Werte Anwesende,
die zurückliegende Woche war von Lähmung und ungläubiger Überforderung geprägt.
Man konnte nicht glauben, nicht nachempfinden, was geschah, aus heiterem Himmel blieb der Gang der Welt stehen.
Ich bin mir sicher, daß die wahren Hintergründe niemals für uns sichtbar werden, aber bereits die sichtbaren Zusammenhänge werden ausgeblendet, verneint, totgeschwiegen.
Kritische Meinungen werden sofort abgewürgt, mit einem MACHTwort zurückgewiesen.
jetzt sei nicht die Zeit für kritisches Nachdenken, jetzt sei die Zeit für entschlossenes Handeln, dem sich niemand verschließen dürfe.
Wie waren die Worte der Jahre 1930 ff.?
Jeder von uns weiß, daß es nicht der Angriff auf die zivilisierten Länder war, welcher jedoch notwendig ist, um den Beistandszwang zu gewährleisten.
Jeder von uns konnte sich an den fünf Fingern abzählen, daß das eigenartigerweise gedulte, tägliche Verbrechen gegen elementare Menschenrechte über Jahre und Jahrzehnte hinweg im nahen Osten irgendwann schreckliche Folgen haben mußte.
Die un-verschämte Doppelmoral beim Vorgegen gegen"UN-Resolutionierte" spricht Bände.
Der selbsternannte Weltpolizist ist wild entschlossen, zu tun, was getan werden soll, wir werden hierauf keinerlei Einfluß haben, alles andere wäre reine Illusion.
Wieder wird Leid von größerem Leid, unermeßliches Leid von noch grausamerem Leid gefolgt werden, was wiederum noch mehr Haß schüren wird, bis in den Trümmern jede emotionale Regung von Hunger und Kälte erstickt wird.
So bleibt uns nur, danach zu fragen, was die Ereignisse und deren Folgen für uns konkret bedeuten werden, egoistisch und lokal.
Zunächst fällt auf, daß sich ein neuer Generalverdacht breitmachen wird, ja, schon breitgemacht hat, wie wir die Vorläufer bei der Diskussion um das bestimmte Hunderassen erleben konnten - jeder Hundehalter ein potentieller Kindermörder.
Heute ertönte wieder laut das Zauberwort von"Rasterfahndung", ein weiterer Mosaikstein hin im Puzzle des Orwellschen Staates, den so viele befürchten.
Otto der Innenminister Schily sprach fassungslos davon, daß die Geheimdienste (welchen den Steuerzahlern enorme Summen kosten und offenbar nichts positives hervorbringen außer selbst inszenierten Geschichten und Agenten a la Maus und Kollegen) nicht erkennen konnten, daß ein höflicher Einserstudent der Elektrotechnik - möglicherweise - als Massenmörder die Welt an den Abgrund bringen könnte.
Ja, wie kann man das feststellen, Herr Innenminister?
Wie erkennen Sie einen einzelnen Besatzungssoldaten der US-Army, der Mädchen vergewaltigen und umbringen wird?
Man kann es durch präventive Folter, durch Gedankenpolizei und das Orwellsche Ministerium gegegn Gedankenverbrechen. Vieles erinnert geradezu an das Mittelalter, nur, damals erzählten die Glaubenden freiwillig den Beichtvätern, was sie bedrückte, heute muß man halt technisch die Leitung anzapfen.
In einer bürgerlichen Gesellschaft ist es nicht möglich, präventiv eine gespaltene Persönlichkeit in dieser Wortbedeutung zu erkennen.
Andernfalls dürfte es unter Polizisten keine Mörder, Amokläufer, Bankräuber und Drogendealer geben, die jedoch genauso existieren, wie wir alle wissen.
Man müßte jeden unter Generalverdacht setzen und durch zigtausende von überwachenden Beasmten Profile erstellen, und zwar eines jeden, der im Raster irgendwann, irgendwo mal hängenblieb.
Bewegungsprofile (Handy), Gedankenprofile (Telefon- und email-überwachung), Handlungsprofile (welche Bücher kauft man, welche Bekannte, welche Internetseiten ruft man auf).
Aber auch das kann weder etwas über Entschlossenheit noch über tatsächliche Beweggründe aussagen.
Jemand, der die propagandistische Funktion eines Goebbels analysiert, wird kaum verkehrt herum stehende Hakenkreuze auf U-Bahnen schmieren.
Es wurde vor dem Anschlag auf sinkende Aktien spekuliert, es sollen jetzt die Konten nachgeforscht werden.
Dies bedeutet zwangsläufig, daß jeder"Bär", der zufällig ein schlechtes gefühl hatte, in die Schleppnetzfahndung geriete.
Woher kommt nun dessen Geld? Hat er Umgang mit Ausländern? War er schon mal im vorderen Orient auf Urlaub? Wohnte er im Studentenheim neben einem Araber?
Ist jeder Flugschüler ein Attentäter?
Nein, es gab Attentate auf US-Botschaften mit LKWs, also müßte jeder Fahrschüler der Klasse 2 vom Verfassungsschutz überprüft werden, konsequenterweise.
Ach, man könnte ja auch ohne Führerschein fahren, wenn man gedenkt, sich selbst zu opfern, was nun? Sammler von Modell-LKWs und Leser von LKW-Zeitungen archivieren?
Bitte nicht spöttisch den Kopf schütteln, diese abstrusen Kausalketten sind im deutschen Waffenrecht keine Fiktion mehr.
Warum versperrt sich die veröffentlichte Meinung der Erkenntnis, daß an den Ursachen angesetzt werden muß, weil dies die einzige Möglichkeit ist, solche menschengemachten Katastrophen größtmöglichst zu vermeiden?
Wir hören auf eine mittlerweile schon unerträgliche Weise, daß Straftäter nicht anders konnten, Opfer der Umstände seien, eine schlechte Kindheit gehabt hätten oder keinen Kindergartenplatz.
Kindesmörder bekommen plötzlich Persilscheine durch frühkindliche Hirnschäden oder verminderte Intelligenz.
Menschliche Bestien werden auf Kosten der Steuerzahler von Heerscharen von Psychologen analysiert, um entlastende Motive finden zu können. Und nachdem die Würde auch des Verbrechers unantastbar sei, muß auch psychopathischen Mördern ab und zu Freigang gewährt werden, mit vielen Folgen, die wir alle kennen.
Diese Woche ist es nun opportun, das Prinzip umzukehren.
Ohne zweifelsfrei zu wissen, wogegen sich der berechtigte Zorn zu richten hat, werden Pläne geschmiedet, die so gewaltig sein müssen, daß der Bündnisfall der NATO festgestellt werden muß.
Selbst der deutsche Innenminister, ehemals Verteidiger von mutmaßlichen und später als solchen verurteilten Terroristen, spricht in ungeahnten Vokabeln, welche bei mißliebigen Politikern zu Verfahren wegen Volksverhetzung führen müßten.
Anstatt die Freizügigkeit im Rahmen des Schengener Abkommens zu suspendieren, spricht Schily wissend und sichtlich beruhigt von den kompensierenden Möglichkeiten, die ja gegeben seien - welche sind dies, worauf müssen sich rechtschaffene Bürger einstellen?
Kommen wir zurück auf die Erfahrungen von Normalbürgern während Kriegen.
Wer nicht an der Front war und auch nicht in einem Kampfgebiet wohnte, bekam außer geringerem Warenangebot und Hunger und Elend im späteren Verlauf zunächst wenig mit, das Leben ging seinen üblichen Gang, zusätzlich aber bekam derjenige vor allem eines mit: den Generalverdacht.
Nachdem zu jedem Kriege der WeltgeChichte auch Spionage und Sabotage gehört, gehört zu jedem Krieg eine Brutalisierung der Strafmaße und eine allgegenwärtige Bespitzelung der Bevölkerung.
So lustig, wie sich"der Herr Spitzel" beim braven Soldaten Schweijk anhört, so wenig lustig waren SD, GeStaPo, und in der permament im Abwehrkampf befindlichen DDR die Stasi.
Sollte es zu einem Krieg Nato gegen Wenauchimmer kommen, so haben wir eine zumindest teilweise Rückkehr in die kriegsspezifische Überwachung zu befürchten.
Jedes auch nur irgendwie auffällige Verhalten muß dann zur vorsorglichen Überwachung führen, anders hätte es keinen Sinn.
Mir sind mit Kopfschütteln noch die Verfahren gegen industrielle Exporteure im Hinterkopf, die an langjährige Geschäftspartner normale technische Produkte wie LKWs oder Teile hierfür lieferten. Obendrein Hermes-gedeckt.
Auf einmal gerieten diese Firmen in Generalverdacht, an unerwünschter Aufrüstung mitgewirkt zu haben...........sie waren übernacht in Rechtfertigungszwang.
Zumindest dies wird uns wieder bevorstehen, wobei noch nicht klar ist, wen es treffen wird.
Nehmen wir an, es würde sich eine Anschlagsbeteiligung von Ägypten herausstellen, so wären alle Ägypter, nach Ägypten liefernde oder reisende unter Generalverdacht.
Würde sich ein anderer Staat herausstellen, wäre es dieser Staat.
Es droht eine Zeit der hysterischen Schuldzuweisung bar jeder Vernunft, schließlich waren es primär die USA, welche ihre heutigen Feindstaaten aufrüsteten. Das wird mit Sicherheit kein öffentliches Thema mehr sein dürfen.
Allein dies muß Auswirkungen auf den freien Welthandel haben, denn wer traut sich noch, mit potentiellen künftigen Schurkenstaaten Handel zu treiben?
Im Zuge der gegenwärtigen Solidarisierung zeigt sich zudem der Generalverdacht, der stets zu Beginn von Auseinandersetzungen festzustellen ist:"wer nicht für uns ist, ist gegen uns".
Wer nicht wortreich sein Mitgefühl bekundet, muß ein heimlicher Sympathisant sein.
Wer nicht spendet, ist ein gefühlloses eingensüchtiges Schwein.
Wer nicht für den Natoeinsatz ist, ist ein Unterstützer des internationalen Terrors.
Es ist die Rede von Kriegsanleihen in einer Zeit, als die Verschuldungskette abzureißen droht - aber plötzlich ist es unverantwortlich, dieses Thema weiter zu diskutieren, die Wortführer der Diskussion tauchen ab.
Niemand von uns hatte irgendetwas mit den Terrorakten zu tun, aber man traut sich nicht mehr, ein Schützenfest abzuhalten - beileibige nicht wegen des Ausdrucks von Mitgefühl und Betroffenheit, sondern wegen der latenten -Ins-Unrecht-Setzung, wer ein Schütze sei, müsse etwas mit Gewaltbereitschaft zu tun haben.
So fürchte ich ein Aufleben der moralinsauren Hysterie, die wir in der deutschen GeCHichte nachvollziehen können wie niemand sonst, und zur Einführung von Blockwarten kann es dann nicht mehr weit sein.
Da es zu einem segensreichen Zusammenrücken mit Rußland kommt, dürften die Gefahr von unmittelbar lebensbedrohenden Folgen der kommenden Ereignisse für uns Zivilbürger eher gering sein.
Was wir spüren dürften, ist eine neue Qualität der gleichgeschalteten Normverhaltensweisen und geduldeten Ansichten, schließlich wurde schon vor längerem offen angekündigt, man werde Meinungen gegen die EU nicht mehr tolerieren, was immer dies bedeutend wird.
Egal, was es uns bringen wird, eines ist sicher:
es wird keiner gewesen sein,
es wird keiner gewußt haben, und
es hat niemand kommen sehen können.
Zumindest niemand, der seine Stimme hätte hörbar erheben können.
Meint der Baldur, meinetwegen pietätlos und zynisch, aber ohne jede Scham, denn, wer nach einer halbswegs kritischen Analyse des vergangenen Jahrhunderts immer noch von der arglosen Biedermann-Gutgläubigkeit beseelt ist, wird sich noch sehr wundern.
<center>
<HR>
</center> |