STRATEGIC ALERT
Deutsche Ausgabe
Vol. 15, Nr. 29, 19. Juli 2001
Die Überschriften diese Woche:
Das System am Abgrund
"Keiner zuhause im Weißen Haus"
Die"Mauer aus Geld" stürzt ein
Scharons Kriegsplan
Offene Debatte über Scharons Kriegsplan in Israel
Russische Zeitung über LaRouches philosophische Konzepte
Rußland bringt Goldmünzen in Umlauf
Britische Elite im Legalisierungswahn
England setzt Notstandsapparat ein
"Wiederauferstehung" des Transrapid?
Das System am Abgrund
In den Tagen vor dem"Weltwirtschaftsgipfel" in Genua"schwankt das Weltfinanzsystem am Rande der Kernschmelze",
erklärte Lyndon LaRouche am 13.7. Argentinien ist praktisch zahlungsunfähig, und dadurch droht eine Explosion einer
Schuldenblase der"aufstrebenden Märkte" von mehr als 1 Bio.$. Gleichzeitig gab es für das zweite Quartal die
gravierendsten Gewinnwarnungen amerikanischer Unternehmen seit 1991: Die im S&P 500-Index aufgeführten
Unternehmen haben Gewinneinbußen von durchschnittlich 18%, die sog."Technologieunternehmen" wahrscheinlich sogar
um 66%. In den meisten Stellungnahmen der Unternehmen wird offen gesagt, daß sie mit einer weiteren Verschlechterung im
dritten Quartal rechnen. Auch die wirtschaftlichen und finanziellen Nachrichten aus Europa und Asien sind mehrheitlich
katastrophal.
Die Lage ist so schwierig, daß die Federal Reserve am 12.7. durch"Repo"-Transaktionen 9 Mrd.$ in das US-Finanzsystem
pumpte (üblich sind 1-2 Mrd.$), um eine geringe, kurzfristige"Erholung" der Märkte zu erreichen. Am nächsten Tag gaben
IWF und Weltbank bekannt, daß sie 3,2 Mrd.$ als nächste Tranche des"Rettungspakets" an die Türkei auszahlen werden.
Beides waren Verzweiflungsschritte, um die um sich greifende Panik an den Finanzmärkten zu beruhigen.
Die Argentinien-Krise bewirkte die größten Verluste für Aktien, Anleihen und Währungen der"aufstrebenden Märkte" seit
August 1998. Nicht nur in ganz Lateinamerika fielen Aktien-, Anleihe- und Währungskurse, sondern auch in Asien,
Osteuropa und Afrika.
LaRouche betont, daß weder die Bush-Administration noch die anderen G-7-Regierungen in Europa und Japan gewillt sind,
der Realität der Systemkrise ins Auge zu blicken, wo die"Pflästerchen" und das"Krisenmanagement" der letzten Jahre nicht
mehr helfen können.
"Keiner zuhause im Weißen Haus"
Immer wenn die Lage wirklich brenzlig wird, verfaßt David Ignatius ein Editorial in der Washington Post. So auch am
15.7. einen Beitrag"Weltwirtschaft: Sturmwarnungen werden ignoriert".
Dort schreibt Ignatius:"Die Weltwirtschaft ähnelt dieser Tage unheimlich der Szene in dem Film Der perfekte Sturm, wo
Meteorologen die wirbelnden Bilder auf unterschiedlichen Punkten der Landkarte betrachten. Achgott, achgott, sagen sie,
wenn all das schlechte Wetter zusammenkommt, gibt es ein höllisches Unwetter." Vielleicht haben wir Glück und"die
dräuenden Stürme verlieren über Argentinien, Japan, Europa und den USA ihre Kraft und flauen allmählich ab", vielleicht
aber auch nicht.
Einige Leute an der Wall Street"sehen die Möglichkeit, daß die einzelnen schlechten Nachrichten sich zu einer
wirtschaftlichen Variante des,Perfekten Sturmes' zusammenbrauen können". Was sie daran beunruhigt, ist,"daß die
Flottenkapitäne... die Gefahrenzeichen zu ignorieren scheinen und sogar Schritte ergreifen, welche die Krise, wenn sie
kommt, verschlimmern könnten". Unter Bezug auf Präsident Bush, Japans Ministerpräsident Koizumi und den deutschen
Bundeskanzler Schröder, die sich gerade auf den Weg zum G-7-Gipfel nach Genua machten, fährt Ignatius dann fort:"Mit
ihren vertrauensvollen Reden über Austeritätsmaßnahmen und Nichteingreifen haben diese Weltführer offenbar keine
Ahnung, was auf uns zukommen könnte." Es breite sich das Gefühl aus, schreibt Ignatius,"daß in der Bush-Administration
keiner zuhause ist".
Die"Mauer aus Geld" stürzt ein
Die gleichzeitige erneute Finanzkrise in Argentinien und Brasilien signalisiert das Ende der zwischen der Rußlandkrise
Sommer 1998 und der brasilianischen Währungsabwertung Februar 1999 begonnenen Politik. Der Megaspekulant George
Soros bezeichnete diese Politik als"Mauer aus Geld" - d.h. man reagierte auf akute Zahlungskrisen in"aufstrebenden
Märkten" regelmäßig durch Anwerfen der Geldpresse für riesige"Rettungspakete", um ausländische Investoren zu
beruhigen. In Argentinien steht Finanzminister Domingo Cavallo für diese Politik, in Brasilien Notenbankchef Arminio
Fraga.
Mit dem wirtschaftlich-finanziellen Absturz in den USA im Laufe dieses Jahres versiegte auch der Kapitalfluß in die
aufstrebenden Märkte, insbesondere Lateinamerika. Die Folgen wurden rasch sichtbar:
In Argentinien steigt die"Risikoprämie" auf langfristige Regierungsanleihen - d.h. die zusätzlichen Zinsen im Vergleich zu
US-Bonds - seit Juni an und erreichte am 13.7. 1600 Basispunkte. Das ist mehr als das Landesrisiko von Ekuador, einem
Land, das bereits die Zahlungsunfähigkeit eingestehen mußte. Noch schlimmer, Argentiniens Landesrisiko ist ein
hypothetischer Wert, der aus der Entwicklung von Anleihen berechnet wird, die schon vor langer Zeit ausgegeben wurden,
denn inzwischen kann Argentinien gar keine neuen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von mehr als drei Monaten ausgeben.
Um die Auslandsschulden von 130 Mrd.$ (plus 80 Mrd.$ in Dollar ausgewiesene Inlandsschulden) bedienen zu können,
verhängte Cavallo am 11.7. eine Kürzung der Gehälter und Pensionen von Staatsbediensteten um 8-10%. Zwei Tage später
meldete sein Wirtschafts-Staatssekretär Federico Sturzenegger, man habe"entdeckt", daß Argentiniens Defizit für die zweite
Jahreshälfte nicht wie angenommen 1,5 Mrd.$ betragen werde, sondern 2,3 Mrd.$. Cavallo erklärte daraufhin, die
Kürzungen müßten auf 15% erhöht werden. Politische Insider in Buenos Aires erklären EIR, dieser brutale Sparplan würde
nicht nur die schon geschwächte Wirtschaft tiefer in die Depression stürzen und den Lebensstandard weiter senken, sondern
auch unweigerlich eine unkalkulierbare politisch-soziale Krise auslösen.
In Brasilien kann das erwartete Zahlungsbilanzdefizit von etwa 28 Mrd.$ nicht durch die Deviseneinnahmen abgedeckt
werden. Die ausländischen Direktinvestitionen werden wahrscheinlich gegenüber dem Vorjahr um mehr als 30%
zurückgehen. Die Auslandsschulden liegen über 380 Mrd.$, was einen jährlichen Schuldendienst von 20 Mrd.$ bedeutet.
Dazu müssen noch etwa 60 Mrd.$ in US-Dollar gehaltene öffentliche Inlandsschulden addiert werden.
Beide Länder stehen vor schweren Währungskrisen. Die Politik des"Currency Board" in Argentinien mit der 1:1-Bindung
des Peso an den Dollar ist nicht mehr haltbar. Eine drastische Abwertung des Peso ist unvermeidlich.
Der brasilianische Real sank gegenüber dem Dollar seit Jahresbeginn um mehr als 30% auf den niedrigsten Stand seit seiner
Einführung 1995. Auch der chilenische Peso fiel auf ein Rekordtief. Und am 11.7. begann auch der bis dahin noch relativ
stabile mexikanische Peso zu sinken.
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