Hi,
Ecki1 hatt am 11. August dankenswerterweise den Beitrag der NZZ über die neuen"Patacones", regionales Ersatzgeld der Provinz Buenos Aires reingestellt.
Die NYT hat jetzt die aktuelle Lage beleuchtet.
Man muss dazu wissen, dass das Land ein"currency board"-System hat, also neue Pesos nur herausgeben kann, wenn neue Dollar ins Land kommen. Dieses CB-System funktioniert im Grunde wie der GS in den 30er Jahren auch: Die ZBs konnten nur neue Inlandswährung ausgeben, wenn sie Gold hereinbekommen hatten. Auf dem Inlandgeld lassen sich dann die übliche Kreditpyramiden aufbauen.
Was ist nun konkret los in Argentinien?
1. Der IMF hat gerade 8 Mrd $ locker gemacht (Kredit, also anders als damals Gold, das nicht via Kredit in die NBs gekommen ist) und so kann die BoA zusätzliche Pesos ausgeben. Aber das dürfte nicht viele nutzen, weil die Pesos sofort zur Zahlung von Inlandsschulden verwendet werden und ergo wieder in der BoA landen werden, ohne von dort erneut abgefordert zu werden, da es kaum ZB-fähige Sicherheiten bzw. Kreditaufnahemwillen gibt.
2. Am meisten Geld fehlt in der Provinz von BA wo ein Drittel der Argentinier lebt.
3. Seit Juni gibt die Provinzregierung die Patacones aus, nachdem es ihr nicht gelungen war, einen Bond im Ausland zu platzieren.
4. Die Patacones haben Parität zum US-$ und erscheinen in Nominalen von 1 bis 100. Offiziell heißen sie"Schatzscheine". Sie sollen im nächsten Jahr zu pari zurückgezahlt werden. Sie entsprechen damit den klassischen"Promessen" Frankreichs, die kurz vor der Revolution ausgegeben wurden und anderen solcher"Schatzscheine".
5. Einfache Preise werden in P.s mit Aufschlag angeboten, z.B. ein Big Mäc plus Cola usw. kostet einen P. mehr als ein normal in Pesos bezahlter. Einige Restaurants hängen Schilder ins Fenster, auf denen steht"Ich glaube an mein Vaterland und nehme daher P.s an".
6. Es fehlt Wechselgeld. Es werden in den Geschäften, die gegen P.s verkaufen immer runde Summen abgefordert.
7. Geschäfte mit Alltagswaren unterscheiden sich von Geschäften am"high end" der Konsumskala. Boutiquen, Elektronikshops und Modegeschäfte akzeptieren keine P.s, weil sie diese nicht weitergeben können. Sie werden nur in der weit entfernten Provinzbank selbst akzeptiert, aber in Buenos Aires selbst praktisch nirgends. Außerdem ist der Transport dorthin zu teuer und umständlich, siehe auch Punkt 9.
8. Lohnempfänger protestieren gegen Bezahlung P.s. Gerade erst gab es eine große Demonstration von Lehrern, Gerichts- und Krankenhausangestellten (also öffentlicher Dienst), die zum Gouverneurs-Palast zogen und skandierten:"Gib uns Pesos, gib uns Pesos!"
9. Kriminelle haben kein Problem mit P.s, die rauben entsprechende Geldtransporter aus.
10. Arme Leute in der Hauptstadt akzeptieren keine P.s, sie lassen sich mit Tauschgutscheinen bezahlen oder beschenken, die sie dann in kleinen Geschäfte einlösen können.
11. Gespart wird ausschließlich noch in US-$, sofern sie jemand in die Finger kriegen kann.
12. Die Regierung plant, den Peso ganz abzuschaffen und statt dessen den US-$ zur Landeswährung zu machen.
Kurzum, die gesamte nationale Geldwirtschaft löst sich aus.
Nun ist die Frage, wie andere, des öfteren vorgetragene Geldsysteme das Problem, in dem Argentinien zweifellos steckt mit schwerer Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit usw. lösen würden.
Sollte der Peso von seiner Parität zum US-$ gelöst werden, würde der Peso zwar sofort frei gedruckt werden können, sein künftiger Kursverlauf aber dürfte sich dann in nichts von dem der türkischen Lira unterscheiden - freier Fall.
Gruß
d.
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