Hallo nereus!
>Hallo campo!
>Du schreibst: ich nehme mal an, daß obiger Satz so gemeint ist:
>Wenn jemand eine Leistung erbringt, vermehrt er damit sein Guthaben oder sein(Bar-)Geld. Dort, wo jemand als sein Bargeld vermehrt, vermindert sich der Bargeldbestand eines anderen.
>Das würde auf eine unabänderliche Bargeldmenge hinauslaufen. Soweit so gut.
Genau! Aber mit der Einschränkung, daß die Währungshüter zum Zwecke der Geldwertstabilität - je nach Konjunkturlage - die Bargeldmenge erhöhen oder senken können. Erhöhen bei deflationären, senken bei inflationären Tendenzen/Prognosen. Einfachen Markteilnehmern, auch Geldinstituten soll dies nicht möglich sein!
>Aber wenn jemand etwas mehr leistet oder auch mehrere mal richtig ranklotzen und daher mehr Bargeld erhalten bzw. beanspruchen (weil sie Bargeld einer bargeldlosen Gutschrift vorziehen), warum müssen denn dann andere Büger etwas abgeben?
>Was haben die denn dann verbrochen?
Also, wenn ein Bürger eine Leistung erhält, so muß er logischerweise seinen Leistungsgeber bezahlen. Ersterer hat jetzt weniger (Bar)geld, zweiterer mehr (Bar)geld. Da hat keiner was „verbrochen“. Erst dacht´ ich ja, Du schreibst da Unsinn, aber Du willst auf was anderes hinaus. Nämlich auf das Vorziehen eines Bürgers in bar, statt mit einer Gutschrift (aufs Girokonto!) bezahlt zu werden, was ja sein gutes Recht ist. ( Ich kann mir sogar heute einen Millionen-Lottogewinn von der Lottogesellschaft in bar auszahlen lassen, wenn ich es will. Da kann die Lottogesellschaft nichts gegen sagen. Sie muß es tun. Schließlich ist nur das Bargeld gesetzlichliches Zahlungsmittel. Überweisungen brauche ich nicht zu akzeptieren).
Hierzu muß ich folgendes klarstellen: Die ganze Freigelddiskussion leidet (besonders die hier im Forum) darunter, dass Ist- und Sollzustand schlimm durcheinandergebracht werden. Freigeldanhänger beschreiben oft das Geldwesen vor dem Hintergrund ihres gedanklichen Soll-Zustandes und erleiden natürlich oft Schiffbruch, wenn ihnen argumentativ der Ist-Zustand um die Ohren gehauen wird.
Dabei ist dies m.E. gar nicht mal so sehr die Schuld (Schuld an dem totalen Mißverstehen!) der Freigeldkritiker, sondern oftmals mehr, die der Freigeldbefürworter, weil sie fälschlicherweise glauben, dass viele „Elemente“ des Freigeld-Soll-Zustandes sich auf den heutigen Geldzustand übertragen ließen.
Ich komme zurück aufs Giralgeld. Für mich ist Giralgeld elektronisches Bargeld. Denn ich benutze es heute wie Bargeld. Und es ist vollkommen gleichgültig, ob ich meine Schuhe per EC-karte bezahle, oder ob ich eine Stunde vor dem Schuhkauf 200 DM aus dem Geldautomaten hole, dann bezahle und der Geschäftsführer des Schuhladen bringt die 200 DM noch am selben Abend per Geldbombe zur Bank. Rein theoretisch könnte ich denselben 100 Mark-Schein, den ich ausgegeben habe, wieder am nächten Tag aus dem Geldautomten ziehen.
Was folgt daraus für mich als Freigeldanhänger heute? Das Giroguthaben ist von den Banken zu 100 % zu decken. (Sollzustand!). Zu Zeiten von Gesell war dies sicher nicht nötig. Wer bezahlte dort schon konsumtive Endprodukte per Überweisung oder Scheck. Was also zu Gesells Zeiten gegolten hat, gilt heute noch lange nicht. Technische Neuerungen erfordern neue Antworten - auch von Freigeldanhängern. Auch der von Xsurvivor eingebrachte Forschungsbericht von 1977 ist mir da zu lange her. Mag ja sogar richtig sein, daß 1977 der Preisstand noch viel direkter von der vorhandenen (Papier)bargeldmenge abhängig war. Ganz einfach deswegen, weil konsumtive Endprodukte fast nur in bar bezahlt worden sind. (Jedenfalls es zu keinen großen Veränderungen gekommen - das Eigenheim oder das Auto wird man sicher nicht bar bezahlt haben). Noch 1970 - ich arbeitete als Schüler auf dem Bau - verteilte der Polier jeden Freitag direkt auf dem Bau den Wochenlohn in bar als Abschlag in einer Lohntüte.
Wenn also das Giralgeld zu 100% mit Bargeld gedeckt ist, also das Girokonto nichts anderes ist als meine von mir gehaltene elektronische Geldbörse, dann ist die Summe meines Girokontobestandes + meines Papierbargeldbestandes mein Bargeld, welches als Kredit für andere auch nicht zur Verfügung steht. (Soll-zustand!) Und jetzt ist der Bargeldbestand auch von niemanden anders, als von den Währungshütern veränderbar! Transformiere ich nun Giralgeld in Sparguthaben, so habe ich Bargeld weniger und die Bank hat genau entsprechend mehr Bargeld, welches sie dann auch verleihen kann. Mit Sparguthaben kann ich nicht einkaufen gehen!! Nur mit Bargeld, egal ob elektronisch übertragen und mit Papier.
>Oder bekommen diejenigen dann in gleicher Höhe eine Gutschrift aufs Konto.
>Falls ja, welchen Sinn hat aber dann die ganze Übung?
>Nur zum Zweck das immer gleichviele Scheine umlaufen?
Das ist jetzt eigentlich geklärt. Bei Deckung der Giralgeldmenge zu 100% mit (meinetwegen auch papiergeld) Bargeld läuft immer gleichviel Bargeld rum, ob man das Papierbargeld direkt benutzt oder durch EC-Karte indirekt ist jetzt egal.
>Die Guthabenmenge schwankt ja beträchtlich wie Du schreibst. Und diese ist sicher auch in Wörgel erheblich höher ist als das vorhandene Bargeld.
Weiß ich nicht, ob es in Wörgl große Guthabenmengen direkt bezogen ausschließlich in Wörgl-Geld gegeben hat. Aber man konnte ja Wörgl-Geld nutzen, um Shilling-Schulden zu begleichen, jedenfalls die Steuerschulden. Für mein Statement ist dieses jetzt nicht wichtig. Oldy kennt sich mit Wörgl besser aus.
>Also die größere Geld-/oder Guthabenmenge schwankt und den kleinen Anteil Bargeld zurrt man eisern fest.
>Warum nur?
Tja! Warum nur?? Nun kommen wir zu der entscheidenen Frage und Antwort. Im Soll-Zustand des freiwirtschaftlichen Denkens (was für mich übrigens bezüglich der Richtigkeit eine bestechende Logik hat), zurrt man nicht nur die Menge des Bargeldes „eisern fest“ (siehe aber obige Einschränkung - „Währungshüter“ können dies), sondern die Haltung des Bargeldbestandes wird mit einer Gebühr belastet. Dieses ist m.E. der Kern des Freigeldes. Die Höhe der Gebühr wird von vielen Freigeldanhängern mit 6%/a bevorzugt, ich denke 12% im Jahr (1% im Monat - monatlicher „Payday“) ist effizienter. Auf Technik gehe ich jetzt nicht ein.
Und warum? Planungssicherheit!! Einholen der Information der Markteilnehmer!! Zu dem Zwecke der Erhaltung der Geldwertstabilität, der Vermeidung von Inflationsgefahren und - was das wichtigste ist - zur Vermeidung von Deflationsgefahren. Haben wir eine Gebühr auf Bargeld, hat jeder Mensch ein Motiv sein zukünftiges Konsumverhalten quasi zu vermitteln. Weil er dann Kosten spart. Hält jemand Bargeld (ab jetzt geht’s nur um den Sollzustand!), so tut er es wegen der Kosten nur, weil er vorhat kurzfristig einzukaufen. Jeder Geldbetrag, den er kurzfristig nicht braucht, wird er auf ein Sparkonto einzahlen (also, es in ein Guthaben verwandeln), um sich den Nutzungsgebühren zu entziehen. Genau für diese Höhe gibt er die Information, dass er hierfür ein Einkommen erzielt hat, dafür auch eine Leistung erbracht hat, aber nicht gedenkt seinen Teil seiner Leistung vom Markt kurzfristig abzuholen. So steht dieses Geld als Kredit zur Verfügung, damit andere Marktteilnehmer an seine Stelle treten können, um das Gleichgewicht zwischen Konsumtion und Produktion zu gewährleisten. Eine Ã-konomie im Fließgleichgewicht (ein Begriff aus der Ã-kologie) ist möglich.
Bargeld wird jetzt qausi identisch mit Nachfrage. Denn Bargeldhalten ist mit zu hohen Kosten verbunden. Er ist wegen der Nutzungsgebühr praktisch hochgradig motiviert, anzuzeigen, in welcher Höhe er seinen Anspruch auf Ware/Dienstleistung kurzfristig nicht realisiert. Den Rest regelt der Markt. Gibt es mehr Menschen, die Kreditnachfrage halten, als Menschen bereit sind Sparguthaben zu bilden, so wird es immer einen positiven Zins geben. Wenn es aber nicht so ist - und dies ist mit fortschreitener Arbeitsproduktivität heute fast normal in der Tendenz - kann sich Kreditnachfrage und Sparguthaben die Waage halten, so dass der Zins sich gegen null entwickelt. Und dies kann er nur, wenn es eine Nutzungsbebühr auf Bargeld gibt. Es gibt sonst kein Motiv eines Bargeldbesitzers bei Null % Zins sein Bargeld in längerfristiges Guthaben zu transformieren.
Was ist der rechtsphilosophische Hintergrund der Nutzungsgebühr auf Bargeld? Warum meint man, dass man als Bargeldbesitzer auch gleichzeitig Bargeldeigentümer werden muß? Nutzungsrecht auf Gebührenbasis ist doch viel plausibler. Sollte nicht die Bargeldemission der Notenbank auf öffentlichen Recht basieren. Das Bargeld gehört uns allen gemeinsam. Wer es nutzt, zahlt eine Gebühr. Und stellt es auch dann kostenlos zur Verfügung, wenn er es nicht braucht. Schließlich sollte ihm das Bargeld auch nicht gehören.
Irgendwann muß man Schluß machen. Ich mache es jetzt. Viele Texte zu Freigeld sind zu lesen unter www. geldreform.de.
Ist a long way to Tippereary. Gesell hat die Abkehr vom Goldstandard befürwortet und prognostiziert - ist passiert! Auch hat er die Einrichtung einer Institution, wie dem IWF vorgeschlagen und die ersten Konzeptionen dazu entwickelt - ist passiert. (Schlagt mal in Lexika nach: Brockhaus 20bändig oder Meyer20bändig: „Gesell gilt als Vordenker des IWF“, so stehts da. Kann sein, dass die heute überarbeitenden Auflagen das geändert haben, aber so stands mal drin). Und irgendwie hat er auch mal was erzählt von, dass die wichtigsten menschlichen Beziehungen zwischen Mutter und Kind sind und die Gesellschaft für die Kosten aufkommen sollte und die festen (durch Heirat staatlich fixierten) Beziehungen zwischen Vater und Kind sich „auflockern“sollten... usw. (Ich persönlich bin kein großer Fan von diesen seine Meinungen insgesamt...), aber immerhin: ein schlauer Visionär. Und das mit der Gebühr auf Bargeld wird er posthum auch noch bestätigt bekommen. Eh wir uns versehen, kommen auf einmal die Japaner damit an - wer weiß.
viele Grüße
Campo
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