Von Andreas Braun
Mehr Cash mit Calls
Wenn die Börsen auf breiter Front zur Erholung ansetzen, kann sich eine Investition in Kauf-Optionsscheine lohnen. Dank des Hebeleffekts profitiert der Anleger vom Anstieg einer Aktie oder eines Index überproportional. Doch Vorsicht ist beim Spiel mit den Calls angezeigt. Wer jetzt den Turbo fürs Depot einschalten möchte, sollte sich über Risiken und Nebenwirkungen im Klaren sein. Andreas Braun
Doppelten Gewinn gibt es nicht umsonst. Diese Erkenntnis haben schon viele Anleger, die mit Optionsscheinen spekuliert haben, teuer bezahlt. Statistiken belegen, dass die übergroße Mehrheit der Optionsschein-Käufer - trotz sagenhafter Hebeleffekte - als Verlierer auf der Strecke bleibt. Gewinner sind in den meisten Fällen die Emittenten der Optionsscheine (oder Warrants), die Banken.
Der Grund dafür liegt in der Struktur der Optionsscheine. Mit ihrem starken Zeitwertverlust sind sie ein flüchtiges Instrument. Der Wert nimmt immer stärker ab, je kürzer die Restlaufzeit des Scheins ist. Wer auf eine Aktie als Basiswert setzt, die zunächst seitwärts tendiert, bevor sie schließlich zum Kurssprung ansetzt, kann eine böse Überraschung erleben: Obwohl die Aktie nach einigen Monaten vielleicht 10 Prozent zugelegt hat und der Optionsschein einen Hebel (Leverage) von fünf aufweist, kann der Zeitwertverlust dafür sorgen, dass der Schein in der Zwischenzeit nicht mehr, sondern sogar weniger wert ist.
Klare Meinung zu den Märkten
Optionsschein-Experten raten daher nur dann zum Kauf eines Calls, wenn der Anleger eine kurzfristige, positive Einschätzung zu einem Basiswert, also einer Aktie oder einem Index hat. In derzeitigen Börsensituation kann, wer von weiteren Kursausschlägen nach oben überzeugt ist, mit Kauf-Optionsscheinen schnelles Geld verdienen. Treten diese jedoch nicht wie erwartet ein, sollte der Schein schnell wieder zu Geld gemacht werden, selbst mit Verlust. Der Aufschwung der politisch aufgeheizten Börse Anfang Oktober ist noch sehr labil.
Die Meinung zu den Märkten oder den Einzelwerten auf er setzt, sollte der Anleger gut geprüft haben. So bietet es sich an, Calls auf Werte zu bevorzugen, die man bereits länger beobachtet hat oder die sogar schon im eignen Depot lagern. Ist man angesichts der bevorstehenden Konjunkturschwäche von einer Renaissance defensiver Aktien überzeugt, liegt der Griff zu einem Call auf einen Chemie- oder Pharmatitel nahe. Geht man davon aus, dass die High-Tech-Aktien ihren Boden endlich gefunden haben, und in den kommenden Wochen stark anziehen, dann kann der Einsatz eines Calls auch den Depot-Anteil in Technologie-Aktien schneller aus der Verlustzone befördern. Letztere Strategie ist jedoch durch die schwankungsfreudigen High-Tech-Titel ungleich riskanter.
Angesichts der schwer berechenbaren Märkte in den bevor stehenden Wochen, sollte der Anleger in jedem Fall Scheine mit langer Laufzeit wählen. Sie gewähren eine gewisse Frist ohne großen Zeitwertverfall und stecken kurzfristige Rückschläge mit weniger Wertverlust weg als Scheine deren Verfallsdatum bereits droht. Über den Zeitwertverlust eines Optionsscheins informiert das"Theta" als Kenngröße.
Verführerischer Hebeleffekt
Außerdem sollte der Investor darauf achten, dass sein Schein zumindest"am Geld", besser noch"tief im Geld", notiert. Steht etwa die SAP-Aktie bei 130 Euro, so sollte der Basispreis des Calls zumindest bei 130 Euro liegen. Setzt der Anleger auf einen Dax-Call wäre derzeit eine Basis von mindestens 4500 Punkten sinnvoll. Zwar sind die Optionsscheine, die"aus dem Geld" liegen oft mit einem verführerisch großen Hebeleffekt ausgestattet. Doch in der Praxis nützt das meist wenig. Der Schein rührt sich kaum mehr, liegt sein Basispreis weit über dem Kurs der Aktie.
Bei Calls „im Geld“ geht die Rechnung dagegen auf. Jede Bewegung des Basiswertes wird sofort überproportional nachvollzogen. Ein zwei- bis dreifacher Hebel, auf den Verlass ist, lohnt sich dabei eher als eine hohe, aber nur theoretische Hebelwirkung. Als Kennzahl für den Wertzuwachs eignet sich vor allem das"Delta". Es gibt an, wie stark der Call bei einem Kursanstieg des Basiswertes zulegt. Ein Delta von 0,50 bedeutet, das der Schein um 0,50 Euro steigt, wenn die Aktie einen Euro an Wert gewinnt. Liegt der Wert des Scheins bei fünf Euro, dann wären das bereits zehn Prozent.
Teure Schwankungen
Die Banken als Emittenten der meisten Optionsscheine lassen sich große Gewinnchancen im Preis für einen Call teuer bezahlen. Scheine auf Aktien mit hoher Schwankungsfreudigkeit (Volatilität) sind deshalb grundsätzlich teuerer als solche auf Titel, die sich eher gemächlich entwickeln. Damit ist die Wette etwa auf Technologietitel automatisch riskanter, weil Intel, Yahoo und Co stärker schwanken als Philip Morris oder RWE. Wenn ein Optionsschein durch eine hohe Volatilität"teuer" ist, lohnt sich eine Ausübung des Optionsrechts kaum.
Wer also mit dem Gedanken spielt, sich nach einem ordentlichen Anstieg des Basiswertes, für seine Optionsscheine die Aktie ins Depot zu legen, sollte auf eine niedrige Volatilität achten. Für eine solche Strategie scheiden spekulative High-Tech- oder Biotech-Aktien als Basiswerte damit praktisch aus.
Für Investition eines kleinen Depotanteils in Optionsscheine auf eher konservative Titel spricht gerade in der jetzigen Börsensituation einiges. Konjunkturresistente Titel versprechen durchaus nennenswerte Kurschancen in den kommenden Monaten. Der vergleichsweise günstige Preis bei den Optionsscheinen macht sie interessant für kurzfristige solide Gewinne. Bei ordentlichen Kurszuwächsen des Basiswertes wird der „Break Even“ des Scheins bald erreicht. Damit wird auch die Wahrnehmung des Bezugsrechtes interessant. Wer langfristig an die Aktie glaubt kann seine Optionscheine zum günstigeren Preis in die Aktie umtauschen, statt Kasse zu machen. Angenehmer Nebeneffekt dabei: Spekulationssteuer, wie beim Verkauf der Calls fällt dabei nicht an.
Und wer lieber auf die spekulative Titel in der Technologie- oder Telekombranche setzen will, ist womöglich mit einem direkten Aktieninvestment besser bedient. Der Nervenkitzel wegen des hohen Risikos ist dort bereits enthalten.
Stand:13.10.2001
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