Liebe Leute,
es ist das alte Elend - da glaubt ein Professor tatsächlich noch an den Weihnachtsmann, nämlich an eine ZB, die"Kredit" vergibt.
Also, um es kurz zu machen. Der Professor schreibt:
"An der bezeichneten Stelle kann man folgendes lesen:
„35.... In einem Kreditgeldsystem kann die Monopolprämie der Notenbank nur durch zusätzliche Kreditgeldschaffung bedient werden.
...
39. Ein Kreditgeldsystem erzwingt eine andauernde Netto-Neuverschuldung in mindestens der Höhe der Notenbank-Monopolprämie, siehe auch Nr. 35.“
Diese Stellen enthalten eine Behauptung, die ich als nächstes zuerst noch einmal explizit formuliere und dann wiederlege.
Unter der Monopolprämie der Notenbank wird hier der Zins auf Notenbankkredit an die Geschäftsbanken verstanden."
Zunächst einmal dazu:
1. Die Monopolprämie ist kein Zins, sondern eben die Monopolprämie, die der ZB für ihr Monopol"gesetzliche Zahlungsmittel" schaffen zu dürfen, zufällt.
2. Einen"Zins auf Notenbankkredit an die Geschäftsbanken" kann es schon deshalb nicht geben, weil die Notenbank selbst keine Geschäftsbank ist. Wäre sie eine, müsste sich sich refinanzieren (Aktien und Schuldverschreibungen begeben, Spargelder entgegen nehmen usw.). Keine Notenbank refinanziert sich aber.
3. Was sollte also ein"Notenbankkredit" sein? Das"Verleihen" von Banknoten etwa? Das"Verleihen" von Sachen (Banknoten) ist kein Kredit, sondern das Vermieten von Sachen. Für das"Verleihen" von Sachen gibt es auch keinen"Kreditzins", sondern einen"Mietzins".
4. Gibt der Mieter die gemietete Sache (hier: Banknote) nicht nach Ablauf der Mietfrist zurück, kann er nur auf Herausgabe der Sache verklagt werden. Dazu müsste ein Mietvertrag abgeschlossen sein, der die eventuell streitig werdende Sache genau bezeichnet. Die Notenbank müsste also alle Nummern der von ihr"ausgeliehenen" (vermieteten) Banknoten im Mietvertrag festhalten und auf die Rückgabe genau dieser nummerierten Noten klagen (schließlich heißt es auch so treffend"Notenbank").
"(Dass die Debitisten irrtümlich meinen, eine Notenbank vergebe niemals Kredit, braucht uns hier nicht zu stören.)"
Dazu: Es gibt keinen Kredit von einer Notenbank an eine Geschäftsbank. Niemals. Nirgends. Geschäftsbanken reichen im Rahmen der von der Notenbank gesetzten Limite zentralbankfähige Titel - also Titel, die bereits existierende Kreditverträge dokumentieren! - an die Notenbank weiter und erhalten dafür ZB-Noten oder ZB-"Gutschriften", die jederzeit in ZB-Noten verwandelt werden können.
Zusätzliche Kredite ("Notenbankkredite an die Geschäftsbanken") außer den bereits bestehenden (und durch die an die ZB weiter gereichten Titel dokumentierten Kredite) entstehen dadurch nicht.
"Die Behauptung:
Wenn Geschäftsbanken von der Zentralbank im Offenmarktgeschäft 100 DM Zentralbankgeld zu einem Zinssatz von 10 % pro annum erhalten, dann müssen sie der Zentralbank bei Fälligkeit der Schuld (z.B.) nach einem Vierteljahr nicht nur 100 DM Zentralbankgeld, sondern 102,5 DM zurückzahlen. Die obigen Textzitate behaupten nun, dass die Geschäftsbanken sich bei der Zentralbank zusätzlich verschulden müssen, um die 2,5 DM bezahlen zu können."
Die Geschäftsbanken"müssen" sich nicht bei der Zentralbank zusätzlich verschulden, was schon deshalb nicht geht, weil sich die Geschäftsbanken bei der Zentralbank niemals verschulden können! Die Geschäftsbanken müssen aber, um die 2,5 DM (also die Monopolprämie der Notenbank)"bezahlen" zu können, ihrerseits in Höhe von 2,5 DM weitere Titel über bereits existente Kredite (entstanden außerhalb der Notenbanken!) in dieser Höhe bei der Notenbank einreichen, sofern die Notenbank die Limite für das Einreichen von Kredittiteln entsprechend anpasst.
"Das scheint einzuleuchten. Denn wenn die Geschäftsbanken von der Zentralbank nur 100 DM bekommen, aber 102,5 DM zurückzahlen müssen, dann müssen sie sich die fehlenden 2,5 DM beschaffen. Da es sich um Zentralbankgeld handelt, das die Geschäftsbanken nicht selbst produzieren können, müssen die Geschäftsbanken bei der Zentralbank rechtzeitig um einen zusätzlichen Kredit von DM 2,50 nachsuchen."
Dazu: Komplett falsch! Die Geschäftsbanken müssen nicht bei der Notenbank um einen"zusätzlichen Kredit" nachsuchen (was auch gar nicht ginge, weil die Notenbanken, siehe oben, niemals"Kredite" vergeben!). Sie müssen vielmehr die Notenbank ersuchen, weitere bereits existente (also außerhalb der Notenbank entstandene) Kredittitel aufzunehmen. Dadurch erhöht sich die Bilanz der Notenbank aktiv und passiv erhöht sich die Position ZB-Geld (der Einfachheit halber Banknoten).
Da auch der Gewinn der Notenbank (wie überall) auf der Passivseite erscheint, kann mit Hilfe der automatisch verlängerten Passivseite der bekannte"Notenbankgewinn" ausgewiesen und an den Eigentümer (Bund)"ausgeschüttet" werden. Wird er ausgeschüttet, hat der Bund dann letztlich die Monopolprämie seiner Monopol-Notenbank realisiert.
"Der zusätzliche Kredit von DM 2,50 ist nun ebenfalls verzinslich, so dass die Verschuldung der Geschäftsbanken im Laufe der Zeit zwangsläufig in einem Ausmass anwächst, welches durch eine Zinseszinsformel beschrieben werden kann."
Dazu: Der"zusätzliche Kredit" ist kein Kredit der Notenbank, sondern"zusätzlicher Kredit" bzw. die Einreichung zusätzlicher Kredittitel an die Notenbank. Kredit bzw. Kredittitel sind immer außerhalb der Notenbank entstanden.
<font color="FF0000">Gäbe es"Kredite der Notenbank an die Geschäftsbanken", müssten die Geschäftsbanken diese logischerweise passiv verbuchen (als"Verbindlichkeiten gegenüber der Notenbank"). Wo mag dieser Bilanzposten versteckt sein?</font>
Ich gebe hier sämtliche Passivposten einer typischen deutschen Großbank wieder und bitte, mir zu sagen, wo die"Schulden (Verbindlichkeiten) gegenüber der Notenbank" verbucht sind:
- Handelspassiva
- Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten
- Verbindlichkeiten gegenüber Kunden
- Verbriefte Verbindlichkeiten
- Rückstellungen und andere Verbindlichkeiten
- Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen
- Andere Rückstellungen
- Latente Steuern und Ertragsteuern
- Nachrangige Verbindlichkeiten
- Genussrechtskapital
- Eigenkapital
<font color="FF0000">Es müsste doch ein Leichtes sein, diese Position ausfindig zu machen!</font>
Noch ein kleiner Tipp: Auf der Aktivseite (!) dieser typischen Großbankenbilanz habe ich allerdings etwas entdeckt, was in unser Thema passt: Unter der Position
- Barreserve
ist diese Position verbucht:
<font color="FF0000">- Guthaben bei Zentralnotenbanken
und eine Zeile tiefer:
- darunter: bei der Deutschen Bundesbank</font>
Hat die Großbank also einen Passivposten vergessen (die"Kredite der Zentralbanken" an sie)? Wurde vielleicht nicht saldiert? Ist die Bilanz überhaupt gefälscht? Was also ist mit den"Verbindlichkeiten gegenüber Zentralnotenbanken"? Die muss es doch aber geben, denn sonst gäbe es keinen"Notenbankkredit an die Geschäftsbanken".
Und genau die Existenz eines solchen"Notenbankkredits an die Geschäftsbanken" wird doch oben von dem Professor ausdrücklich behauptet.
Ich bin im Wald. Es schneit, und bald kommt der Weihnachtsmann. Es gibt ihn nämlich wirklich...
Gruß
d.
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