Warum empfinde ich kein Mitleid? - Wünsche mir, dass diesem an der Nasdaq notiertem Kaffeehaus ähnlich ergeht... was sich da vor der zürcher Filiale in den Tagen nach der Eröffnung tat, war Realsatire. War ein Treffpunkt für die ganze Möchtegern-Szene...
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Ein Pfennigfuchser zahlt drauf
Der US-Detailhandelsgigant Wal-Mart hat sich bei seiner Expansion nach Europa gründlich verrechnet.
Das tut dem berüchtigten Geizhals weh: Samuel Robson Walton, Eigner der weltgrössten Einzelhandelskette Wal-Mart, landet in Europa seinen ersten grossen Flop. Die Expansion war bisher eine Geldvernichtungssktion.
Autor: RENE BRUNNER (PARIS)
Von seinem gleichnamigen Vater hat Samuel Robson Walton nicht nur ein Vermögen geerbt - sondern auch eine Aversion gegen öffentliche Auftritte. Sein Privatleben gilt denn auch als strengst gehütetes Geheimnis. Sicher ist daher nicht, ob sich der 57-jährige Multimilliardär sein Haar tatsächlich für fünf Dollar schneiden lässt. Beglaubigt ist auch nicht, ob er mit einem zerbeulten Pick-up vor seine Läden kurvt und als anonymer Kunde die Freundlichkeit seiner Angestellten überprüft. Denn dieselben Anekdoten kursierten bereits über seinen legendären Vater, der 1962 im Städtchen Bentonville in Arkansas die heute grösste Handelskette der Welt gegründet hat.
Trotz seines Widerwillens gegen Kameras und Journalisten steht Samuel Robson Walton junior im Scheinwerferlicht wie nie zuvor. Zehn Jahre nach dem Tod seines Vaters ist er dieses Jahr von der britischen «Times» zum reichsten Menschen der Welt erkoren worden. Inzwischen verwaltet Walton satte 64,5 Milliarden Dollar an Familienvermögen, zehn Milliarden mehr als Informatikguru Bill Gates.
Die erstaunliche Leistung des unscheinbaren Sohnes, das Erbe seines Vaters in so kurzer Zeit verdreifacht und sein Erfolgsrezept nach Mexiko und Kanada exportiert zu haben, würdigte die Presse freilich kaum. Samuel Robson Walton junior ist zwar korrekt, seriös, ausdauernd, fleissig und extrem geizig wie sein Vater, aber ohne persönliche Ausstrahlung - genau wie seine Ladenkette.
Natürlich haben die Wal-Mart Stores ihren imposanten Siegeszug nicht wegen ihrer Ausstrahlung vollbracht. Das Motto beim US-Harddiscounter heisst ganz einfach: «Sei stets freundlicher und billiger als alle anderen.» Was der alte Sam mit Feilschen bei den Lieferanten und einem kleinen Schwatz beim Kunden exerzierte, ist unter seinem Sohn zu einer hoch entwickelten Wissenschaft geworden. Supply-Chain-Management heisst das Zauberwort der «effizienten Bewirtschaftung der Beschaffungskette«, mit der Wal-Mart die Konkurrenz in den USA niedermachte.
Direkt von der Ladenkasse werden die Verkaufsdaten aller Wal-Mart Stores in eine Zentrale übertragen. Diese steuert so den Nachschub über die Nachfrage und speichert systematisch alle Daten über die Gewohnheiten aller Kunden. Die Lieferanten ihrerseits haben direkten Zugriff zur Datenbank und können so Produktion, Lagerbestände und Lieferzeit optimal steuern. Teure Ausverkaufsaktionen und Promotionen fallen deshalb weg - denn die Billigstpreise sind im Dauerangebot.
Heute ist Wal-Mart in Kanada und Mexiko ebenfalls unbestrittener Marktleader. Als der US-Konzern 1998 in Deutschland 95 Warenhäuser mit einem Umsatz von vier Milliarden Franken und den drittgrössten Detailhändler in Grossbritannien schluckte, herrschte bei den Krämern auf dem alten Kontinent Panik. «Wal-Mart jagt seinen Konkurrenten mehr Angst ein als Nosferatu», titelte der Londoner «Economist».
Entweder hat der «Economist» den Blutsauger Nosferatu unter- oder Wal-Mart überschätzt. Nach einem Preiskrieg in Europa leckt sich vor allem der Angreifer seine Wunden. Konkrete Zahlen über einzelne Länder gibt Geheimniskrämer Walton zwar keine heraus. Alle Anzeichen sprechen jedoch dafür, dass Wal-Marts Blitzoffensive versandet ist. Der angekündigte Bau von 40 bis 50 neuen Warenhäusern in Deutschland wie auch die Übernahme weiterer Ladenketten wurden sistiert. Grossakquisitionen in Frankreich sind kein Thema mehr. Und auch in die Schweiz dürfte Wal-Mart wohl nicht kommen.
Wal-Mart ist deshalb nicht flächendeckend und bekommt als kleine Nummer 13 im Euroland keine besseren Einstandspreise als die Konkurrenz. Vor allem aber scheint dem verwöhnten europäischen Kunden das Einkaufsvergnügen wichtiger zu sein als das Sparen einiger Pfennige oder Centimes in den freudlosen Betonhallen der Amerikaner.
Allein in Deutschland soll Wal-Mart im letzten Jahr eine halbe Milliarde Mark in den Sand gesetzt haben. Auch in England erzielten die Amerikaner keine besseren Resultate als vorher die Kette, die sie wie in Deutschland zu einem überrissenen Preis übernommen haben. Schwarze Zahlen ab 2001 wie ursprünglich angekündigt sind deshalb undenkbar - trotz einem neuen Management, das aus den USA einflogen wurde.
Bei einem Umsatz von 191 Milliarden Dollar und einem Nettogewinn von 6,3 Milliarden Dollar im Jahr 2000, bei 4190 Geschäften mit 1,2 Millionen Angestellten sind diese Verluste freilich leicht verschmerzbar.
Bildlegende: «Sei stets freundlicher und billiger als alle anderen»: Samuel Robson Walton.
Bildlegende: Kein Einkaufsvergnügen: Die tristen Betonhallen wie diese Wal-Mart-Filiale in Mexiko setzten sich in Europa nicht durch.
Einsam an der Spitze
Top five, Umsätze 2000
(in Mrd Euro)
1. Wal-Mart (USA) 199,1
2. Carrefour (F) 64,8
3. Koninklijke Ahold (NL) 52,5
4. Kroger (USA) 51,0
5. Metro (D) 48,2
zum Vergleich:
Migros* (CH) 12,9
Coop (CH) 8,5
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