Dumm und frech
JJ. Aktionäre seien dumm und frech, hat der legendäre und durch seine Bonmots bekannte Bankier Fürstenberg gesagt. Sie seien dumm, weil sie die Aktien kauften, und frech, weil sie auch noch Dividende haben wollten. Das könnte man abgewandelt auch für Aktienkäufer sagen, die heute das schnelle Geld machen wollen und dann über Verluste jammern. Der zwanzigjährige Gymnasiast, der in einem kleinen Ort in Norddeutschland auf Kredit mit Optionsscheinen spekuliert und dabei 155 000 DM verloren hat, ist ohne Zweifel dumm gewesen. War es aber bloß Frechheit, daß er jetzt seine Sparkasse verklagt hat? Immerhin hat das Landgericht den Schaden bejaht, und die Sparkasse hat einem Vergleich zugestimmt, bei dem sie 95 000 DM zahlt. Das Geldinstitut hatte den jungen Mann nicht ausreichend über die Risiken des Termingeschäfts aufgeklärt und sich angeblich erst sehr spät die vorgeschriebene Börsenterminfähigkeit unterschreiben lassen. Der Fall des jungen Zockers ist sicher ein Extremfall. Er beleuchtet jedoch die allgemeine Beratungsmisere beim Wertpapierkauf. Natürlich sind von den Verkäufern am Bankschalter keine hellseherischen Fähigkeiten zu erwarten, aber doch Kompetenz und Sorgfalt, wenn es um offenkundig unerfahrene Kunden geht. Das gilt um so mehr vor dem Hintergrund der notwendigen Eigenvorsorge bei der Altersversorgung. Dazu gehört auch Beratungsqualität der Banken und Sparkassen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.10.2001, Nr. 233 / Seite 13
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