QUANTENMECHANIK
Die Kraft aus dem Nichts
Einem US-Forscher gelang erstmalig die genaue Messung des Casimir-Effekts - einer Wirkung des Vakuums
aus GEO 03/97 (S. 169)
Von nichts kommt nichts, sagt der Volksmund. Doch in der Welt der Atome und Elementarteilchen scheint diese Weisheit nicht zu gelten; in ihr ist das Vakuum alles andere als gähnende Leere. Die Quantenmechanik beschreibt darin sogar ein reges Werden und Vergehen von Elementarteilchen und Energiequanten - solange Energie und Lebensdauer dieser"virtuellen Teilchen" ein bestimmtes Maß nicht überschreiten. So können sich beispielsweise"Photonen" - die Teilchen des Lichtes - oder Paare aus einem"Elektron" und dessen Antiteilchen, dem"Positron", kurzzeitig bilden und anschließend wieder verschwinden.
Die Existenz solcher"Vakuumfluktuationen", eine grundlegende Voraussage der Quantenmechanik, hat nun Steve Lamoreaux, Wissenschaftler am Los Alamos National Laboratory in New Mexico, bestätigt.
Bereits im Jahre 1948 hatte Hendrick Casimir, Physiker in den Forschungslabors der Firma Philips in den Niederlanden, auf eine Möglichkeit zum Nachweis der geisterhaften Vakuum-Energie hingewiesen. Die virtuellen Teilchen könnten sich, so Casimirs Überlegungen, durch eine anziehende Kraft zwischen zwei Platten aus elektrisch leitendem Material verraten, die im Abstand von Tausendstelmillimetern parallel zueinander lägen. Zwischen diesen Platten können sich keine Photonen bilden, deren Wellenlänge größer als der Plattenabstand ist - schlicht weil sie nicht dazwischen passen.
Folglich wäre die Energie des Vakuums zwischen den Platten geringer als außerhalb. Fazit: Das Vakuum drückt infolge dieser Energiedifferenz die Leiterplatten zusammen - eine Kraft, die buchstäblich dem Nichts entspringt.
Die Casimir-Kraft ist allerdings extrem schwach. Entsprechend hoch sind die experimentellen Hürden zu ihrer Messung. Lediglich ein einziger Versuch ist in der Fachliteratur überliefert, durchgeführt von dem Physiker M. J. Sparnaay im Jahre 1958. Die Ergebnisse seien"nicht im Widerspruch" mit den theoretischen Vorhersagen, erklärte Sparnaay - allerdings betrug seine Meßungenauigkeit satte 100 Prozent.
Eines der Probleme ist es, die zwei Leiterplatten exakt parallel zueinander auszurichten. Steve Lamoreaux hat diese Schwierigkeit geschickt umschifft: Er ersetzte die eine Platte durch ein Kugelsegment. Zwar ist hier die Berechnung der Casimir-Kraft etwas komplizierter, dafür ist keine spezielle Ausrichtung mehr nötig: Entscheidend ist schlicht der minimale Abstand zwischen Kugelsegment und Platte.
Mit Hilfe eines ausgetüftelten Mechanismus, einer Art Waage, bei der die Casimir-Kraft durch die Drehspannung (Torsion) eines Drahtes ausgeglichen wird, konnte Lamoreaux dann den Effekt messen. Bei den untersuchten Abständen von 0,6 bis 10 Tausendsteln eines Millimeters war sie etwa so groß wie die Kraft, die ein Gewicht von einem Tausendstelmilligramm auf seine Unterlage ausübt.
Dieses Ergebnis stimmt auf fünf Prozent genau mit der Vorhersage der Theorie überein - eine weitere Bestätigung für die anscheinend dem gesunden Menschenverstand widersprechende Quantenmechanik.
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Kurzer Kommentar: Natürlich ist das keine Kraft aus dem Nichts.
Die Physik ist keine Magie. Schlicht der Überdruck der Quanten-
zustände um die Platten herum bewirkt die Kraft, oder wenn einer
so will, die"Quantendruckdifferenz". Auch nicht anders als bei
den berühmten"Magdeburger Kugeln".
Gruß,
T.S.
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