02.08.2001 17:49
Schmerzhaft
<font size=5>Japan droht eine Entlassungswelle </font>
Die Schmerzen für die japanischen Arbeitnehmer werden spürbar.
Von André Kunz
Was der populäre Ministerpräsident Junichiro Koizumi seit Monaten voraussagt, ist schon längst Realität geworden.
Entlassungswelle rollt
<font color="#FF0000">Eine Entlassungswelle in sämtlichen Industriesektoren rollt und wird sich in den kommenden Monaten beschleunigen</font>.
Wenn das Reformprogramm der Regierung Koizumi umgesetzt wird, könnte in Japan bis Mitte 2002 <font color="#FF0000">die"offizielle" Arbeitslosigkeit auf über sieben Prozent ansteigen</font>.
Die Nachricht, der weltweit drittgrößte Halbleiterchip-Hersteller NEC werde 4000 Stellen in aller Welt abbauen, lag zunächst im Trend - verglichen etwa mit den 5000 Jobs, die der deutsche Konkurrent Infineon streichen will.
Lebensplanung gefährdet
Schockierend für die Japaner war es zu hören, dass NEC wegen Werkschließungen mehr als 2.500 Stellen im Inland streichen will.
<font color="#FF0000">In diesem Land, wo ältere Angestellte der großen Elektronikkonzernen ihre Lebensplanung auf einen Job fürs Leben ausgerichtet haben, wirken solche Ankündigungen weiterhin als Schock</font>.
Es sind nämlich meist Männer im Alter zwischen 45 und 60 Jahren, <font color="#FF0000">denen der"blaue Brief" droht</font>."Unsere älteren Gäste reden nur noch über ihre Angst vor einer Kündigung", sagt Akiko Matsuno, die ein kleines Restaurant mit dem viel versprechenden Namen Fuku (zu deutsch:"Glück mit Geld") im Westen Tokios führt.
<font color="#FF0000">So schlimm wie in den vergangenen zwei Monaten sei es noch nie gewesen</font>, sagt Frau Matsuno, die als"Mama" im Fuku das volle Vertrauen der Gäste genießt und deshalb auch als eine Art Beichtmutter geschätzt wird.
Was Mama Matsuno mitbekommt, kann nämlich nur teilweise aus den Arbeitslosenstatistiken Nippons herausgelesen werden.
Beliebt: Frühpensionierung
Denn die Unternehmen bauen zwar kräftig Stellen ab, <font color="#FF0000">nutzen dabei aber das Mittel der Frühpensionierung und garantieren damit, dass diese Leute nie in einer Arbeitslosenstatistik auftauchen</font>.
Zur Überraschung vieler Ã-konomen stieg die Arbeitslosigkeit im Juni gemäß Statistik nämlich nicht.
Sie notierte zwar auf dem im Mai erreichten Rekordhoch von 4,9 Prozent. Dabei hatte aber der Verband der japanischen Bauindustrie gemeldet, <font color="#FF0000">dass allein im Monat Juni mehr als 210.000 Stellen verloren gegangen seien</font>.
Doch waren dies vorwiegend ältere Zeitarbeiter, die entlassen wurden und kein Anrecht auf Arbeitslosenentschädigung haben. Sie tauchen deshalb nicht in der offiziellen Statistik auf.
<font color="#FF0000">Einer Studie des Wertpapierhauses ING Barings in Tokio zufolge sind seit Beginn dieses Jahres wahrscheinlich 840.000 Menschen auf diese Weise aus dem Erwerbsleben ausgeschieden</font>.
Offiziell: 3,38 Millionen Arbeitslose
Offiziell sind derzeit 3,38 Millionen Menschen in Japan arbeitslos. <font color="#FF0000">Rechnete man die 840.000 noch dazu, dann würde die Arbeitslosenrate heute schon nahe bei sieben Prozent liegen</font>.
Zwar versichern die großen Konzerne, dass sie aus Rücksicht auf die traditionell enge Bindung des Arbeitnehmers an sein Unternehmen Kündigungen möglichst lange hinauszögern.
<font color="#FF0000">Der Stellenabbau, den nun auch sehr gesunde Unternehmen ankündigen</font>, weist jedoch darauf hin, dass Japans Arbeitnehmer nur noch in seltenen Fällen auf diese traditionelle Zurückhaltung des Managements zählen können.
Frührente statt Versetzung
So versuchte etwa Japans größter Elektronikkonzern Matsushita Electric Industrial (Panasonic), Massenentlassungen zu verhindern, indem Arbeitnehmer weitergebildet oder in profitable Unternehmensbereiche versetzt wurden.
Der Plan scheiterte. Matsushita meldete am Dienstag erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen Quartalsverlust. Nun liegen Pläne vor, von den rund 120.000 einheimischen Angestellten <font color="#FF0000">mindestens 5.000 in die Frührente zu schicken</font>.
<font color="#FF0000">Nun hat die Regierung vorgerechnet, dass mit zusätzlichen 250.000 Arbeitslosen zu rechnen sei, wenn die Banken mit der Abschreibung von faulen Krediten ernst machen</font>.
<font color="#FF0000">Dann rollt nämlich eine Welle von Firmenpleiten an, die bereits heute de facto bankrott sind und nur noch operieren können, weil geneigte Banken sie schützen</font>.
Unabhängige Ã-konomen sagen allerdings voraus, dass die offizielle Schätzung zu tief liege und in Wirklichkeit wohl eher <font color="#FF0000">1,5 bis zwei Millionen Stellen auf dem Spiel stünden</font>.
Quelle: http://www.sueddeutsche.de
Eigener Kommentar: Wenn das auch nur annähernd stimmt sage ich nur noch: Gute Nacht Japan! Von Rentenproblem/Überalterung und extremer Staatsverschuldung sowie einer seit mehr als zehn Jahren dahindümpelnden Wirtschaft will ich jetzt noch gar nicht sprechen...
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