EZB-Watcher: Vorerst kein Zinssenkungspotenzial
Frankfurt (vwd) - Nach Ansicht von EZB-Watchern sieht sich die EZB auch
in den kommenden Wochen angesichts ihrer geldpolitischen Strategie keinem
Zinssenkungspotenzial gegenüber. Zwar werde das Geldmengenwachstum M3 im
März mit prognostizierten 4,6 Prozent sehr nahe am Referenzwert zu liegen
kommen, erläutert Hans Jäckel (DG Bank). An der zweiten geldpolitischen
Säule der EZB-Strategie, den verschiedenen Indikatoren für die
Preisentwicklung, habe es aber durch die italienischen und deutschen
Verbraucherpreise einen Rückschlag gegeben. Allerdings sei die Frage zu
stellen, inwiefern die EZB auf Preiseffekte durch BSE und MKS sowie den
Ã-lpreissteigerung überhaupt einwirken könne.
Jäckel betont weiter, die Geldmengenentwickung gebe"im Prinzip" bereits
Zinssenkungspielraum. Sie werde im weiteren Jahresverlauf unterhalb dem
Referenzwert von 4,5 Prozent bleiben. Dieter Wermuth (Tokai Bank) stimmt mit
Jäckel überein und weist zudem auf die angekündigte Revision von M3 hin.
Diese werde die Geldmenge um etwa 0,7 bis 0,8 Prozentpunkte nach unten
bringen. Grund sei die Herausrechnung der Geldmarktpapiere von
Nichtansässigen der Eurozone, fügt Wermuth hinzu. Allerdings lasse sich noch
nicht sagen, ob die März-Geldmenge bereits nach der neuen Abgrenzung
ausgewiesen werde. Wermuth prognostiziert das M3-Wachstum im März
nach alter Abgrenzung auf 4,6 Prozent und nach neuer auf 3,9 Prozent.
Für die weitere Entwicklung der Teurungsrate in der Eurozone zeigen sich
Jäckel und Wermuth optimistisch."Wir sind sicher, dass diese noch vor
Jahresende unter den EZB-Schwellenwert von zwei Prozent sinken wird", sagt
der DG-Bank-Volkswirt. Sein Institut prognostiziere allerdings schon für den
Juni eine Zinssenkung um möglicherweise 50 Basispunkte. Wermuth geht
ebenfalls von einem Zinsschritt im Sommer in dieser Höhe aus und verweist
zur Begründung auf die vorlaufenden Inflationsindikatoren. So sei der Trend
sinkender Importpreise ungebrochen, was auch die neuesten Zahlen belegten.
Aus seiner Sicht wird der Zinsschritt de
später er vollzogen wird.
Negativ wertete Jäckel die Forderungen des Internationalen Währungsfonds
(IWF) sowie seitens der Politik nach einer Zinssenkung der EZB."Diese
Forderung halte ich für überhaupt nicht hilfreich", fügt er hinzu. Auch
Empfehlungen von"Spitzenpolitikern aus Hochinflationsländern", die Zinsen
im Euroraum wegen der Preisentwicklung auf dem derzeitigen Nivaeu zu halten,
solle die EZB besser ignorieren. Angesichts der Zinssenkungen der Fed um 200
Basispunkte stelle sich dennoch die Frage nach den Zinsrelationen,
unterstreicht Jäckel.
Auch Eugen Keller (Bankhaus Metzler) stellt heraus, ein
Zinssenkungsspielraum sei für EZB"praktisch nicht vorhanden". Frühestens im
Juni sei basisbedingt mit einem ersten Preisrückgang zu rechnen. Später
folge dann noch eine höhere Entlastung durch die auslaufenden
Zweitrundeneffekte aus der Ã-lpreissteigerung. Keller sieht vor dem
Hintergrund der deutlichen Konjunkturabkühlung in der Eurozone ebenfalls
einen"aggressiven Zinsschritt" der EZB im Juni. +++ Christian Streckert
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