Das Klima macht nicht der Mensch allein
Die Verfechter der gängigen Katastrophenszenarien übersehen vielfach die natürlichen Faktoren
Von Dirk Maxeiner
Berlin - Der Zweifel ist das methodische Prinzip der modernen Naturwissenschaft. Auch die Hypothesen zum Klimawandel müssen sich dem Feuer der Kritik stellen, sonst sind sie nichts wert. Und damit ist die Klimaforschung mitten im Dilemma: Politiker sollen Entscheidungen treffen und wollen diese durch einen breiten wissenschaftlichen Konsens legitimeren. Deshalb wurde
das"Intergovernmental Panel on Climate Change" (IPCC) in den achtziger Jahren von der UNO ins Leben gerufen, um den wissenschaftlichen Sachverstand aus aller Welt zusammenzutragen und daraus eine einheitliche Aussage zu kondensieren.
Das IPCC-Prozedere ist damit ein diplomatisches Verfahren. Schlüsselpositionen haben dabei jene Wissenschaftsfunktionäre inne, die den Wortlaut einer kurzen Zusammenfassung der viele Tausend Seiten umfassenden Studien und Arbeiten festlegen. Kritiker werfen dieser Zusammenfassung vor, dass sie den menschlichen Einfluss auf das Klima überbetont und natürlichen Schwankungen zu wenig Beachtung schenkt.
Der Atmosphärenforscher Richard Lindzen vom Massachusetts Institute of Technologie (MIT) gehört zum IPCC-Expertengremium und ist zugleich einer der pointiertesten Kritiker der katastrophischen Treibhausprognosen. Lindzen hält heutige Computersimulationen des Klimas schon deshalb für fragwürdig, weil eine Schlüsselgröße des Treibhauseffektes nicht richtig verstanden und im Rechner nicht simulierbar sei: die Wolken.
Lindzen glaubt, dass Prognosen, die einen Temperaturanstieg um bis zu 5,8 Grad vorhersagen, weit übertrieben sind. Genau wie John Christy, ein ebenfalls am IPCC-Bericht beteiligter Atmosphärenforscher:"Dieses Szenario wird nicht eintreten. Die Welt ist in einem erheblich besseren Zustand als in diesem Untergangsbild gemalt wird." Zusammen mit Roy Spencer von der US-Raumfahrtbehörde Nasa wertet Christy seit 1979 die von Satelliten ermittelten Temperaturen für die untere Troposphäre bis zu fünf Kilometern Höhe aus. Und im Gegensatz zu den Bodenmessungen zeigen diese seitdem keine signifikante Erwärmung.
Auch die Messungen von Wetterballonen stimmen mit den Beobachtungen der Satelliten überein. Möglicherweise zeigen sowohl die erdgebundenen als auch die Messungen in luftiger Höhe zwar gegenläufige, aber prinzipiell richtige Temperaturtrends. Doch das darf laut den Computermodellen gar nicht sein. Die Troposphäre müsste sich auf alle Fälle erwärmen. Woraus berechtigte Zweifel an den Computermodellen erwachsen. Viele Astronomen und Physiker, die sich mit dem Einfluss der Sonne auf das Klima beschäftigen, glauben, dass natürliche Einflüsse auf das Klima derzeit nicht ausreichend berücksichtigt werden. So haben Wissenschaftler des meteorologischen Instituts in Kopenhagen frappierende Übereinstimmungen zwischen Veränderungen der kosmischen Strahlung sowie Temperatur- und Wetteränderungen auf der Erde festgestellt. Hartnäckigkeit und Skepsis der Sonnenforscher haben erreicht, dass jetzt zumindest für die Erwärmung in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ein großer Anteil solarer Einflüsse zugestanden wird.
Überall auf der Welt treten Wissenschaftler inzwischen allzu vereinfachenden Schuldsprüchen und Katastrophenszenarien entgegen. Das mag politisch misslich sein, wissenschaftlich ist es eine Bereicherung. Doch vor allem Ã-kogruppen, die aus Prinzip keine Zweifel erlauben, haben Schwierigkeiten damit, abweichende wissenschaftliche Meinungen zu akzeptieren.
Der"Klimaschutz" wurde inzwischen zum Dreh- und Angelpunkt der gesamten Umweltdiskussion befördert. Er gilt als hochmoralisches Anliegen. Vom Argument gegen die Ansichten des Gegners wird flugs auf das Argument der Bezweiflung seiner moralischen Integrität umgeschaltet, und dies obwohl fast alle so genannten Klimaskeptiker ausdrücklich darauf hinweisen, dass sie Energiesparen für sinnvoll und notwendig halten.
In der Klimadebatte geht es um viel Geld und Interessen. Doch dies gilt für beide Seiten. So stellte die bis dahin als Umweltschützerin nicht weiter aufgefallene Margaret Thatcher viele Millionen Mark für das britische IPCC-Engagement und das"Hadley"-Klimaforschungszentrum bereit. Sie tat dies auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen mit den britischen Gewerkschaften wegen der Schließung von Kohlegruben. Kary Mullis, Nobelpreisträger für Chemie und wissenschaftliches Enfant terrible, sieht skeptische Forscher beim Kampf um staatliche Fördergelder auf aussichtslosem Posten.
"Die meisten vertreten das Konzept, wir Menschen seien für die Aufheizung der Atmosphäre verantwortlich", so Mullis."Diese Leute erhalten ihre Forschungsgelder in der Regel von staatlichen Organisationen. Nur eine kleine Minderheit hält es für Blödsinn, dass der Mensch für die globale Erwärmung alleine verantwortlich sei. Dazu gehöre ich. Wir sagen: He, sind vor 15 000 Jahren die Gletscher geschmolzen, weil die Leute zu viele Lagerfeuer angezündet haben? Nein, und auch die nächste Eiszeit werden nicht wir Menschen verursachen. Da sind mächtigere Kräfte im Spiel. Aber wer würde eine solche Meinung finanzieren?"
Dirk Maxeiner ist Wissenschaftsjournalist und Co-Autor des Buches"Lexikon der Ã-ko-Irrtümer"
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