Arbeitslosenzahl in Deutschland saisonbereinigt um 22 000 gestiegen - Jagoda erwartet für die kommenden beiden Monate keine spürbare Besserung
<font size=5>Konjunktureinbruch trifft Arbeitsmarkt</font>
<font color="#FF0000">Die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl ist im sechsten Monat in Folge gestiegen</font>. Damit sei die von der Bundesanstalt für Arbeit (BA) für dieses Jahr prognostizierte Zahl von 3,7 Millionen Menschen ohne Job im Jahresdurchschnitt nur noch zu erreichen, wenn"ein Ruck" durch die Wirtschaft gehe, sagte BA-Präsident Bernhard Jagoda.
HANDELSBLATT, 6.7.2001
asr/sch/HB DÜSSELDORF/NÜRNBERG. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat gestern erneut eine <font color="#FF0000">Hiobsbotschaft aus Nürnberg </font>verdauen müssen: <font color="#FF0000">Der Arbeitsmarkt ist stärker als erwartet in den Sog der Konjunkturschwäche geraten</font>. Ende Juni zählten die Arbeitsämter 3,6944 Mill. Arbeitslose und damit nur 26 400 weniger als vor einem Monat und nur 30 000 weniger als vor einem Jahr, teilte die Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg mit. Arbeitsminister Walter Riester (SPD) räumte ein, die Lage bleibe hinter den Erwartungen zurück. Im Juni sinkt die Arbeitslosigkeit normalerweise eher stark.
Nach BA-Angaben lag die Arbeitslosenquote im Juni bundesweit bei 8,9 %; im Mai hatte sie 9 % betragen. <font color="#FF0000">Der Rückgang sei damit"spürbar kleiner als im Durchschnitt der letzten Jahre ausgefallen"</font>, hieß es. In den alten Ländern war die Quote mit 7,1 % deutlich geringer als in den neuen - dort betrug sie 16,8 %. Die EU-standardisierte saisonbereinigte Erwerbslosenquote lag bundesweit unverändert bei 7,8 %.
<font color="#FF0000">Besonders deutlich wird der negative Einfluss der Konjunktur bei den saisonbereinigten Arbeitsmarktzahlen, die von den Finanzmärkten besonders beäugt werden</font>. Diese Zahlen sind im Juni erneut spürbar gestiegen. Nachdem sie von Januar bis April durchschnittlich um 10 000 und im Mai um 18 000 gestiegen waren, war im Juni ein Zuwachs von 22 000 zu verzeichnen - die bereinigten Daten berücksichtigen keine rein saisonalen, im jeweiligen Monat typischerweise immer wieder vorkommenden Einflüsse.
Auch bei der Erwerbstätigkeit ging es nicht voran. Saisonbereinigt ergab sich praktisch keine Veränderung. Nach vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes belief sich die Zahl der Erwerbstätigen im April auf 38,52 Mill. Dies waren 235 000 mehr als vor einem Jahr. Im März hatte der Vorjahresabstand noch 294 000 und im Februar 366 000 betragen.
Nach Einschätzung des Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, wird sich die Lage am Arbeitsmarkt auch in den kommenden beiden Monaten nicht spürbar ändern. Grund sei neben der <font color="#FF0000">flauen Konjunktur </font>auch der <font color="#FF0000">Ferienbeginn </font>in vielen Bundesländern. Auch wirkten sich ein <font color="#FF0000">schwächerer privater Verbrauch </font>und die <font color="#FF0000">Baukrise im Osten </font>negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Allerdings bleibe der September weiter der"Monat der Wahrheit". Die übliche deutliche Verbesserung der Arbeitsmarktlage im September sowie die Prognose von 3,7 Mill. Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt sei jedoch nur zu erreichen, wenn"ein Ruck" durch die Wirtschaft gehe."Wir haben schließlich keine Rezession, die Wirtschaftskräfte sind nur etwas ermattet, sie müssen nur mobilisiert werden", sagte der BA-Präsident.
Mein Kommentar: Das ist ja gerade das Schlimme. Nicht mal in Wachstumsphasen kann man die Arbeitslosigkeit noch abbauen. Was passiert denn dann erst wenn es mal eine größere Rezession gibt...?
Dennoch empfahl Jagoda der Bundesregierung, an ihrem Ziel von 3,5 Mill. Arbeitslosen im kommenden Jahr festzuhalten. Konjunkturprogramme, wie sie die Union fordert, lehnte Jagoda ab und forderte stattdessen eine konzertierte Aktion, um wieder Schwung in den Arbeitsmarkt zu bringen. Es sollte etwa geprüft werden, ob Baugenehmigungen schneller erteilt werden könnten. Besorgt äußerte Jagoda sich über den zunehmenden Pessimismus in Deutschland.
Auch der Aufschwung am Ausbildungsstellenmarkt hat sich im Juni weiter abgeschwächt. Zudem beschränke sich die Besserung auf die alten Länder, teilte die BA mit. Ende Juni waren bei den Arbeitsämtern 153 400 unbesetzte Berufsausbildungsstellen registriert, 10 700 mehr als vor Jahresfrist. 259 400 Bewerber suchten noch eine Stelle, 6 700 weniger. Aus der bisherigen Entwicklung ließe sich abschätzen, dass zum Ende des Berufsberatungsjahres bundesweit ein rechnerischer Ausgleich von gemeldeten Lehrstellen und Bewerbern möglich sei.
<font color="#FF0000">Nach Bekanntgabe der neuen Arbeitsmarktdaten wird es immer unwahrscheinlicher, dass das selbst gesteckte Ziel der Bundesregierung, die Arbeitslosenzahl bis zur Bundestagswahl im Herbst 2002 auf 3,5 Mill. zu drücken, erreicht wird</font>. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer warf Schröder vor, dieser bekomme"weder die Konjunktur noch den Arbeitsmarkt in den Griff". Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dirk Niebel, nannte die Probleme"hausgemacht". Der Arbeitsmarkt sei"Spielball rückwärtsgewandter Gewerkschaftsideologie". Der SPD-Abgeordnete Klaus Brandner hielt der Opposition dagegen einen übertriebenen Pessimismus vor. Damit verschrecke man Investoren und Konsumenten.
HANDELSBLATT, Freitag, 06. Juli 2001
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