...Es ist höchst zweifelhaft, ob sich ein so klarer Gewinn bei der Aenderung
eines überkommenen Gesetzes finden lässt, sei es, wie es wolle, wie Nachteil aus
seiner Umwälzung entsteht: zumal eine Staatsordnung wie ein Bau aus verschieden
ineinander gefügten Teilen ist, der so zusammenhält, dass es unmöglich ist, an einem zu rütteln, ohne dass das ganze Gebäude erschüttert wird. Ich habe allen Geschmack an Neuerungen verloren, unter welcher Gestalt sie auch auftreten, und habe Grund dazu, denn ich habe höchst verhängnisvolle Folgen davon gesehen...
Jene, die einem Staatswesen den ersten Stoss versetzen, werden meist als erste
in seinen Sturz mitgerissen. Die Frucht der Wirren fällt selten dem zu, der sie
angestiftet hat; er verwirrt und trübt das Wasser, in dem dann andere fischen.
Ist das Gebälk und Gefüge dieses Königreichs und dieser grosse Bau einmal, und
namentlich auf seine alten Tage, durch sie ausgerenkt und zerrüttet, dann sind
solchen Gewalttätigkeiten so viele Breschen und Eingänge geöffnet, wie man will.
Es ist schwieriger, sagt ein Alter, die königliche Würde vom Zenith ihrer Majestät in eine halbe Höhe herabzureissen, als sie dann von der halben Höhe in den Abgrund hinabzuschleudern...
Michel de Montaigne (1533-1592), aus dem Essai: Ueber die Gewohnheit und dass ein in Brauch stehendes Gesetz nicht leichterdings geändert werden sollte.
Von antares, Feierabendrevolutionär und Anarchist (seit den ersten Atemzügen) obendrein,"contre son propre coeur" gesprochen.
<center>
<HR>
</center> |