Handelsblatt 27.04.01
Gold soll in neuem Glanz erstrahlen
Immer mehr Experten glauben, dass Gold sich auf dem Weg zu einem ganz normalen Rohstoff befindet. Doch Südafrikas, Industrie will sich derartigen Vorstellungen nicht beugen. Neben dem Test neuer Einäatzbereiche für Gold soll das Edelmetall künftig wie ein Markenartikel vermarktet werden.
KAPSTADT. Als Südafrikas weiße Bevölkerung in den späten Siebzigerjahren den höchsten Lebensstandard der Welt genoss, wurde das vor allem im eigenen Land geförderte Gold von vielen als eine grundsolide Geldanlage und Luxusartikel par excellence betrachtet. Die meisten weißen Südafrikaner besaßen Gold oder planten zumindest den Kauf. Heute stellt sich dagegen immer öfter die Frage, ob dem Edelmetall angesichts des anhaltenden Preisverfalls nicht dasselbe Schicksal wie vor 100 fahren dem Silber droht
Immer mehr Experten glauben, dass Gold sich auf dem Weg zu einem ganz normalen Rohstoff befindet und es nun bessere Möglichkeiten gäbe, sich gegen Inflationsrisiken und Unsicherheit zu schützen. Sind die Tage des Goldes also gezählt? Südafrikas Schmuckindustrie wehrt sich vehement gegen diese Unkenrufe. Sie prophezeit dem Rohstoff eine große Zukunft - vorausgesetzt dass Gold richtig vermarktet wird. In der Vergangenheit sei die Industrie dem Trugschluss erlegen, dass Gold sich irgendwie schon von allein verkauft.
Die Goldindustrie hat den Markt für ihre Produkte viel zu lange als selbstverständlich erachtet und kaum gepflegt", übt Kevin Wilhams, Marketing Director von Anglogold, herbe Selbstkritik. Das wird nun ein Ende haben." Die Schmuckindustrie bemerkte viel zu spät, dass sich in den letzten 20 fahren auf dem Goldmarkt ein dramatischer Wandel vollzog und Gold kontinuierlich Marktanteil verlor - zum einen an Platin, zum anderen an Verbrauchsgüter wie Kühlschränke, Geschirrspülmaschinen und andere Haushaltswaren.
Diese Entwicklung hat viele Akteure im Goldmarkt dazu bewogen, ihr Hauptaugenmerk verstärkt auf die Vermarktung des von ihnen geförderten Metalls zulegen. Da Gold zu fast 80% als Schmuck Verwendung findet, hat vor allem Anglogold diesem Segment des Goldmarktes zuletzt seine ganze Aufmerksamkeit gewidmet. Der Konzern heuerte eine international anerkannte
Marketingexpertin an und sponsert viele Gold-Design-Wettbewerbe.
Verkauf deutlich sollgesteigert werden
Anglogolds dynamischer Chef Bobby Godsell hat es sich zu seiner persönlichen Aufgabe gemacht, den jährlichen Verkauf von Goldschmuck um mehrere hundert Tonnen zu steigem. Zunächst will er dafür den asiatischen Markt ins Visier nehmen - und dann Interesse im Westen wecken, wo die Schmuckindustrie seiner Meinung nach im 19. Jahrhundert feststeckt. Godsell ist fest davon überzeugt, dass Gold letzten Endes genauso vermarktet werden sollte wie andere Markenartikel. Die Goldfirmen sollten schon aus diesem Grund alles daran setzen, den Markt und die Käufer des Edelmetalls besser zu verstehen.
Anglogolds jüngstes Projekt besteht in der nun unmittelbar bevorstehenden Eröffnung eines Goldmuseums in Kapstadt, das die Geschichte und Rolle des afrikanischen Goldes beschreiben soll. Obwohl es in der Provinz Westkap, deren Hauptstadt Kapstadt ist, kaum Gold gibt und das Metall ganz überwiegend am Witwatersrand um Johannesburg gefunden wird, entschied sich Anglogold als Museumsträger,wegen der hohen Touristenzahlen für ein historisches Gebäude in der südafrikanischen Mutterstadt. Das Museum wird aber nicht nur die Geschichte des afrikanischen Goldbergbaus dokumentieren, sondern auch fast 400 Schmuckstücke aus Gold ausstellen, die in den letzten 300 fahren produziert wurden.
Alan Mair, der Vorsitzende der Schmuckhersteller unterstützt die Initiative. Südafrike, sagt er, hat den großen Vorteil, dass es das gelbe Metall hier in besonders reiner Form gibt. Während es international aus allen möglichen Kanälen kommt, wieder aufbereitet und eingeschmolzen wird, sitzt Südafrika direkt an der Quelle und holt das Metall aus dem Schlund der Erde."
Daneben könnte Südafrika mit größerem Engagement mehr aus seinem Goldreichtum machen: Zwar produziert das Land -noch immer fast 25 % der Weltförderung, doch wird nur rund 1 % davon im eigenen Land verarbeitet.
Stärkere Nutzung in der Industrie
Hoffnungsvoll stimmt viele Beobachter zudem eine womöglich stärkere industrielle Nutzung von Gold. Neue Studien deuten darauf hin, dass Gold möglicherweise auch in Luftfilteranlagen und der chemischen Industrie 1 Verwendung finden könnte. Sollte sich dies bestätigen, könnte sein Verbrauch schon im nächsten Jahrzehnt um 400 t pro Jahr steigen. Und Anglogold erforscht in einem Joint Venture mit der metallurgischen Forschungsorganisation Mintek, ob Gold vielleicht auch in Autokatalysatoren verwendet werden könnte. Die ersteh Ergebnisse sind angeblich ermutigend. Experten sind allerdings skeptisch, da Gold einen viel niedrigeren Schmelzpunkt als Platin hat.
Daneben sind die großen Minengesellschaften der Welt dabei, gemeinsarn einen virtuellen Marktplatz im Internet zu schaffen. Anglogold hat zusammen mit dem US-Investmenthaus JP Morgan und der führenden Veredelungsgesellschaft Pamp das Unternehmen Gold Avenue gegründet Ziel ist es, Interessenten durch Anklicken der Webside www.goldavenue.com die Möglichkeit zum Schmuckkauf zu geben und sie über die jüngsten Preise zu informieren. Auch der Verkauf von Uhren und Gold soll auf diese Weise abgewickelt werden. Allerdings haben Verzögerungen bei der Softwareentwicklung den Plan zurückgeworfen. Zurzeit hat es deshalb den Anschein, als ob Platin bei der Vermarktung zumindest kurzfristig die Oberhand behalten würde.
<center>
<HR>
</center> |