>Du fragst:
>(b) Also: Warum muss ich mir Silber (Warengeld nach Deiner Meinung) leihen, um mir damit Datteln, Feigen, Gerste usw. > zu kaufen, wo ich mir doch (siehe die Babylon-Kontrakte) diese Güter direkt leihen kann bzw. konnte?(/b)
>Weil der Dattelverkäufer lieber gleich"real things" statt Versprechungen haben will.
>R
Feines Argument, mein Bester!
Nur:
1. Warum verleiht der mit dem Silber sein Silber (real thing) physisch? Er hätte doch mit seinem Silberbestand bürgen können. Der Leiher nimmt dann die Silber-ist-da-Garantie und macht damit, das, was Du mit"Kaufen" meinst: Er erfüllt den Kaufkontrakt (z.B. Datteln an ihn) mit dem Silber-Zertifikat (Zertifikat an den Dattelverkäufer).
Das real thing Silber"liefe" gar nicht als"Geld""um" - wozu denn auch? Eine Tontafel mit Verpflichtung 100 Shekel zu liefern wiegt nicht ein Tausendstel der 100 Shekel als real thing.
Du kennst doch den Hamburger Banco bestens, wo es ganz genau so war. Und da die"Tempel" in der Antike allseits Metalldepositenanstalten waren (Schatzhaus Delphi usw.; vgl. a. B. Laum über den"religiösen Ursprung des Geldes"), hatte the real thing einen ganz anderen Zweck:
Es diente a) zum Ausgleich von"Handelsbilanzen" (daher auch die Einführung von"Großmünzen" lange vor den Kleinmünzen! Wer kannte in Babylon schon die Schuldner/Bürgen-Situation in Athen, als Beispiel) und b) um darin zu sparen (deshalb wurden die Soldaten immer trough the ages im real thing bezahlt, aber nicht um es sofort auszugeben, sondern um es mit nach Hause zu nehmen und es dann peu à peu auszugeben, als Kaufkontrakterfüllungsmittel; genau so gut hätte er von seinem kleinen Landgut Gerste ernten können, die Ernte anschließend auf dem Markt in the real thing"tauschen", um mit the real thing dann Wein zu kaufen - aber wer bestellt als alter Mann noch groß Felder?).
2. Du beantwortest nicht die Frage, warum es beide Kontraktformen nebeneinander gegeben hat. Offenbar mus sich jemand etwas dabei gedacht haben, wenn er in Ware A (Datteln) statt in Ware B (Silber) bezahlt werden möchte. Warum hat er sich A ausbedungen, wenn er sich hätte B ausbedingen können?
3. Silber kommt ebenso laufend neu auf den Markt wie Datteln auch. Der laufende Zustrom gemessen am bereits vorhandenen beeinflusst die wechselseitigen Preise (und alle anderen Preise sich untereinander auch). The real thing kann also durchaus relativ zu anderen things billiger werden. Preiserwartungen kommen dazu (gute Ernte? Schlechte? Großer Silberfund? Keiner? Importe? Exporte?). Also wird sich jeder, der verleiht, überlegen, in was er zurückgezahlt werden möchte.
Er kriegt es so oder so in Bestzustand zurück (Silber 999 oder so fein; frisch geerntete Gerste, Datteln, Feigen). Warum darf er sich nicht raussuchen, worin zurückgezahlt (= Schuld getilgt) werden soll?
Was würde ich heute machen? Wenn ich mir Rückzahlung in Menge X des real things vorstelle, dann muss ich mich fragen: Wird the real thing gegenüber der"üblichen Landeswährung" am Tag der Rückzahlung teurer sein oder nicht oder sogar billiger? Konkret bei Silber: Wird der Silberpreis in"Landeswährung" gemessen steigen oder fallen? ("In Landeswährung" heißt ja nichts anderes als das Preisniveau aller Waren).
Ich weiß nicht, was ich machen würde. Aber ich würde mir alle Preistrends aller Waren ganz genau anschauen (incl. aller Preisanalysen und Preis- bzw. Kurstrendanalysen, incl. EWA). Vielleicht nehme ich Rohöl? Vielleicht Aktien, vielleicht einen Index, vielleicht Schweinebäuche usw.?
Ich kann mir zur Rückzahlung (egal, was ich ausgeliehen habe) logischerweise immer nur eine Sache, bestenfalls ein kleines Sachenbündel ("Mini-Warenkorb") aussuchen. Und dann habe ich Glück oder Pech (Pech, wenn das, was zurückgezahlt wird, gegenüber allem anderen gefallen ist). Vermutlich ist es auch eine Optimierungsrechnung, denn das allerschlechteste werde ich wohl kaum erwischen.
4. Das ist doch genau, was Du letztlich mit Deinem"explodierenden Silberpreis" auch heute vorschlägst. Du gehst nicht nur davon aus, dass Silber steigt, sondern dass es gegenüber allen anderen Waren (und damit auch der"Landeswährung", deren"Wert" invers alle Preise berücksichtigt bzw. ausdrückt) sehr stark steigt.
Du bist also der Babylonier, der Rückzahlung (oder späteres Einkommen) sich in Silber ausbedingen wird. Ich bin der Babylonier, der eher an einen Rückzahlungsmix aus Gerste, Datteln und Feigen denkt, alias jemand, der nicht damit rechnet, dass die Gesamtheit aller anderen Waren gegenüber Silber fallen wird. Wo bleibt das real thing? Bzw. wie"real" ist es?
5. Auch das mit Deinem"Versprechen" und dem real thing lässt sich bewältigen. Im Versprechen liegt in der Tat ein Risiko. Wenn es aber kleiner ist als das Preisrisiko, das the real thing gegenüber allen anderen Waren hat, entscheide ich mich fürs Versprechens-Risiko.
6. Schließlich hat der real-thing-Freak ein Problem, das Du nicht übersehen darfst: Er behält sein real thing ja nicht, sondern, weil er Geschäftsmann ist (Konsumsschulden bzw. -kredite im heutigen Sinne gab es damals nicht), muss er sich vom real thing wieder trennen!"Umsatz" heißt ja nicht nur rein, sondern immer auch gleich wieder raus.
Er muss also the real thing auch dann hergeben, wenn er dafür Waren bezieht, deren Preise sich senken. Er verdient ja nicht an den Preisen selbst, sondern an der Differenz zwischen Ein- und Verkaufspreis. Solange diese Differenz das Preisverfalls-Risiko der Nicht-real-things überdeckt, wird er sich jederzeit gern vom real thing wieder trennen und dafür"normale Waren" beziehen (i.e. Kaufkontrakte erfüllen).
(Dies ist übrigens etwas, das Gesell, obwohl Geschäftsmann, übersehen hatte: Mit dem"unverderblichen Gold" bezahlen ja nicht nur die Endverbraucher (erfüllen ihre Kaufkontrakte), sondern auch die Geschäftsleute selbst. Jeder Geschäftsmann wird aber selbst bei einem Warenpreisverfall von 10 % (Deflation!) - sowohl auf der Einkaufs- als auch auf der Verkaufsseite - sich jederzeit von seinem Gold (das als solches um die 10 % in seinen Waren gerechnet wertvoller wird) trennen, wenn er zwischen Einkaufs- und Verkaufspreisen eine Spanne von 25 % hat. Denn die 15 % nimmt er liebend gerne mit und er verschlechtert sich durch die Trennung vom Gold in keiner Weise - ganz im Gegenteil!).
Somit komme ich zu dem Schluß: Da auch"Warengeld" eine Ware ist und da es als Ware in relativer Preiskonkurrenz zu anderen Waren steht (jeweils gemessen am feststehenden Rückzahlungstermin in abzuschätzenden relativen Preisrelationen bzw. Preisrisiken) kann Warengeld niemals"Geld" gewesen sein!
Es darf nämlich nie als"Geld in der Gegenwart" gesehen werden (wobei es ohnehin immer nur ein Schuldendeckungsmittel sein kann, was eben leider frühere Kaufkontrakte bzw. Kredite voraussetzt), sondern es muss immer unter dem Aspekt der"Zukunft" gesehen werden:
Wie entwickelt sich sein relativer Wert. d.h. wie entwickeln sich die anderen Werte! Und da aus diesen"Werten" am Rückzahlungstag"Preise" werden (für the real thing und alles non real things auch), muss es Kontrakte geben (Kauf oder Kredit), die am Erfüllungstag erfüllt werden müssen. Denn ohne Kontrakte kann es keine Preise geben und kann sich nicht feststellen lassen, ob ich richtig gelegen habe oder nicht.
Kontrakt bleibt Kontrakt und kommt immer zuerst. Erfüllungswünsche werden gern entgegen genommen und können per Kontrakt vereinbart werden. Und wenn ich die Erfüllung in the real thing Silber haben will, muss ich das Preisrisiko der Ware Silber in Kauf nehmen.
Auch mit dem real thing Silber kann immer nur erfüllt werden, und wenn es um Erfüllung geht, muss vorher ein Kauf- und/oder Kreditakt stattgefunden haben. Wann die Ware physisch auftaucht, spielt keine Rolle (sie kann im Falle Silber längst vorhanden sein, am Erfüllungstag muss sie aber genau so am Markt vorhanden bzw. geliefert sein wie die anderen non real things auch).
Es ist ziemlich schwer mit dem"Geld", nicht wahr? Und wir lernen immer was dazu. Ich vor allem und dies vielmals dankend.
Gruß
d.
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