Das Wetter in Shangri la (dem sunshinevalley von Grand Forks) ist unwahrscheinlich und langsam fangen die Gärtner zu jammern an, weil es zu wenig regnet. Müssen die wirklich immer etwas zu meckern haben? Es hat doch einige Male in der Nacht etwas geregnet und mein Roggen schaut sehr gut aus. Nur Äpfel werde ich heuer wenig haben. Nach der vorjährigen guten Ernte scheinen die Bäume rasten zu wollen.
Heute habe ich mir das Rohmaterial für 25l Wein geholt. (42 DM) Das ist mir etwas zu viel und ich warte auf ein billigeres Angebot.
Bei der Gelegenheit bin ich auch gleich wieder einmal in die Staaten gefahren, aber das zahlt sich wirklich nicht mehr aus. Da ist zwar ein billiges Lebensmittelgeschäft gleich über der Grenze und vor Jahren konnte man da billig einkaufen. Sprit um 30% billiger und auch sonst eine Menge. Alle Milchprodukte und Fleischwaren bis zur Hälfte billiger. Bier ist jetzt das einzige was noch etwa 10% billiger ist und da darf man nur drei Dosen unverzollt herüber bringen.
Das Geschäft gehört einem Armenier, der noch 23 andere Filealen und daher günstige Quellen hat, aber das hilft ihm jetzt auch nichts mehr.
Da sieht man jedenfalls, daß die Inflationszahlen in den Staaten gewaltig getürkt sind, denn in der Zeit sind die Lebenshaltungskosten in Canada sicher auch mehr gestiegen, als meine schönen Graphiken darstellen. Das scheint nicht einmal mehr vergleichsweise zu stimmen und auch sonst gibt es da Anzeichen, die einem bedenklich stimmen. Da ist nicht nur der dumme Wein, den ich sonst oft um 40% billiger bekommen konnte, als es hier noch eine Konkurrenz zweier Lebensmittelläden gab. Jetzt hat der größere Kettenladen den anderen aufgekauft und es fängt auch sonst zu stinken an. Die Kassiererinnen, welche - gewerkschaftlich organisiert - einen recht passablen Stundenlohn von 19 Dollar hatten, werden langsam durch Kurzzeitangestellte mit 8 Dollar Stundenlohn ersetzt und auch auf Kurzarbeit umgestellt und das passierte schon mit einer sozialistischen Regierung. Wie das jetzt weiter gehen wird, läßt sich schon erahnen.
Meine Bankfileale (Bank of Montreal) wurde geschlossen und alle Konten und Angestellten in die Credit Union übersiedelt.
Service seither miserabel und lange Wartezeiten, owohl da jetzt ein Haufen, wahrscheinlich schlechter bezahlter Angestellter dort herumstehen.
Das schreibe ich euch, damit ihr ja nicht glaubt, daß die US und Canada mit ihrer Wirtschaftskraft für ein „soft landing“ beim Krach sorgen werden.
Wegen mir braucht ihr euch allerdings keine Sorgen machen. Billigeres
Rohmaterial für Wein ist schon organisiert und wenn es zum Schlimmsten kommt, fahre ich im Herbst zu einem mir bekannten Weingut und pflücke mir selber eine Tonne. Dem Durst ist jedenfalls vorgebaut und dem Hunger auch. Da ist einmal mein Roggen und mein Freund hat auf seiner Farm, welche auch 30 Stück ernähren könnte, sechs Rindviecher herumlaufen, die sich dumm, dämlich und fett fressen.
Vielleicht haben sie dann mit dem Gras auch meine Urschuld gefressen und ich bekomme dafür dann ihr Fleisch ohne Zinsen. Mein Freund verrechnet mir jedenfalls keine, wenn ich ihm dabei helfe sie abzumurxen. Na ja, nicht ganz, dafür bin ich zu zart beseitet, aber beim Verpacken helfe ich schon.
Er ist da aus viel härteren Holz geschnitzt. Da kam doch letzte Woche jemand von der Straße herein und erzählte ihm, daß da ein angefahrenes Reh läge, welches noch am Leben sei. Er nahm sein Messer und schnitt dem die Kehle durch und jetzt hat er allerhand Wildfleisch in seiner Kühltruhe.
Ich bin wahrscheinlich eine Sissy. Ich konnte nach kurzer Zeit nicht einmal mehr einen Standfisch harpunieren. (Wie geht es dir da, b. e.?) Ich hatte das Gefühl als würde ich meine etwas doofen Spielkameraden umbringen, die mich nur dumm anschauten, wenn ich ihnen die Harpune schon fast ansetzte. So hungrig war ich dann auch wieder nicht.
P.S. Wo er recht hat, hat er recht. Ihr wisst schon wer.
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