Hi,
noch gibt es keine zertifizierten Riesterprodukte - kann es auch gar nicht, da die Zertifizierung erst ab Sept. erfolgen soll, was aber auch mangels des nötigen Zertifizierungspersonals nicht hin haut, so dass es noch lange dauern dürfte bis alle ca. 4000/5000 verschiedenen Riesterproduktmöglichkeiten (Fonds usw.) durchzertifiziert sind. (On top das Problem, dass man nicht schon einige R.-Produkte zertifizieren und zum Vertrieb freigeben kann, aber andere noch nicht, entsprechende Einstweilige Verfügungen der Banken- und Versicherungswirtschaft würden nicht lange auf sich warten lassen).
Und schon muss das Gesetz nachgebessert werden.
Lt. diesem ist es erlaubt, sich die"Rente" in variablen Teilbeträgen auszahlen zu lassen. Klartext: Einer lässt sich bei Rentenbeginn 99,99 % der ihm zustehenden Summe auszahlen und für den Rest seines Lebens pro Jahr jeweils nur noch 1 €.
Im zweiten Jahr seines Rentenlebens geht er dann zum Sozialamt und bedient sich dort, da einkommens-, vermögens- und mittellos.
Die Abwägung lautet: Bei 99,99 %-Auszahlung auf einen Schlag sind entsprechende Steuern fällig, aber die kann man durch die Sozialhilfe wieder rein holen. Außerdem lassen sich Steuermodelle konstruieren, die zu Steuerrückzahlungen führen.
Jetzt sollen die variablen Auszahlungen neu gestaltet werden. Wie dies geschehen soll, ist unerfindlich. Da die Riester-Rente mit dem Tode des Berechtigten praktisch erlischt (der Anspruch ist nicht vererbbar), und keiner weiß, wie lange jemand leben wird (weder der Betreffende noch die Rentenstelle), wäre nur eine versicherungsmathematische Lösung vorstellbar, etwa in Form einer Leibrente.
Dies würde, da diese Leibrente nicht freiwillig vereinbart wird (was zwingend Voraussetzung dafür ist und immer nur individuell ausgehandelt werden kann), eine gesetzliche Regelung von vorne herein ausschließen.
Eine Leibrente kann obendrein erst vereinbart werden (und zwar in pro rata temporis-Beträgen), nachdem ein genau in Summe feststehendes, dann zu verrentendes Kapital überhaupt existiert, bzw. eine versicherte Summe, was aber im Riester-Modell nicht der Fall ist, das ein Summenerwartungsmodell bleibt (im Gegensatz etwa zu einer LV, bei der die Summe im Vertrag festgeschrieben ist, die bei Erlebens- oder Todesfall mindestens ausgezahlt wird).
Niemand kann aber wissen, welches Kapital ex Riester-Rente schließlich in 30 oder 40 Jahren einem Einzelnen oder gar allen zur Verfügung stehen wird.
Die Vorschrift, dass die eingezahlten Beiträge mindestens zurück zu erstatten seien, hilft nicht weiter, da es zwar möglich ist, dies im Einzelfall genau zu berechnen, aber das erst nach Rentenbeginn, der seinerseits ebenfalls varriert (Frührentner, Änderungen des Renteneintrittsalters durch den Gesetzgeber). Es ist unmöglich, dies für alle Einzelfälle im voraus darzustellen.
Es gäbe zwar die Möglichkeit, sogar ein noch nicht feststehendes Kapital auf Verdacht zu verrenten, aber dafür kämen - außer den jeweiligen Einzelner - nur eng begrenzte und spezifizierbare Berufsgruppen in Frage, deren durchschnittliche Lebenserwartung erfasst ist.
Sie für alle Deutschen in einem Durchschnitt zu erfassen, noch dazu geschlechtsspezifisch, ist so gut wie ausgeschlossen. Ganz abgesehen davon würde dies dann als Spekulation des Staates auf einen"Durchschnitts-Todeszeitpunkt" aller in der Riester-Rente zusammengefassten Arbeiter und Angestellten hinauslaufen.
Es ist keine Versicherung, kein Fonds, kein Unternehmen usw. vorstellbar (die letztlich Vertragspartner des Riester-Versicherten wären), die dieses Risiko abzudecken bereit sein könnten. Dies umso mehr, da sie selbst eine Garantie auf eine Auszahlung im Erlebensfall nur auf die Nominalsumme des Eingezahlten (und nicht auf etwas noch Einzuzahlendes) geben muss. Hinzu kommt, dass Riester-Kapitalsammelstellen ein umso höheres Geld-zurück-Risiko tragen, je weniger Riester-Versicherte sich bei ihnen einfinden.
Das Problem ist unlösbar.
Ginge man einheitlich von 10 % des Eingezahlten für alle aus (und ein Gesetz muss für alle gelten), wäre die Rente nach 10 Jahren aufgebraucht. Und das Problem der Sozialhilfe würde sich für die Überlebenden erneut stellen.
Der Sinn des Riester-Rente besteht - wie bei jeder Rente - nicht darin, bei Renteneintritt eine Auszahlung zu verlangen und diese Auszahlung zu verkonsumieren, sondern sie so anzulegen, dass sie ihrerseits eine lebenslange Rente verspricht.
Beides ist unvereinbar, wie man schnell sieht: A lässt sich alles auszahlen (das 99,99%-Modell - wer wollte es einem Schwerkranken mit sehr geringer Restlebenserwartung verweigern können?) und verkonsumiert es (anschließend Sozialamt). B lässt sich alles in 5 Teilbeträgen à 20 % auszahlen und verkonsumiert es, wie es einkommt (anschließend Sozialamt). C lässt sich alles auszahlen und legt es anschließend privat an, um von den Zinsen des Angelegten zu leben (nach seinem Tod kann er das Kapital vererben). D macht das selbe und legt die jeweils eintreffenden Jahreszahlungen als Kapital an (wobei er nicht weiß, wie viele Zahlungen er erleben wird); das Kapital wird vererbt, usw., usw.
Es kann nicht beides geben: Eine Rente aus einem nicht feststehenden Kapital. Oder ein Kapital aus einer nicht feststehenden Rente. Entsprechendes gilt für den jeweiligen, das Kapital erhöhenden oder mindernden Konsum.
Der Gesetzgeber hat sich hoffnungslos in der selbst gestellten Falle gefangen.
Gruß
d.
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