>Ist es nicht so, dass der Ausweitung der Geldmenge zunächst Grenzen gesetzt sind? Einerseits die gesetzliche Regelung der Preisstabilität, die eine zu starke Ausweitung nicht erlaubt und andererseits das Instrument an sich seine Wirkung aufgrund der Zins-Elastizität nach und nach verliert bzw. bei Zinssatz gegen Null gar nicht mehr zu gebrauchen ist. Siehe Japan - und dann die Deflationskrise kommen kann, da reine Geldschöpfung dann nicht sofort durchzusetzen wäre?
Hi Bart,
eben erst Deine Fragen entdeckt. Sorry.
Zu 1. Die sog."gesetzlichen Regelungen" zur Aufrechterhaltung eines stabilen Preisniveaus sind keine Vorschriften in dem Sinne, dass sie strafbewehrt wären. Es gibt keine Möglichkeit, eine ZB zu verklagen, auf was auch immer, wenn die Preise sich inflationär entwickeln. Dies bedeutet im Umkehrschluss natürlich, dass die Notenbank im Ernst auch niemals das Preisniveau stabil halten könnten, selbst wenn sie es wollten.
Was aber nicht möglich ist wie das Unterlassen einer Tat (Grundsatz des Strafrechts), kann im Fall des Nicht-Unterlassens nicht bestraft werden. Auch"Tötungen als solche" werden nicht bestraft, man denke nur an Situationen der Notwehr oder an den § 218. Auch werden Tiere jeden Tag legal getötet, obwohl es einen Tierschutz gibt.
Die Regulierung des Preisniveaus mit Hilfe der sog."Geldmenge" ist weder in irgendeinem Gesetz verankert, was auch gar nicht ginge, noch gibt es klare Definitionen eines Zusammenhanges zwischen GM und PN, dem sich sämtliche Ã-konomen und/oder Wirtschaftshistoriker anschließen würden.
Ich persönlich bin der Meinung, dass man diesen Zusammenhang, der auch als"Quantitätstheorie des Geldes" die Runde macht, bestenfalls über sehr lange Zeiträume beobachten kann (was vor allem Earl J. Hamilton für die Zeit nach dem Einströmen des Edelmetalls aus Amerika exakt nach zu weisen versucht hat, wobei er allerdings sehr holzschnittartig vorgegangen ist; die QT wurde hier im Board bereits ausführlich diskutiert, vor allem auch die Frage, warum es z.B. im 19. Jh. starke Ausweitungen der - damals noch im wesentlichen auf Edelmetall basierenden - GMs gegeben hat, während gleichzeitig die Preise gefallen sind, z.B. in den USA und in GB sehr deutlich zu beobachten.
Preise bilden sich auf Märkten nach Angebot und Nachfrage. Wenn Nachfrage aber - wie jeden Tag zu beobachten - nicht nur mit bereits vorhandenem"Geld", sondern ohne weiteres auch mit Hilfe von Krediten ausgeübt werden kann, ist es ohnehin vorbei mit der QT des "Geldes".
Die geldpolitische Theorie und Praxis versucht sich inzwischen dahingehend zu behelfen, dass in die"Geldmenge" auch Kredite einfließen, also spätere Fälligkeiten (wie Sparguthaben usw.), die eben Kredite (Schulden) sein müssen, da sie sonst keine Fälligkeit haben könnten.
Sind Märkte unfrei, wird es noch skurriler. In der Großen Krise der 1930er Jahre gab es in Deutschland ca. 3500 Kartelle, deren einzige Aufgabe darin bestand, die Preise möglichst hoch zu halten. Da die Nachfrage (jetzt: vor allem die Nachfrage, die via Kredite ausgeübt wird) stark zurückging (Grund: allgemeiner Vertrauens- und ergo Kreditverlust), und damit der am Markt realisierbare Output, wurden die Kapazitäten immer weniger genutzt und statt die Preise zu senken wurden Arbeiter entlassen (wohl der Hauptgrund dafür, dass in D. eine so gewaltige Arbeitslosenproblematik entstanden ist, die schließlich die Republik gekippt hat).
Es gibt dazu aus den Jahren 1930/32 klare Korrelationen: In jenen Wirtschaftsbereichen, in denen die Preise am längsten hoch gehalten wurden, wurde auch die meisten Arbeiter entlassen (Kohle z.B.).
Der 2. Punkt mit Deinem Hinweis auf die Zins-Elastizität ist unbestreitbar richtig. Normalerweise müsste die BoJ ankündigen, ihre Sätze ab sofort laufend zu erhöhen.
Das könnte zumindest diejenigen, die überhaupt noch vorhaben irgendwann ein Mal einen Kredit zu nehmen, um damit Nachfrage zu entfalten, dazu veranlassen, diese Käufe vorzuziehen, weil man ein Stahlwerk (oder auch ein Auto für den Privatgebrauch) lieber mit 2 % finanziert als mit 20 %.
Letztlich kann alles ZB-Geld nur von der ZB ausgegeben werden, nachdem es vorangegangene Schulden gebeben hat. Dies zeigt die von black elk und Amanito reingestellt Story mit der Greenspan-Operation ganz deutlich. Die 11 Mrd. $ konnten via Fed-Repo nur in den Markt gegeben werden, indem gleich hohe (bereits existente!) Staatstitel dafür raus genommen wurden.
Andererseits haben wir in den MoMs heute gelesen, dass die BoJ beim Ankauf von Staatspapieren zurückhaltender werden möchte, um nicht in den Geruch zu kommen, sie würde Staatsdefizite direkt finanzieren.
Der Markt wurde durch die Fed bloß liquider gemacht, indem die Fälligkeiten künstlich vorgezogen wurden. Die Geld- und Kreditsumme in toto wurde von dieser Operation in keiner Weise verändert. Die BoJ kann den Markt inzwischen aber nicht noch liquider machen, jedenfalls nicht durch Hereinnahme von weiteren Staatspapieren.
In Japan könnte die ZB nur noch das machen, was die Reichsbank 1931 auch gemacht hat: Uneinbringliche Forderungen ("faule Wechsel") ins Portefeuille zu nehmen (ich hatte dazu neulich gepostet). Damit wäre aber letztlich auch nichts geholfen, siehe unten, weil selbst das Hereinnehmen von"faulen Wechseln" immer voraussetzt, dass es überhaupt bereits zu Wechseloperationen, also zu Kreditvorgänge gekommen ist.
<font color="FF0000">Ein Wechsel kann aber nur ein Mal eine existente Schuld begleichen. Die Vorstellung, mit dem dann gegen den Wechsel herausgegebenen ZB-Geld könne man dann"ein zweites Mal" diese Schuld begleichen ist schon deshalb grundfalsch, weil die Schuld bereits beglichen ist, und das gegen sie von der ZB ausgegebene"Geld" nach drei Monaten wieder an die ZB zurückfließen muss.
Hinter der Idee von der"Geldmengensteuerung" steht also der leider auf immer unerfüllbare Wunsch, man könne aus einem Kredit zwei machen, ein Mal in Form des Wechsels und dann zusätzlich noch ein Mal in Form von ZB-Geld. Oder anders: Zweimal die Schuld begleichen und dann (weil die Schuld bereits getilgt ist) hoch erfreut feststellen, dass man jetzt Geld "übrig" hat, um andere Schulden zu tilgen (bzw. um sich etwas Neues zu"kaufen").</font>
Die Verwandlung von späteren Fälligkeiten in frühere (bei logischerweise gleichen Schuld- bzw. Kreditsummen) ist das eine, was die ZB kann. Kredite selbst vergeben kann sie niemals!
Das andere, was sie kann: Den Satz, zu dem sich der Markt bei ihr gesetzliches Zahlungsmittel abholen darf, so hoch zu schrauben, daß sich diese Liquidisierung enorm verteuert.
Dann würden u.U. diese vorgezogenen Liquidisierungen komplett gestoppt (z.B. bei Fed-Zinsen von 1000 %), aber die Fälligkeit der bereits vorhandenen Kredite/Schulden bliebe davon unberührt. Sie kämen alle der Reihe nach dran. Und wenn diejenigen, die ihre Kredite nicht prolongieren könnten (das ginge auch nur per neuem Kontrakt mit dem jeweiligen Kreditgeber), am Markt keine Liquidität auftreiben könnten, würden sie fallieren.
Dies wiederum würde zu schweren Erschütterungen führen und letztlich im Kollaps des gesamten Kreditsystems enden. Die damit einher gehenden Ausbuchungen würden die Vertrauensbasis so nachhaltig erschüttern, dass an neue Kredite auf längere Zeit nicht zu denken wäre.
Das Problem liegt also immer dort, wo es auch herkommt: Werden neue Kredite genommen und gewährt, läuft alles weiter, vor allem natürlich die Nachfrage in der Realwirtschaft. Fällt die"propensity to credit" ab, geht es nach unten - mit Notenbanken oder ohne.
Und noch zum Schluss: Da die auf den alten Krediten/Schulden liegenden Zinsverpflichtungen bedient werden müssen, kann das System nur gedeihen bzw. fort gesetzt werden, solange auch das"Geld" zur Bedienung der Zinsverpflichtungen durch zusätzliche Nettoneuverschuldung/Neukreditierung geschaffen wurde. Das ist sozusagen die Sahne auf dem Stückchen, das zu erleben wir die Ehre haben.
<font color="FF0000">Sind also Kredite/Schulden in der Welt, müssen sie entweder durch Gewährung neuer Kredite/Schulden am Leben gehalten werden - oder sie müssen verschwinden (gut: durch Konsum des Gläubigers, also durch Akzeptanz von ihnen als endgültig betrachteten Leistungen; schlecht: durch Ausbuchung/Streichung, und das auf beiden Seiten der Bilanz).</font>
Gruß
d.
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