>Lieber Dottore,
>>mein ganzer Beitrag ist leider futsch. Ich versuche es nochmal, vermutlich sogar besser, da kürzer.
>Sei unbesorgt, ich habe versucht, meine Antwort so sehr in die Länge zu ziehen, als wäre Dein erster, längerer Beitrag die Grundlage gewesen ;-)
>1.
>Nur weil man etwas nicht sieht muß es deshalb nicht vorhanden sein. Eine Theorie ist nicht besser, weil sie (anscheinend oder tatsächlich) stärker abstrahiert.
Warum bleibst Du nicht Bei der Banknote? Sie sieht wie eine Ware aus, ist es aber nicht. Daher wird mit der Note auch nicht getauscht, sondern die Note wird zediert. Wer sollte Zessionen sehen können?
>2.
>Darf ich banal entgegnen? Ein Goldeigentümer kann auf Gold verzichten, um etwas zu erwerben.
Er kann das Gold mit anderen Waren tauschen. Er kann aber auch einen besicherten Kreditschein über das Gold ausstellen und das Gold behalten. Was wird er lieber tun?
>3.
>In der Nähe Deines Dorfes ist ein Wald mit Honig, ein anderes Dorf liegt am Meer. Was machst Du, wenn Du Fisch essen willst? Du nimmst Deinen Honig und gibst ihn her, und man lädt Dich zum Fischessen ein. Mahlzeit!
Der Honig kommt nicht von selbst auf den Tisch (Imkerei ist arbeitsausfwendig) und der Fisch springt nicht aus dem Wasser auf den Tisch (auch Fischen braucht Geduld, also Zeit).
>Wo ist selbst die (auch ansonsten bei der Geldentstehung überflüssige) Schaltsekundenschuld, wenn Dein gegenüber den Honig zur gleichen Zeit ißt, in der Du den Fisch verspeist?
Der Tasuch kann gleichzeitig stattfinden (ergo kein neuer Kredit), und wann gegessen wird, ist egal (der mit dem Fisch muss eher essen, denn Honig ist hatbarer). Es kommt nicht auf den gleichzeitigen Konsum an, sondern darauf, das durch den Tausch (Schuldrecht!) die beideitig getauschte Ware als endgültig geliefert akzeptiert wird.
>4.
>Schenken-Gegenschenken kann als Tausch als auch Kredit aufgefaßt werden. Es als 'freigebiges Weggeben' aufzufassen ist in der Regel nicht richtig, d.h. wer sich nur beschenken läßt bekommt recht bald nichts mehr. Versuch einer Einteilung:
>a.) Schenken ist in Fällen der Not und gegenüber Fremden via Brauchtum eine Art
>Sozialversicherung bzw. Reiseermöglichung; man kann erwarten, gleiches zu erhalten, von wem auch immer.
Beschenktwerden - siehe das Buch von Sitta von Reden - wollte man in archaischen Zeiten eben gern vermeiden ("Debt avoidance"!). Die Schenker wollten sich aber ihrerseits die Beschenkten gefügig machen ("Schuldbewusstsein") - das ganz ohne, dass bereits Notlagen vorkamen. Die alten Texte waren doch nicht in den Wind geschrieben (Hesiod!- ca. -700).
>b.) Schenken ist in Fällen des kurzfristigen Gegengeschenks (ähnlich Herodots
>Strandszene) eine Form des Tauschs.
Bei Herodots Strandszene hast Du das Wichigste unterschlagen: Dass sich beide Parteien durch Mehrung bzw. Minderung des zu Tauschenden allmählich dem Tausch-Optimum angenähert haben.
>c.) Schenken ist in Fällen späteren Gegengeschenks eine Form des Leihens (also ein Dorf richtet ein Fest aus, das Nachbardorf macht eines in einem Monat).
Wiederum ein Zeitüberbrückungsphänomen ("in einem Monat"). Daher auch Ausfallrisiko usw. (Monsumzeit).
>Wir kennen keine Beispiele, in denen einer dauernd nur schenkte. Wir kennen aber sehr wohl Beispiele, in denen es Streit gab, weil das Gegengeschenk zu klein ausfiel. Schenken ist Tauschen oder Leihen oder Sozialversicherung. Schenken ist wirtschaftlich die Form eines anderen Vorgangs.
Schenken ist nicht Tauschen, sondern kommt eindeutig von der Tauschen, jedenfalls in allen mir bekannten Kulturen (Stamm/Feudal). Sie nochmals die Tausch- und Gegentauschgutannäherung auf Herodots Strand.
>5.
>Der Hau-Geist ist, wirtschaftlich gesehen, eine Art immaterieller Kreditverpflichtung, und sie wird auch (ansatzweise) übertragen, beschrieben bei Mauss allerdings als A-B-C-B-A, nicht als A-B-C-A. B muß an A weiterreichen, was er ursprünglich von A erhalten und dann an C weitergereicht hatte, sobald er es von C zurückbekommt.
Sahlins ("Stone Age Economics," London 1972, 142 ff.) weist darauf hin, dass der"hau" mehr ist als von Mauss vermutet worden war: Er erhöht seinen Wert dadurch, das immer weiter geschenkt wird, wobei es aber nie zum ersten Schenker zurückkehren darf. Damit sind wir vom"Geld" ganz weit entfernt, das, da es eine verbriefte Schuld ist, in Form der fixierten Schuld wieder zum Erstgläubiger zurückkehren muss. Mit irgendetwas muss der Erste schließlich bedient wrden.
>Es hat aber kein Volk richtiges Geistgeld hervorgebracht, was auch nicht weiter verwundert, schließlich ist absolute Ehrlichkeit vonnöten.
Dazu den eben kurz vorgestellten Galiani, der sich wundert, dass unter den Quäkern Pappendeckelgeld kursieren konnte. Seine Erklärung: Weil sie absolut ehrlich waren.
>Man kann salopp zusammenfassen: Es gehört sich nicht, aus einem Geschenk Profit zu schlagen. Wenn man kann, muß man adäquates zurückgeben.
Was sich heute"nicht gehört" war aber im archaischen Hellas absolut Usus (von Reden, 87:"To be at the receiving end of an exchange was a sign of weakness" und:"Gift-giving was, finally, a source of lasting, rather than short-lived, wealth"!).
>6.
>Beim zeitlich gestreckten Schenksystem kann es zu den schon erwähnten Aufschaukelungen kommen, muß es aber nicht. Sieh' es als Zins, obwohl es weitgehend ein kultureller ist.
Die Vorstellung vom Zins als einem"Mehr" hat sich eben so entwickelt. Unterlegt von der absolut nachvollziehbaren Vorstellung, dass Zeit verstreicht bzw. verstrichen ist.
>7.
>Das Schenken ist eine Form, deren wirtschaftlicher Hintergrund mindestens drei unterschiedliche Dinge umfaßt (s. 4 a,b,c). Nur eine davon ist das Leihen.
Das Schenken kann ich historisch nur als eine Form des den anderen"Verpflichtet"-Machen" erkennen.
>8.
>Das Definitionsargument zielt darauf ab, daß es unzulässig ist, auf Basis einer angepaßten Definition nur Teilaspekte der Wirklichkeit zu betrachten und diese dann zum Ganzen zu erklären.
Sachen - Waren - Zeitemfinden - Märkte - Schenken - Tauschen - Zeitüberbrückung - Zins - Leihvertrag zunächst ohne, dann mit unterlegter Sicherheit usw. Das alles sind nicht Teilaspekte (simultan) einer Wirtschaft, sondern entwickeln sich sukzessive in der Wirklichkeit. Hier wird nicht mit einem fiktiven Ganzen gearbeitet (Stock), sondern mit einem Flow.
Mit absolut nachvollziehbar, in Theorie und Wirklichkeit. Dir nicht?
>9.
>Was nun? Schmuck ist für viele Völker sehr wichtig und nicht wertlos.
Völlig klar. Aber Schmuck ist immer Ware, sonst wäre er wertlose Sache und wäre er wertlos, wäre er kein Wert. Ist er also Ware, dann setzen wieder die Herstell- (bzw. Findungs-)-Probleme ein. Zeitphänomen.
>Obiges erweckt nicht den Eindruck, daß eine Rechengeldtheorie des Muschelgeldes existiert, die das Phänomen schlüssig erklärt.
Bei Tabarelli sehen wir sehr schön"Kaurischnecke" und dann"Zeichengeld - Kauriimitation, Bronze"). Was war billiger ("wertloser"): Die jederzeit zu findende Schnecke oder die schwer zu fabrizierende Bronze? Und wenn die Bronze-Kauri nur ein Rechengeld für die seltenere (wertvollere, höher geschätzte) Muschel gewesen sein soll - auf welche Kaurischnecke hat sich die immer gleich aussehende Bronze-Kauri bezogen? Auf die violette, auf die gelbe (sie müssen doch unterschiedlichen Wert gehabt haben, denn wie sonst hätten sie überhaupt einen Wert haben können?).
>10.
>>Liegt an der unterschiedichen Verfallskurve.
>Dieses Argument aus der Tauschgeldtheorie überträgst in die Kreditgeldtheorie, in der es aber keinen Sinn ergibt.
Doch, denn ein Kontrakt über Gold ist eben etwas anderes als ein Kontrakt über Getreide.Das merkt der Gläubiger spätestens am Zeitpunkt der Rückzahlung: Getreide muss dann verarbeitet werden, Gold nicht.
>Wenn ein Babylonier sein (oder auch das eines dritten) Grund beleiht, kann das Darlehen ohne weiteres auf eine verderbliche Ware lauten, da die Ware von keinem der Beteiligten gehalten wird.
Gehalten nicht. Aber zurückgezahlt.
>In der Tauschgeldtheorie hingegen wird die Ware gehalten und die Verderblichkeit ist wertmindernd.
Deshalb ja Ware Metall > Ware Getreide.
>Man würde wieder ein Darlehen geben, Wiederanlage ist auch heute bei den allermeisten Anlegern der Fall (wenn man keine Anschaffung tätigt).
Das Prolongieren schafft nicht die Tatsache aus der Welt, dass die Ware irgendwann bei jemand erscheinen muss. Schließlich zielt der Warenkreditkontrakt auf die Rückzahlung in Ware ab und nicht darauf, diese zu prolongieren. Wäre es so, bräuchte man überhaupt niemals einen Kontrakt über verderbliche Waren. Man könnte unendlich lange auf sie verzichten. Nur: Wozu hat sie dann jemand per Kontrakt nachgefragt?
>Zudem verdirbt Getreide nicht sofort. Zur Not könnte man immer noch das Getreide in Gold oder Ziegel oder Rinder tauschen.
Keine Frage. Aber was heisst"zur Not"? Wenn es bedeutet: Dann brauche ich es nicht, muss ich schon vorher damit rechnen, dass ich es u.U. nicht brauchen kann. Warum dann nicht gleich einen Kontrakt über Gold, der mich in die Warten-Können-Position versetzt.
>Zur Verdeutlichung nochmal der Unterschied zur Tauschmittelherleitung: Bei ihr wird während des Vorgangs, also des Tauschprozesses, darauf geachtet, daß die Ware nicht verdirbt, indem eine unverderbliche Ware gewählt wird.
Während des Tauschvorgangs kann, da üblicherweise uno actu, nichts verderben. Ansonsten gäbe es immer nur Tausch von Waren mit gleichen Verfallskurven, also Gold in Silber, 1-jähriges Kalb und 1-jähriges Kalb.
>11.
>Auch lokale Gelder sind Gelder, und alle ersten Gelder waren lokale Gelder. In der Steinzeit war es nicht üblich, per Flugzeug um die Welt zu jetten, und den Indianer interessierte es nicht, ob sein Geld auf den Fidschis etwas wert war. Ein paar Dörfer weiter, das reichte.
Es geht nicht ums Lokale, wie klein es gewesen sein mag, sondern darum, wie aus dem Lokalen etwas Überlokales (Überregionales) werden konnte. Abgesehen davon reden wir hier von Stammesgesellschaften ohne Privateigentum. Erst das Privateigentum (Grund, Gold) macht aus dem Lokalen Überlokales im oft genug beschriebenen Ablauf. Besicherter Boden in Athen machte den Boden auch für Römer als Unterlegung eines Kredit akzeptabel. Wenn mir jemand Boden in Usbekistan als Besicherung anbietet, wird für mich daraus kein Geld, nach wie vor nicht.
Es muss also immer zur"Ausbreitung" der Akzeptanz von Sicherheiten kommen. Wenn der erste Schuldkontrakt von einem Dritten mit etwas besichert worden wäre, für das sich kein Vierter, Fünfter usw. interessiert - nix Geld!
>12.
>Daran, daß Notenbanken Gold halten, kann man doch erkennen, daß es keine normale Ware ist, sondern eine, die irgendetwas mit Geld zu tun hat.
"Irgendetwas"? Ja durchaus. Es galt bis Ende Sechziger als Besicherung der US-Dollar (konkret: Dollarforderungen, die sich gegen die USA richteten). Aber das ist vorbei. Jetzt haben wir keinerlei"Anker" mehr für irgendein Kreditsystem außer dem schwammigen"gesetzliches Zahlungsmittel".
>Die Notenbanken sind kein 'Tante Emma Laden', in dem sich neben Käse, Socken und Bier auch etwas Gold befindet.
Käse = Staatspapiere. Socken = Devisenreserven. Bier = Scheidemünzen. Sehr schön erkannt.
>13.
>Was für eine Erklärung des Brautpreises!
Irgendwer muss ihn ja für irgendetwas kassiert haben. Die Frau selbst, um ihren Beruf an den Nagel zu hängen? Der Zuhälter? Das Bordell?
>Und wahrhaft debitistisch: Die Ehefrau wird später verliehen werden, deswegen muß bei der Eheschließung der Brautpreis bezahlt werden. ;-)
>Den Brautpreis gibt es bis heute, u.a. in Afrika. Sein Wert ist oft sehr hoch, z.B. 20 Rinder, also für die Leute ein Vermögen. Es handelt sich somit nicht bloß um einen Brauch, sondern um einen wirtschaftlichen Vorgang.
Ganz genau. Und was ist auf der anderen Seite mit der"Mitgift"?
>Der Brautpreis ist u.a. deshalb für die Geldentstehung von Bedeutung, da Völkerkundler, die sich meist nicht sonderlich um geldtheoretische Dinge kümmern, ihn detailliert beschreiben.
Der"Brautpreis"? Völkerkundler sprechen also vom"Preis", obwohl sie Preise nur erklären könnten, indem sie mit Geld, Märkten usw. operieren. Offenbar verwechseln sie einen Brautkauf mit einem Brauttausch.
>Wir finden also z.B. ein Volk, bei dem der Preis, sagen wir, 10 Schweine ist, und ein Volk in der entfernteren Nachbarschaft, bei dem er 5 Schweine und dazu eine bestimmte Menge Schmucks beträgt, und ein drittes, bei dem nur 'Schmuck' (also beginnendes Warengeld) gezahlt wird. Bei weiteren dann hat der Brautpreis gar keine Schmuck-, sondern nur noch Geldform, wobei etwa fünfzigtausend Federn zu einem häßlichen Bündel zusammengebunden werden, das auch nie gelöst oder anderweitig als Schmuck getragen wird. Wir können also am Brautpreis gut sehen, inwieweit sich eine Ware als Geld herausgebildet hat.
Die Ware ist nach wie vor ein Tauschgut geblieben. Wenn ich das Bündel nicht aufschnüren kann ("nie gelöst") oder mit dem ganzen Haufen auch sonst nicht bezahlen kann, wo ist dann das"Geld"?
>Kann man debististisch erklären, wieso der Vermögensübertrag, der bei der Hochzeit vom Bräutigam und seiner Familie an die Eltern der Braut zu leisten ist, der sogenannte Brautpreis, bei manchen Völkern vor allem aus Produktionsmitteln (Tieren) besteht, bei anderen zusätzlich aus Schmuck, und bei dritten aus ganz merkwürdigen Dingen, die potthäßlich sind, aber schöner Schmuck sein könnten, wenn man sie nicht absichtlich zu potthäßlichen Dingen machte?
Der Debitismus kommt dann um die Ecke, wenn das Tauschgut Braut nicht dem entspricht, was der Freieinde sich vorgestellt hat. Warum muss der Brautpreis wieder herausgerückt werden, sobald die Braut (dann Frau) wieder zurück kehren muss?
>Was ist das Federgeld in Deinen Augen?
Ein Tauschgut.
>Wieso müssen auf Inseln Polynesiens eine halben Million Federn am Hochzeitstag geleistet werden?
Sie werden mit der Braut getauscht. Die"Leistung" Braut ist ihre Existenz (von den Eltern erbracht), die"Leistung" Feder ist das Sammeln derselben.
>Als Buchführungshilfsmittel, für die Anzahl der Freier der Braut? Die Arme!
>Für Federgeld gilt das gleiche wie für Muschelgeld, die Rechengeldtheorie funktioniert nicht so recht.
Funktioniert perfekt, siehe noch Mal Tabarellis"Zeichen-Geld" (die Bronzemuschel war der Wert, die Schnecken selbst die Verbuchung desselben).
>14.
>Nehemia 5,11 nennt Geld, Getreide, Most und Ã-l. 7,70 weist auf die Existenz von Geld in Form von Silber (nach Gewicht) hin, wie in Babylon.
Das war Silber als Ware und wie jede andere abwiegbare Ware auch kein Geld. Das war erst der besicherte Kontrakt über die Lieferung bzw. (Rück-)zahlung der Ware.
>15.
>Außenhandel, also z.B. Karavanenhandel oder auch ein mehrtätiger Fußmarsch, ist zwar zeitaufwendig, kommt aber bei den meisten Völkern vor, auch bei steinzeitlichen. Bei letzteren spielt wiederum der Binnenhandel (also innerhalb des Dorfes) wegen Selbstversorgens und Teilens keine rechte Rolle.
Richtig. Dann ist Geld der besicherte Außenhandelskontrakt. Ansonsten ist es Außenhandelstausch. Und bitte nicht die Zeit vergessen, siehe das Karawanenbeispiel und das Zinsverbot durch Mohammed (riba = Verdoppelung der Verdoppelung = Wucher, wenn der Kontrakt nicht termingerecht erfüllt wurde).
>Die Bedeutungslosigkeit des Kleibinnenhandels erklärt auch, weshalb erste Gelder einen relativ hohen Wert repräsentierten.
Es waren international tauschbare Waren, wie die Großsilbermünzen, die die Ägypter, siehe Assyud-Hort, nur gegen Gewicht nahmen.
>16.
>Natürlich gibt es Entwicklung, auch beim Buchdruck. Daß Gutenberg einen Sprung einleitete, ist klar, aber danach blieben die Dinge doch nicht stehen.
Und ob sie stehen blieben! Gutenbergs Haupterfindung, das Handgießinstrument, war noch in diesem Jahrhundert gebräuchlich. Noch heute lernen junge Drucker in der Lehre genau so zu drucken wie 1450.
>17.
>Durch Inversion kommt es zwar oft zur richtigen Kritik, aber kommt es auch zur rechten Erkenntnis?
Nein."Recht" ist moralisch und wertend. Ich will's nur ganz einfach richtig.
>Wenn es kein Warengeld mehr gibt, was stört Dich dann so daran, daß es aus dem Tausch entstanden ist? Mal unabhängig von der Frage, was stimmt...
Aus dem Tauschen ist die Kreditwirtschaft entstanden und die haben wir bis heute. Aber um zu verstehen, was ein Kredit (und damit Geld) ist, können wir entweder weiterhin immer auf frühere Kredite rekurrieren (Kredit auf Kredit usw.; siehe mein gestriges Posting zur"Erstausstattung" mit DM-Geld - ebenfalls per Kredit) oder wir fangen mit einer Ware an. Da das Kredit-auf-Kredit-System heute zu schweitern droht, muss die Alternative geprüft werden (letztlich Goldwährung). Aber die können wir nur inszenieren, wenn wir die Kredit-, Besicherungs- und Geldentstehungsphänomene begreifen.
>18.
>Zur Abrundung, wie erklärt eine Geldentstehungstheorie, nur auf Kredit basierend:
Die geht ja offenbar schief. Wir brauchen also eine Geldentstehungstheorie, die auf die Ware zurückgeht. Aber dies war immer nur die Ware und als Ware nicht Geld.
>a.) Die große Zahl an Muscheln, Federn etc., die für Buchführungszwecke viel zu hoch ist.
Wenn viel zu hoch - dann eben Warentausch. Die Braut muss man dann leider auch als"Ware" betrachten (siehe oben).
>b.) Die Aufgabe des Schmuckgebrauchs bei Schmuckgegenständen, etwa von
>Federschmuck zu Federnrollen, oder von Silberschmuck zu Silberbarren.
Schmuck muss produziert sein = Zeitphänomen = Zeitüberbrückungsphänomen = Kreditvorgang.
>c.) Die Funktionsweise des Fernhandels, in dem Darlehen faktisch unmöglich sind, und bei dem sich nicht immer die Waren paarweise zusammenfinden lassen.
Gerade beim Fernhandel ist der Kredit das Entscheidende, vgl. usführlich Patricia Crone: Meccan Trade and the Rise of Islam, Oxford 1987, 87 ff. Die Karawanenfinanzierung wurde mit Hilfe von Schuldtiteln abgewickelt, die auf Termin gehandelt wurden.
>d.) Wieso lauten in Babylon so viele Darlehen gänzlich oder teilweise auf Silber, wenn dieses nicht auch aus anderem Grunde bereits Geld war?
Es war eine Ware, die dem Empfänger bei Rückzahlung die Wahl ließ, entweder sie auszugeben (in sofort verbrauchsfertige Waren zu tauschen) oder zu warten.
>e.) Wieso wurden durch bloßes Beleihen in Babylon große Mengen Silbers nicht mehr als Schmuck gebraucht, wieso werden Unmengen an Federn dem Schmucknutzen entzogen?
Das Babylon-Silber wurde per Feudalsystem vom Herrscher abgefordert ("Tribute") und in der zentralen Sammelstelle (Tempel usw.) aufbewahrt. Alexander der Große hat in Persepolis maximale Mengen heben können, siehe seine Mega-Prägungen danach. Ähnlich auch die Tempelschätze von Jerusalem, u.v.a. mehr. Die Federn waren Tauschgut, kein Geld.
>f.) und wieso lauten in Babylon die Darlehen nicht auf haltbare Ziegel, Standardgröße, 30 Tage sonnengetrocknet, wenn es nur ums Beleihen ging?
Es gibt vermutlich auch solche Kontrakte. Aber Silber kriegst Du so schnell nicht aus der Welt wie Ziegel, siehe Ausgrabungsbefunde.
>Fragen über Fragen, und die Antworten finden sich...
>... auf der anderen Seite der Medaille?
Lass' uns doch eine Seite nach der anderen betrachten. Zumal bei einseitigen Geprägen! ;-)
>19.
>Wo sind eigentlich die Tonkapseln geblieben? Besteht Einigkeit, daß es vermutlich Darlehensurkunden waren, die für gewöhnlich nicht übertragen wurden?
Dann hätten sie nicht so kompliziert konstruiert sein müssen. Ein Darlehensvertrag allein hätte genügt (ohne den"Sicherheitsfaden"), denn der war bereits vom Schuldner gesiegelt. Und fälschungssicher für den Gläubiger (der ihn ohnehin besaß) und für den Schuldner auch, der die Kopie hatte.
Es gab im englischen MA"Talleys" - das waren so abgebrochene Stöcke, dass beide Enden zusammen passen mussten, sonst kam keine Partei zum Schuss. Ähnlich wurden die ersten Banknoten mit"Wellenschnitt" versehen, damit man sehen konnte: echt (denn unecht hätte die Welle nicht gepasst).
>>Gruß und sorry, das erste war doch viel schöner und detaillierter. Trän...
>Das nächste Mal schmeiß' ich meinen Beitrag weg zum Ausgleich...
>Gruß, Dimi
Ach, Dimi,
wir lernen täglich was dazu.
Gruß
d.
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