vwd Kommentar/Die Welt hat sich heute schlagartig verändert 
- von vwd Redakteur Michael Matern - 
In den kommenden Jahren werden wir in einer neuen, aber wohl nicht 
besseren Welt leben. Die einzige wirkliche Großmacht der Welt ist heute in 
einem Ausmaß herausgefordert werden, welches sie in den vergangenen sechs 
Jahrzehnten nicht für möglich gehalten hat. Und darin liegt die wirkliche 
Gefahr. Wir werden in den kommenden Tagen und Wochen die Trümmer forträumen 
und schauen, wie groß die materiellen Schäden sind. Wir werden die Toten 
beklagen und Staatstrauer anordnen. Wir werden den Terrorismus verurteilen, 
Rückstellungen bilden und dann neue Hochhäuser oder einen Gedächtnisplatz 
bauen. Dann gehen wir zur Tagesordnung über. 
Nur wird die anders aussehen: In der neuen Welt werden die USA mehr denn 
je auf ihr Selbstverteidigungsrecht pochen - ohne Rücksicht auf die 
alliierten Staaten und ohne Rücksicht auf die Ängste anderer Staaten. Die 
USA werden nun unerbittlich Jagd machen auf vermeintliche und tatsächliche 
Attentäter, denn der vermeintlich starke Mann im Weißen Haus darf sich keine 
Schwäche mehr leisten. Und weil sich die USA von heute an tief in ihrem 
Innersten fürchten werden, werden sie sich noch mehr abschotten, vor allem 
gegen muslimische Staaten. Unter Verweis auf die Bekämpfung des Terrorismus 
wird genau dieser wachsen, denn jede Aktion löst eine Gegenreaktion aus, 
siehe Israel und die Plästinenser. 
Es spielt letztlich gar keine Rolle, wer für die Attentate verantwortlich 
ist, alle potenziellen terroristischen Vereinigungen werden nun verstärkt 
das Ziel von Abwehrmaßnahmen sein. Und exakt das werden die größten 
Auswirkungen auch auf die Weltwirtschaft sein. In den kommenden Wochen 
können wir uns auf turbulente Zeiten einstellen: Wie sehen die 
Verpflichtungen bei den Versicherungsgesellschaften aus? Wann werden die New 
Yorker Börsen wieder normal handeln? Welche Auswirkungen haben die 
Terroranschläge auf Lufttransport und Tourismus? Wie gehen die USA 
innenpolitisch mit dieser Katastrophe um? 
Und dann, wenn alle diese Fragen geklärt sind, werden viele Jahre 
vergehen, bis eine gewisse Normalität einkehrt. Zu fürchten ist nur, dass 
dabei ein gutes Stück unserer persönlichen und wirtschaftlichen Freiheit auf 
der Strecke bleibt. Ob wir es wahr haben wollen oder nicht: heute ist nicht 
nur das World Trade Center, sondern auch ein Stück unseres 
Selbstverständnisses zu Grabe getragen worden. Nur eines davon kann 
kurzfristig wieder aufgebaut werden. 
vwd/11.9.2001/mim/gl 
 
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