Man beachte das Fazit!
Jens Erhardt
Irrgarten der Geldanlage
Die Zeiten, in denen Anleger ihr hart verdientes Geld bereitwillig auf einem Bank-Sparkonto anlegten und sich wegen der jährlichen mickrigen Zinsgutschrift über ein Kundenpräsent am Welt-Spartag freuten, gehören inzwischen überwiegend der Vergangenheit an. Einziger Nachteil dieser Sparform für die Banken war früher das mühsame Abzählen des Kleingeldes von besonders eifrigen Jungsparern (jedenfalls vor Erfindung der Geld-Zählmaschine). Ansonsten war diese Geldanlageform für sie äußerst lukrativ, denn die niedrig verzinslichen Sparguthaben dienten als Refinanzierungsquelle für die zu beträchtlich höheren Zinssätzen vergebenen Kredite der Geldhäuser. Bekannt wurde diese Praxis als 3-6-3-Regel der Banker: Geld für 3 Prozent ausleihen, für 6 Prozent verleihen und - um 3 Uhr auf dem Golfplatz. Wäre diese Form des Bankgeschäfts die einzige Investitionsalternative, so würden zahlreiche Sparer heute noch immer nolens volens ihr Schäflein aufs Sparbuch legen. Die zunehmend marktwirtschaftlicher geprägten Strukturen der internationalen Finanzmärkte haben jedoch auf immer mehr Plattformen zu einer Zusammenführung von Angebot und Nachfrage nach Kapital geführt und damit auch dem Privatanleger mehr Investitionsmöglichkeiten und vor allen Dingen auch mehr Transparenz gebracht. Das klassische Aktiv/Passiv-Geschäft der Banken, also die Vergabe von Krediten gegenüber niedriger verzinslichen Spareinlagen auf der Passiv-Seite, tritt immer mehr in den Hintergrund. Während die Banken früher eine eigene Marktplattform im Sinne von Zusammenführung von Angebot und Nachfrage nach Geld waren, gehen sie inzwischen verstärkt dazu über, Anlageformen an externen Märkten zu vermitteln bzw. gegen Gebühr abzuwickeln. Dadurch ist sowohl die Zinsmarge, als auch der Zinsüberschuss der meisten Häuser in den letzten Jahrzehnten, drastisch zurückgegangen, während sich der mehr aus den Finanzmärkten geschöpfte Provisionsüberschuss gleichzeitig erhöhte.
Der mit in Deutschland einmaligem Werbeaufwand betriebene Börsengang der Deutschen Telekom Ende 1996 war der eigentliche Katalysator für die Umorientierung vieler Sparer in Richtung Finanz- bzw. Aktienmarkt. Wurden damals die mit Zeichnungsrabatt und Treueprämie angelockten Privatanleger gesamtmarktbedingt wenigstens nicht mit Kurseinbrüchen konfrontiert, so dürften sich die Zeichner der letzten T-Aktien-Tranche nach zwischenzeitlich über 60 Prozent Kursverlust hingegen wieder nach dem guten alten Sparbuch zurückgesehnt haben, ganz zu schweigen von den gierigen Bruchpiloten aus der"Was-du-bist-noch-nicht-Millionär?-Aktien-Kultur" am Neuen Markt. Viele dieser Jungbörsianer könnten heute wahrscheinlich eher in den Spiegel schauen, wenn sie sich gleich von vornherein dem offiziell deklarierten Glücksspiel à la Las Vegas oder Bad Wiessee hingegeben hätten, oder den geistig noch mehr fordernden Pferde- oder Fußball-Totowetten.
Aber welche Alternativen bieten sich diesen leidgeprüften Aktionären? Des Deutschen Lieblingskind ist der Immobilienmarkt. Die wenigsten halten sich in diesem Zusammenhang allerdings vor Augen, dass der Immobilienmarkt auf die Dauer denselben Gesetzen unterliegt, nämlich den Mechanismen von Angebot und Nachfrage, wie jeder andere Markt auch. Hieran ändern auch die steuerlichen Subventionierungen der Immobilien nichts. Ganz im Gegenteil, sie haben die Nachfrage überstimuliert und können eines Tages bumerangartig den Immobilienmarkt belasten. In Ostdeutschland herrschen beispielsweise seit Jahren Überkapazitäten bei Immobilien vor, auch im Wohnungssektor. Wenn man sich überlegt, dass aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland (zunehmende Veralterung der Bevölkerung) im Jahre 2050 wahrscheinlich ein Drittel weniger Menschen leben werden (entspräche bevölkerungsmäßig in etwa einem Deutschland ohne Ostdeutschland und Hessen), so kann man sich leicht vorstellen, auf welche Probleme der Immobilienmarkt längerfristig zusteuern könnte.
Viele Anleger klammern sich an festverzinsliche Rentenpapiere, wenn schon Immobilien ihrem Sicherheitsbedürfnis nicht ausreichend Rechnung tragen. Zunächst ist festzuhalten, dass auch festverzinsliche Wertpapiere beträchtliche Kursrisiken bergen können, wie beispielsweise der Jahrhundert-Rentencrash 1994 zeigte. Seit dem Trend zu niedrigerer Inflation Anfang der 80er Jahre werfen diese Papiere darüber hinaus tendenziell immer weniger Zins ab. Hoch rentierliche Papiere sind immer mit schlechterer Bonität verknüpft. Gerade in den letzten Jahren nahm die Emission von (höher rentierlichen) Unternehmensanleihen immer mehr zu. Besonders hat sich dabei zuletzt der Eurobond-Markt hervorgetan. Im 1. Quartal dieses Jahres lag er mit 49 Milliarden Euro sogar um 2 Milliarden über dem Wert von Dollar-Unternehmensanleihen, die außerhalb der USA auf den Markt kamen. Wie an den Kursverläufen, den Bonitätsherabstufungen bzw. den Illiquiditäts-Statistiken vieler Anleihen bzw. Unternehmen abzulesen ist, stehen hier den vermeintlich guten Chancen jedoch oft unverhältnismäßig hohe Risiken gegenüber.
Interessanter erscheinen daher Anleihen mit erstklassiger Bonität, also beispielsweise deutsche Staatsanleihen. Allerdings werden diese Papiere aus dem Renditeblickwinkel immer unattraktiver. 10-jährige deutsche Staatsanleihen werfen gegenwärtig nur noch 4,94 Prozent ab, während beispielsweise die erstklassige Value-Aktie K + S, mit 6,1 Prozent Dividendenausschüttung (brutto) rentiert. Bedenkt man ferner, dass K + S nicht nur schwerpunktmäßig im krisensicheren Kaligeschäft tätig ist, sondern auch eine erstklassige Bilanz aufweist (netto ca. ein Drittel des Börsenwertes in der Kasse) und extrem substanzstark ist, während der deutsche Staat gleichzeitig hoch verschuldet ist (unter Berücksichtigung der Pensionsverpflichtungen Verschuldung bis zum ca. 3-fachen des Bruttoinlandsprodukts!), dann erscheint eine Value-Aktie, wie K + S, selbst gegenüber erstklassigen Staatspapieren die bessere Anlagealternative, auch im Hinblick auf die zusätzlich vorhandenen Kurschancen.
Ein weiterer erstklassiger Value-Titel ist der Heizungsanlagenbauer Buderus. Würde diese Gesellschaft aggressiver zu Lasten der hohen stillen Reserven bilanzieren, so läge die geschätzte PE deutlich niedriger als bei gegenwärtig ca. 18. Das Unternehmen verfügt über Übernahmephantasie und dürfte auf der Nachfrageseite stark von den Auflagen des Gesetzgebers profitieren. Extrem preiswert sind ist Koenig & Bauer. Die Gesellschaft weist nur eine PE von lediglich gut 7 aus und ist extrem wachstumsstark (siehe Steigerung im Auftragseingang um 77% im 1. Quartal). Die Bilanz ist hervorragend (gute Nettoliquiditätspositionen), und auch aus dem Substanzblickwinkel erscheint dieser mit dem nur gut 1-fachen Buchwert bewertete Titel attraktiv. Gleiches gilt auch für Drägerwerke, die nur mit dem ca. 8-fachen des für das laufende Jahr geschätzten Jahresüberschusses bewertet sind. Dräger fertigt qualitativ hochwertige Produkte und könnte neben den massiven Kosteneinsparungsmaßnahmen mittelfristig auch durch einen möglichen Börsengang der Medizintechnik-Sparte sowie der Sicherheitstechnik von der Börse neu entdeckt werden. Eine Art Value-Wachstumsaktie ist M-Tech Technologie- und Beteiligungs-AG, die ehemalige Signalbau Huber. Das Unternehmen schaffte den operativen Turnaround und konnte den Auftragseingang im letzten Geschäftsjahr um 33% steigern, bzw. im Ausland sogar verdoppeln. Bei einer geschätzten PE von ca. 12 eine interessante Depotbeimischung mit hervorragender Bilanz.
Fazit: Neben dem nach zwei Jahrzehnten Dauerbaisse immer interessanter werdenden Gold bleiben ausgesuchte Value-Aktien mit hervorragender Bonität die wenigen langfristig wirklich interessanten Anlagealternativen im immer undurchsichtiger werdenden, durch Greenspans expansiver Geldpolitik extrem stark gedüngten internationalen Finanzdschungel.
Dr. Jens Erhardt
02.05.2001
gruss mcmike
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