EZB-Rat-Agenda"M3-Überzeichnung" nährt Zinsspekulation
Frankfurt (vwd) - Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) wird am
Donnerstag auch über die Überzeichnung der M3-Geldmengen-Entwicklung durch
die von Gebietsfremden gehaltenen kurzfristigen Geldmarktfonds und ähnlichen
Titeln beraten und zu einem ersten Ergebnis kommen. Das erfährt vwd am
Mittwoch in Frankfurt. Wenn das Ergebnis deutlich ausfällt und nicht nur
eine einmalige Verzerrung zeigt, sondern eine Dynamik aufweist, dann ist mit
einer Revision der M3-Expansion auf/unter den M3-Referenzwert der EZB von
4-1/2 Prozent zu rechnen, was denn für die EZB den Weg zu einer Zinssenkung
öffnen würde. Die M3-Wachstumsrate lag im April bei 5,0/4,8 Prozent (zum
Vorjahr/3-Monats-Durchschnitt).
Nachdem EZB-Präsident Wim Duisenberg schon - in Washington bei der
G-7-Pressekonferenz - angekündigt hatte, dass die EZB diese Frage im
EZB-Mai-Monatsbericht beantworten wird, und weil der EZB-Monatsbericht immer
in der geldpolitischen Grundsatzaussage mit dem Ergebnis des EZB-Rates am
Monatsanfang mit einer EZB-Pressekonferenz übereinstimmt, müsste in dieser
Logik der EZB-Rat am Donnerstag diese M3-Revision behandeln und in einem
Ergebnis in das"Introductory Statement" des EZB-Präsidenten einbringen.
Schon in ihrem April-Monatsbericht hatte die EZB dieses Thema aufgegriffen
und aufgezeigt:
Bei der Interpretation der Angaben zu den Geldmarktfondsanteilen und
Geldmarktpapieren sowie den kurzfristigen Schuldverschreibungen sei zu
berücksichtigen, dass hierin auf Grund von Berechnungsproblemen
Teilbestände, die von Ansässigen außerhalb des Euro-Währungsgebietes
gehaltenen werden, enthalten sind. Dies sollte vom Konzept her nicht der
Fall sein, da in M3 ausschließlich von Ansässigen im Euro-Währungsgebiet
gehaltene Geldmarktinstrumente enthalten sein sollen. Statistisch sei die
Trennung aber schwierig, da es sich dabei auch um handelbare Titel geht.
Die EZB gibt zu, dass vor Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und
Währungsunion (WWU) die Bestände an solchen von Ansässigen ausserhalb des
Euro-Währungsgebietes gehaltenen marktfähigen Finanzinstrumenten relativ
gering war; Schätzungen deuteten darauf hin, dass die Haltung dieser
Finanzinstrumente durch Ansässiges außerhalb des Euro-Währungsgebietes seit
Beginn der dritten WWU-Stufe gestiegen ist; die EZB schreibt im
April-Bericht von Anzeichen dafür, dass diese Entwicklung im Laufe der
vergangenen Monate"zunehmend zu einer Verzerrung des M3-Wachstums nach oben
geführt hat".
Wenn also die M3-Down-Revision nicht nur eine einmalige Bestandsrevision
ist, sondern es sich dabei um einem dynamischen Prozess handelt, dann öffnet
sich an der ersten Säule der geldpolitischen EZB-Strategie, die sie von
Anfang an als"herausragend" in den Vordergrund gestellt hat, ein Fenster
für eine Zinssenkung, meinen Beobachter, die dazu gleich eine mögliche
Begründung mitliefern:
Wenn die Geldmengenentwicklung tendenziell den Referenzwert, der mit
4-1/2 Prozent ein Potenzialwachstum von zwei bis 2-1/2 Prozent mit
Stabilitätsnorm von"unter zwei Prozent" Inflation (HVPI) finanziert,
ereicht bzw unterschreitet, dann ist trotz aktueller Inflationsraten von
über zwei Prozent - infolge von Sonderfaktoren - die Stabilitätsperspektive
positiv, eine knappe M3 bremst die Preisüberwälzungsspielräume ein und
erlaubt eine vorsichtige Zinslockerung.
An diesem Donnerstag können sich die EZB-Beobachter eine solche
Zinssenkung angesichts der wiederholten Bekräftigungen des"wait and see"
durch die EZB-Rat-Mitglieder noch nicht so richtig vorstellen; aber mit
einer entsprechend von EZB-Präsident Duisenberg präsentierten M3-Revision
bei gleichzeitigem Bekenntnis zur - nunmehr schärfer formulierten - M3,
könnte am Donnerstag einer Zinssenkung in den nächsten EZB-Rat-Sitzungen die
Bahn bereitet werden. In diesem Sinne sind die Märkte und alle am
Wirtschaftsprozess Beteiligten auf den EZB-Rat am Donnerstag und auf die
EZB-Rat-Pk mit der Fokussierung auf die"neue M3" gespannt.
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