WiMi Müller: "Im laufenden zweiten Quartal könnte sich ein Nullwachstum ergeben."
Warum schlägt die Regierung Alarm? Klingt irgendwie herzig. Denn wer sollte alarmiert werden? Die Regierung selbst? Die"Wirtschaft"? Aber wer darin konkret? Die"Notenbank" - aber was sollte sie tun? Selbst Aufträge vergeben (die Aufträge in der Wirtschaft fallen ganz besonders dramatisch)?
Jetzt soll (Vorschlag CDU, FDP, Grüne) die nächste Stufe der Steuerreform vorgezogen werden. Es sollen also die Steuersätze gesenkt werden, was eben erst der Fall war und offenbar nichts geholfen hat. Sonst hätte die Steuersenkung im ersten Quartal keinen Stillstand im zweiten bewirkt.
Dass Steuersenkungen ohnehin nichts helfen, hat eben erst Prof. Paul Krugman für die USA nachgewiesen, ich hatte sein neuestes Buch"Fuzzy Math" vor kurzem hier vorgestellt. In den USA war es um eine einmalige Steuersenkung gegangen (die von Herrn Bush).
Nun soll es in D - im Gegensatz zu den USA - eine Abfolge von Steuersatzenkungen geben. Dass dies in jedem Fall kontraproduktiv ist, liegt auf der Hand: Wer durch etwelche wirtschaftliche Tätigkeiten etwas zu verdienen hofft (und dann weniger ertragsabhängige Steuern bezahlt), wird diese Tätigkeiten nach hinten verlagern, also lieber vertagen, was mit Sicherheit nicht aus der Krise führt.
Dieser Negativ-Effekt wird sich noch verstärken, je mehr die Front der Fraktion"Steuersenkungen wie festgeschrieben" ins Wanken gerät.
Das ist wie bei Zinssenkungen, von denen angenommen wird, dass sie sich fortsetzen. Es ist günstiger zu warten, weil das die Kreditkosten senkt.
Aber selbst wenn und wie: Die Wirkungen (oder Nichtwirkungen) von Steuersatzsenkungen setzen in jedem Fall voraus, dass überhaupt Steuern anfallen. Diese können aber nur anfallen, nachdem BIP realisiert wurde.
Was uns zu alten Frage zurück bringt: Warum und womit wird BIP überhaupt realisiert? Das Anbieten von BIP allein kann es nicht sein. Es müssen also zusätzliche Kaufakte Statt finden. Das Stattfinden von zusätzlichen Kaufakten setzt sub summa immer das zusätzliche Kontrahieren der selben voraus.
Das sog."Geld" kann sich immer nur auf bereits produziertes BIP beziehen, da es aus der"Monetarisierung" von Kreditverhältnissen basiert, die ihrerseits erforderlich waren, um das BIP überhaupt zur Angebotsreife zu bringen.
Es geht also, wie immer, ausschließlich um die Frage, ob zusätzliche Kredite entstehen, die zuerst das zusätzliche BIP erstellen und dann - über den Faktorkosten-Effekt (Löhne werden zu Einkommen usw.) - wieder vom Markt nehmen.
Wann entstehen zusätzliche Kredite? In der modernen Wirtschaft immer nur, wenn die Teilnehmer am Wirtschaftsgeschehen erwarten (können), die Kredite mit späteren Einkommen (Erträgen) auch ablösen zu können.
Das wäre, bezogen auf die"vorgezogene Steuersenkung", eine Möglichkeit: Die Konsumenten beispielsweise könnten um eine Ausweitung ihrer Kreditrahmen nachsuchen, in der Hoffnung, diese Kredite mit Hilfe eines späteren höheren Nettoeinkommens abzulösen (wer 5000 netto erwartet statt der bisherigen 4800 könnte sich die 200, die er so"gewonnen" hat als zusätzliche Sicherheit anbieten).
Bei den Unternehmen in Form von Kapitalgesellschaften ist das bekanntlich nicht gegeben, da deren Steuersätze sich nicht verändern. Bei Dividendenbeziehern gilt in etwa das, was auch für Konsumenten gilt, allerdings stark abgeschwächt, da Dividendenbezieher in der Regel nicht um Konsumkredite nachsuchen. Abgesehen davon schnurren die Gewinne in fast allen Bereichen dramatisch zusammen.
Das Ganze sieht also ziemlich schlecht aus. Und je mehr sich die Vorstellung fest setzt, dass eine"Krise" herauf zieht, desto mehr wird die Bereitschaft zur Aufnahme zusätzlicher Kredite abnehmen, da ihre Bedienungs- und Rückzahlungsmöglichkeit negativer eingeschätzt wird.
Nun könnte der Staat in alter Manier mit Hilfe zusätzlicher Verschuldung das Ganze ins Positive zu wenden versuchen, indem die zunehmenden Staatsschulden die abnehmenden der Privatwirtschaft ersetzen.
Dazu müssten die neuen Staatsschulden erheblich über das hinausgehen, was derzeit geschieht (im wesentlichen das Hochbuchen der Zinsen auf die bereits vorhandene Staatsverschuldung). Dies würde einen totalen Paradigmenwechsel der bisherigen Finanzpolitik (= Sparen, sparen, sparen) bedeuten.
Eichel, der den Abschwung standhaft negiert (womit er sich natürlich lächerlich macht) und ihn weiterhin negieren muss, da er nicht von seiner"Sparpolitik" abgehen will oder kann, ist in einer denkbar misslichen Situation.
Selbst aber wenn er (oder sein alsbald erscheinender Nachfolger) diesen Paradigmenwechsel einleiten sollte, dürften sich die bekannten japanischen Effekte einstellen: Ein Konjunkturprogramm jagt das nächste - und wieder und wieder"geschieht" nichts.
Ich sehe die Brücke, von der wir so oft schon gesprochen haben, immer deutlicher (eigentlich schon zum Betreten nahe) und darf die Board-Teilnehmer bitten, sich sehr ernsthafte Gedanken über die Sicherung von Einkommen und Vermögen zu machen.
Dazu zählt vor allem das Vermeiden jeglicher Risiken, was das Vermögen anbetrifft. Und die Maximierung des auch in den nächsten (möglicherweise weltweit stark rezessiven) Jahren zu erwartenden Einkommens und zwar des verfügbaren Einkommens (was vor allem über Schuldenminimierung und Herunterschrauben bisheriger Ansprüche über die Aufstellung realistischer privater Haushaltpläne geschehen sollte).
Es tut mir wirklich leid, keine bessere Botschaft zu haben (und bitte, nicht den Boten mit der Botschaft zu verwechseln).
Vor allem bitte ich dringend, die Hoffnung auf etwaiges"kluges" Gegensteuern seitens der Politiker oder der Notenbankgewaltigen fahren zu lassen. Von ihnen ist in der sich abzeichnenden Lage nichts zu erwarten. Die Herrschaften (ich weiß es aus diversen Gesprächen) sind definitiv am Ende ihres Lateins!
Gruß + Good Luck!
d.
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