, dass mit einem 
 globalen Abhörsystem jegliche Kommunikation abgehört werden kann, Unfug ist. 
 Dieses Szenario war paranoid. Das übersteigt die technischen Möglichkeiten. Aber es 
 bleibt noch genügend übrig. Zu sagen, es würde nicht gemacht, stimmt natürlich auch 
 nicht. 
 
 
 Was halten Sie von dem Bericht von Duncan Campbell?  
 
  
 Gerhard Schmid: Ich werde mir ein Endurteil bilden, wenn wir mit den Ermittlungen 
 fertig sind. Dass es ein global arbeitendes Abhörsystem gibt, steht für mich inzwischen 
 außer Zweifel. Ob es nun gerade den Codenamen ECHELON trägt oder anders heißt, 
 ist für seine Existenz und seine Auswirkungen unerheblich. Wir sind dabei, Details zu 
 überprüfen, zum Beispiel was die Lage der Abhörstationen betrifft. 
 
 
 Wie werden Sie das überprüfen? Werden Sie hinfahren?  
 
  
 Gerhard Schmid: Wenn ich Zeit hätte, würde ich das gerne tun, ja. Aber es gibt 
 glücklicherweise für viele davon veröffentlichte Bilder Es müssen einige 
 Voraussetzungen gegeben sein, um festzustellen, ob es sich um eine Abhörstation für 
 internationale Kommunikation handelt. Die Station muss innerhalb des 
 Ausleuchtgebietes liegen. Die Satelliten haben alle eine Antenne mit einem sehr großen 
 Ausleuchtbereich, daneben aber sogenannte hemibeams, zone beams oder auch zwei 
 oder drei so genannte Spots. Wenn ich alles mitkriegen will, muss ich mich in den Spot 
 hineinbegeben. Wir analysieren das gerade. 
 
 
 Sie haben die Karten mit den Ausleuchtzonen?  
 
  
 Gerhard Schmid: Wir haben sie alle und legen sie im Moment übereinander. Dies ist 
 das erste Kriterium.  
 
 Das zweite Kriterium ist folgendes. Wenn man die niedrigen Frequenzen im C-Band 
 abhören will, - das ist der Bereich, mit dem man große Räume ausleuchten kann -, 
 braucht man für ein vernünftiges Signal-Rauschverhältnis eine entsprechend große 
 Emfangsantenne. Für diesen bestimmten Teil der Satelliten-Kommunikation braucht 
 man Schüsseln mit einem Umfang von 20 bis 30 Metern. Wenn Sie nur über eine 
 kleinere Schüssel verfügen, bekommen Sie einen Teil der Kommunikation nicht mit.  
 
 Wenn Sie zum Beispiel nach Bad Aibling gehen, werden Sie feststellen, dass dort keine 
 30 Meter große Empfangsschüssel steht. Ich weiß noch nicht genau, was die dort 
 machen, aber das C-Band von Intelsat hören sie dort nicht ab. Für die 
 Satellitensteuerung oder für militärische Anwendungen genügen dagegen kleinere 
 Schüsseln. Wenn Sie einen Sigint-Satelliten betreiben, der beispielsweise Signale von 
 einem Jeep irgendwo im Irak aufgreift, brauchen Sie am Satelliten einen sehr großen 
 Empfangsschirm, um das schwache Signal vernünftig empfangen zu können. Wenn Sie 
 das Signal dann an die Bodenstelle weiterleiten, tun Sie das aber sehr gebündelt, da Sie 
 ja nicht wollen, dass alle anderen dies mitbekommen. Also reicht eine kleine 
 Empfangsantenne.  
 
 Das dritte Kriterium ist, es darf sich nicht um Post-Schüsseln handeln, sondern die 
 Schüssel muss vom Militär oder vom Geheimdienst betrieben werden. Das ist zum 
 Beispiel in Cornwall der Fall. Nach dieser Logik kann man also ermitteln, wo die 
 Stationen stehen müssen.  
 
 Wir können also nur mit der Methode des Indizienbeweises arbeiten, denn kein 
 Geheimdienst wird von sich aus erzählen, was tatsächlich abläuft. Auch vor keinem 
 Untersuchungsausschuss. Außer Sie hätten natürlich einen Überläufer. 
 
 
 Wie haben sich Frankreich und Großbritannien gegenüber dem Ausschuss verhalten?  
 
  
 Gerhard Schmid: Wir sind selbst nach Paris und London gegangen, mit gutem Grund. 
 Der Berichterstatter des Echelon-Ausschusses im Französischen Parlament, Herr 
 Paecht, war bei uns und hat erzählt was in seinem Bericht steht. Wir waren dann in 
 Paris bei Herrn Malet, dem Directeur General pour la Securité. Er ist zuständig für 
 die Geheimdienste, aber auch generell für die Sicherheit.. Wir haben zwei Stunden mit 
 ihm geredet, aber er hat uns natürlich nicht erzählt, was die französischen Dienste im 
 Detail tun. Aber er war nicht unkooperativ. Mit einem Kontrollausschuss für 
 Geheimdienste konnten wir nicht reden, weil es in Frankreich nämlich kein 
 parlamentarisches Kontrollgremium für die Geheimdienste gibt, was Herr Paecht in 
 seinem Bericht auch beklagt. Das Interessante beim Gespräch mit Herrn Malet war, 
 dass er sich gar nicht so darüber beschwert hat, was die Amerikaner machen. 
 
 
 Das bedeutet für Sie was?  
 
  
 Gerhard Schmid: Es gibt Gerüchte, dass die Amerikaner den Franzosen beim Aufbau 
 des eigenen Abhörsystems technisch geholfen haben. Es ist trotz des politischen 
 Theaterdonners nicht so, dass auf der Ebene der Nachrichtendienste nicht etwas 
 entspannter zusammen gearbeitet werden würde. Die Hilfe wird wohl im Bereich der 
 Computer, der keywords gewesen sein. Dazu hat er sich aber nicht geäußert. Aber das 
 dürfte einfach nachzurecherchieren sein, wenn man sieht, welche Schüsseln die 
 Franzosen aufgestellt haben. Aber für mich ist das eine Nebenbaustelle. Was bringt uns 
 das für unsere Zielsetzung? Die Kernfrage ist: Was kann ein solches System? Wie 
 bedrohlich ist es? 
 
 
 Gab es eine offizielle Bestätigung für Echelon?  
 
  
 Gerhard Schmid: Er hat zumindest indirekt bestätigt, dass es so etwas wie Echelon 
 gibt. Das sagt auch Herr Paecht, das sagt auch die niederländische Regierung. 
 
 
 Was konnten Sie in Großbritannien herausfinden?  
 
  
 Gerhard Schmid: Wir haben dort mit Tom King geredet, dem Vorsitzenden des 
 Parlamentarischen Kontrollausschusses. Von ihm wissen ebenfalls indirekt, dass es das 
 UKUSA-Agreement gibt. In London haben wir durch die Art der Antworten eine 
 Menge Dinge bestätigt bekommen, die wir schon zu wissen geglaubt haben. Das gilt 
 auch für das Gespräch mit dem britischen Innenminister Jack Straw, der in diesem Fall 
 die gesamte Regierung vertreten hat. Um ein Bespiel zu geben, die Dichte der 
 nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit zwischen den USA und England ist offenbar 
 schon sehr hoch.  
 
 Einen Termin mit Außenminister Robin Cook haben wir nicht bekommen, obwohl er 
 eigentlich für das General Communications Headquarter (GCHQ) zuständig ist. Für die 
 Briten ist das nämlich eine sehr heikle, hochideologische Angelegenheit, wenn ein 
 europäischer Parlamentsausschuss sich mit ihren inneren Angelegenheiten befasst - und 
 so haben sie das Problem etwas umschifft.  
 
 Aber auch hier kann ich nicht sagen, sie seien unkooperativ gewesen. Wir haben viel 
 erfahren, auch eine Menge über die britische Rechtslage. Mich hat interessiert, ob es 
 dort eine entsprechende Regelung wie in Deutschland gibt, die das Abhören durch den 
 Bundesnachrichtendienst technisch auf die hereinkommende Kommunikation begrenzt. 
 Diese Frage spielt eine wichtige Rolle, da in London ein großer Switch sitzt und die 
 meisten Seekabel in Großbritannien anlanden. 
 
 
 Was darf der britische Geheimdienst?  
 
  
 Gerhard Schmid: Der britische Geheimdienst darf technisch an alles, was rein und raus 
 kommt. Rechtlich darf der Dienst aber nur im Rahmen der politischen Weisungen 
 handeln. Bei Hinweisen, dass Teile einer Giftgasfabrik ausgeliefert werden sollen, 
 entscheidet der Außenminister, dass damit in Verbindung stehende Kommunikation 
 ausgewertet werden darf. Er entscheidet über die Einstellung des Filters. Der Dienst 
 darf also nicht von sich aus tun, was er will. Es geht immer auf politische Weisungen 
 zurück. Darüberhinaus gibt es ein Oversight Committee, wobei die Prüfung im Detail 
 durch Stichprobenprüfungen durch einen hohen Richter vorgenommen wird. Er 
 publiziert dann im nachhinein einen Bericht darüber, ob die Sachen verhältnismäßig 
 gehandhabt werden. Bei uns muß hingegen der G-10-Ausschuss vor einer 
 Abhöroperation die Genehmigung erteilen. In Großbritannien entscheiden je nach Lage 
 der Innenminister oder der Außenminister, wobei sie sich auch gegenseitig vertreten 
 können. 
 
 
 Wie sieht das mit der Wirtschaftsspionage aus? Sind die Dienste dazu befugt?  
 
  
 Gerhard Schmid: Meine Antwort ist"Ja" und"Nein". Beginnen wir mit dem"Ja". Alle 
 Nachrichtendienste interessieren sich für wirtschaftliche Tatbestände. Die Frage, um die 
 es geht, ist,"sind es Tatbestände allgemeiner Art?" Also Branchenentwicklungen, 
 Entwicklung der Situation auf Rohstoffmärkten, Einhaltung von Wirtschaftsembargos, 
 Einhaltung der Lieferregeln für Dual-use-Güter. Im Fall von Wirtschaftsembargos 
 werden Firmen dann überwacht, wenn es einen Anfangsverdacht gibt, dass sie sich 
 nicht an das Embargo halten. Da Spionage für mich das Stehlen von Informationen 
 gegen den Willen desjenigen ist, der die Informationen hat, nenne ich das 
 Wirtschaftsspionage, selbst wenn es in einem solchen Falle sinnvoll sein kann, 
 abzuhören.  
 
 Kommen wir zum"Nein". Wenn gezielt Informationen beschafft und eigenen 
 Unternehmen zuspielt werden, damit sie einen Wettbewerbsvorteil haben, dann wird die 
 Geschichte empfindlich. Wenn ein Unternehmen das gegen ein anderes Unternehmen 
 macht, nennt man das Konkurrenzspionage. Wenn der Staat sich für 
 Konkurrenzspionage instrumentalisieren lässt, ist die Grenze erreicht. Hier sagen die 
 Briten, dass sie dies 
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