Cash: Japan beginnt noch mal von vorne
Hier wird die Ursache fĂĽr Japans Misere in akuter Verfilzung gesehen und beschrieben.
Mit GrĂĽssen von Toni
(die ein paar Fakten, die wir ohnehin längt kennen, rausgekürzt hat)
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Bernd Schips, Leiter der Konjunkturforschungsstelle der ETH ZĂĽrich, zu den wirtschaftlichen Chancen Japans:
Japan beginnt noch mal von vorne
Junichiro Koizumi, der neue Ministerpräsident Japans, verbreitet Hoffnung. Er verspricht, die seit einem Jahrzehnt stagnierende japanische Volkswirtschaft wieder auf den Pfad der Erholung zu lenken. Doch die Probleme sind in den wirtschaftlichen Strukturen des Landes bebründet.
Einst wurde die japanische Volkswirtschaft wegen ihres Leistungsausweises weltweit beneidet und bewundert. … Schwierigkeiten im Finanzsektor … wirtschaftliche Situation ganz wesentlich verändert. Trotz einiger massiver, staatlich finanzierter Impulsprogramme blieben die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsraten weit hinter den von früher gewohnten Werten … Die Beschäftigung nahm ab, und die Arbeitslosigkeit stieg in einem bisher nicht gekannten Ausmass an.
Genau besehen sind die Ursachen für diese Probleme in den für die Erfolge in der Vergangenheit ausgemachten Bestimmungsfaktoren zu suchen. Aus den unter dem Druck der USA nach 1945 erfolgten Zerschlagung der Zaibatsu (Finanzcliquen) entstanden innerhalb ganz kurzer Zeit die so genannten Kigyo Keiretsu (Verbundgruppen). Durch kapitalmässige Überkreuzverflechtungen der zu einer Gruppe gehörenden Unternehmen, einen intensiven Personalaustausch zwischen den einzelnen Unternehmen einer Gruppe, gemeinsame Investitionen in zukunftsträchtige Projekte, eine fast ausschliessliche Finanzierung durch die zur Gruppe gehörenden Banken und die Übernahme unternehmerischer Funktionen bei den Gruppenmitgliedern durch Vertreter eines gemeinsamen Handelshauses wurden so de facto die alten Verhältnisse wiederhergestellt.
Sowohl die binnenwirtschaftlichen Entwicklungen als auch die weltweiten Aktivitäten japanischer Unternehmen wurden - und werden im Übrigen nach wie vor - von diesen Verbundgruppen ganz wesentlich bestimmt. Unterstützt vom MITI [Wirtschaftsministerium], konnten diese Verbundgruppen - unter dem Schutz protektionistischer Vorkehrungen des Staates wie Importrestriktionen, handelsdiskriminierende Zolltarife und Steuersatzreduktionen für Exportgeschäfte usw. - für die wirtschaftliche Zukunft als besonders wichtig erachtete Wirtschaftsbereiche forcieren, etwa zunächst die Stahlindustrie und den Schiffsbau, später dann die Halbleiter- und die Automobilindustrie usw. Begleiterscheinung dieses wirtschaftspolitischen Konzeptes mit einer Konzentration auf die Zielsetzungen und Anliegen dieser massgebenden Unternehmensgruppen war das Entstehen einer dualen Wirtschaftsstruktur. Eine grosse Zahl von kleinen und kleinsten Betrieben wirkten als Subunternehmen für die Mitglieder der verschiedenen Verbundgruppen. Diese grossen Unternehmen arbeiteten sehr eng mit diesen zuarbeitenden kleineren Unternehmen zusammen und schützten sie auch vor den Folgen von Nachfrageschwankungen. Der Wettbewerb zwischen diesen Subunternehmen spielte sich dabei in erster Linie auf der Qualitätsebene ab und drückte sich weit weniger in einer intensiven Preiskonkurrenz aus. Solange die inländische Nachfrage hoch genug war und die Exporte noch nicht durch Handelsbarrieren in den Abnehmerländern bedroht waren - im Sinne von Gegenreaktionen auf die protektionistischen Massnahmen zum Schutze des japanischen Binnenmarktes vor ausländischer Konkurrenz -, funktionierte diese Zusammenarbeit und sicherte die Prosperität aller beteiligten Partner.
Mit der Internationalisierung der japanischen Grossunternehmen änderte sich jedoch die Situation dramatisch. Diese nun multinationalen Unternehmen gingen dazu über, in den Hauptabsatzgebieten zu produzieren und sich ihre Zulieferer auf den Märkten ausserhalb Japans zu suchen. Angesichts der im internationalen Vergleich oft geringen Fertigungstiefe japanischer Grossunternehmen konnte dies nicht ohne Rückwirkungen auf die historisch gewachsenen Verbundgruppen und damit auf den Binnenmarkt bleiben. Die Verwundbarkeit der dualen Wirtschaftssstruktur Japans zeigte sich überdeutlich. Die neue Regierung Koizumis steht vor der schwierigen Aufgabe, die Strukturen aufzulösen und Japan in eine moderne Volkswirtschaft zu verwandeln.
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